Es zeichnet sich ab, dass der Welt der Alternativen Investmentfonds (AIF) ein spannendes Regulierungsjahr 2021 bevorsteht. Das gab es zuletzt 2013, als in Deutschland das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in Kraft getreten war, also die nationale Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie (AIFMD), sowie 2018 mit Einführung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Nun haben Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden sowohl auf europäischer wie auf deutscher Seite mehrere Regulierungsvorhaben aufs Gleis gesetzt beziehungsweise bereits in Kraft gesetzt:
- die bereits 2020 angepassten Leitlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) für Liquiditätsstresstests bei AIF,
- das bereits verabschiedete Fondsstandortgesetz und
- das mit Abstand umfangreichste Vorhaben, die geplante Reform der AIFM-Richtlinie, deren nationale Umsetzung aber noch in weiter Ferne liegt.
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Es zeichnet sich ab, dass der Welt der Alternativen Investmentfonds (AIF) ein spannendes Regulierungsjahr 2021 bevorsteht. Das gab es zuletzt 2013, als in Deutschland das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in Kraft getreten war, also die nationale Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie (AIFMD), sowie 2018 mit Einführung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Nun haben Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden sowohl auf europäischer wie auf deutscher Seite mehrere Regulierungsvorhaben aufs Gleis gesetzt beziehungsweise bereits in Kraft gesetzt:
- die bereits 2020 angepassten Leitlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) für Liquiditätsstresstests bei AIF,
- das bereits verabschiedete Fondsstandortgesetz und
- das mit Abstand umfangreichste Vorhaben, die geplante Reform der AIFM-Richtlinie, deren nationale Umsetzung aber noch in weiter Ferne liegt.
Die ESMA-Leitlinien für Liquiditätsstresstests wurden bereits Mitte des vergangenen Jahres konkretisiert und europaweit systematisiert. Im Kern wurden die Risikotreiber näher spezifiziert sowie multivariable Stressszenarien und Modelle ergänzt. Jeder AIF muss nun eine Liquiditätsstress-Strategie aufweisen und diese auch schriftlich hinterlegen. Im Einzelnen wird bei den Anforderungen stark zwischen den einzelnen Fondsvehikeln unterschieden.
Die eher zufällige zeitliche Überschneidung mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie könnte jetzt dafür sorgen, dass Liquiditätsstress für einige Fonds wider Erwarten tatsächlich zu einem aktuellen Thema wird. Anteilsrückgaben sind zwar bei geschlossenen Fonds praktisch ausgeschlossen und bei offenen Fonds mit längeren Fristen verbunden, weshalb eine Situation wie 2008 und 2009, als massenhaft Kapital aus offenen Immobilienfonds abgezogen wurde, deutlich unwahrscheinlicher geworden ist. Mietausfälle bei besonders von der Pandemie betroffenen Immobiliennutzungsarten könnten allerdings vereinzelt den Schuldendienst gefährden, zudem könnten es einige Banken ablehnen, Darlehen zu verlängern. Der Faktor Liquiditätsausstattung rückt damit weiter in den Mittelpunkt.
Fondsstandortgesetz ermöglicht breitere Fondspalette
Das Fondsstandortgesetz (FoStoG) wurde im Januar vom Bundeskabinett verabschiedet, wird derzeit im Bundestag diskutiert und soll bereits im Sommer in Kraft treten. Neben einigen administrativen Erleichterungen und steuerlichen Anpassungen für Privatanleger enthält der Gesetzentwurf wesentliche Neuerungen bei der Strukturierung von Fondsvehikeln. Bislang unterscheiden sich die AIF in Deutschland fundamental in ihrer Rechtsform: Offene Fonds sind Sondervermögen, während geschlossene Fonds gesellschaftsrechtlich Kommanditgesellschaften (KGen) darstellen.
Nunmehr soll es auch geschlossene Sondervermögen sowie offene Kommanditgesellschaften geben – beides allerdings ausschließlich für institutionelle Investoren. Damit öffnet sich professionellen Investoren ein breiteres Angebotsspektrum unterschiedlicher Fondsvehikel mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen. Zudem sieht der Gesetzentwurf noch weitere Produktneuerungen vor wie geschlossene Immobilien-Spezialfonds nach dem Master-Feeder-Ansatz, die für Family-Offices interessant sein könnten, sowie offene Infrastrukturfonds, die auch Privatanlegern offen stünden.
Ein kleines, aber wichtiges Detail im FoStoG-Entwurf ist die geplante neue Regelung zum Pre-Marketing-Vertrieb – also der vorzeitigen Abfrage des Interesses am Markt – von Immobilienfonds. Künftig soll es demnach eine eigene Pre-Marketing-Anzeige geben, zusätzlich zur offiziellen Vertriebsanzeige. Dadurch würde die gängige Praxis im (institutionellen) Fondsvertrieb grundlegend verändert, für einen Objektankauf würde viel Zeit verloren gehen. Zwar ist das Gesetz noch nicht final beschlossen. Die Pre-Marketing-Regel dürfte es aber in dieser Form ins Gesetz schaffen, denn hiermit wird in erster Linie eine weitere EU-Richtlinie umgesetzt.
AIFMD II soll grenzüberschreitenden Fondsvertrieb stärken
Das zweifellos umfangreichste Regelwerk, das derzeit überarbeitet wird, ist die AIFM-Richtlinie. Zehn Jahre nach ihrer Einführung wird sie einer umfassenden Revision unterzogen, manche Marktteilnehmer sprechen bereits von der AIFMD II. Die damals angestrebte Harmonisierung des europäischen Marktes für Alternative Investmentfonds ist vor allem vertriebsseitig nicht wie erhofft eingetreten. Deshalb steht beispielsweise auch ein verbesserter EU-weiter Vertriebspass auf der Agenda, der auf größere Akzeptanz stoßen sollte. Die ESMA hatte im Sommer vergangenen Jahres einen Katalog mit Empfehlungen für Veränderungen an insgesamt 19 Teilbereichen der Richtlinie veröffentlicht, der auch in den Konsultationsprozess eingeflossen ist.
Auch deutsche Besonderheiten stehen im Visier der Reformbestrebungen. Beispielsweise ist das Konzept des semi-professionellen Anlegers in Deutschland klar definiert, in vielen anderen Ländern aber unbekannt. Hier wäre nicht die Abschaffung, wohl aber eine Vereinheitlichung verbindlicher Definitionen denkbar. So wird auch grundsätzliche eine stärkere Harmonisierung der Vertriebsvorschriften angestrebt, gerät aber natürlich immer wieder an die Grenzen nationaler Gesetzgebung, sowohl bei der Steuergestaltung als auch im Zivilrecht, wie etwa in Haftungsfragen – beispielsweise existiert nicht überall eine Unterscheidung von einfacher und grober Fahrlässigkeit.
Mehr Harmonisierung – auch mit bestehenden Richtlinien
Wo neues EU-Recht auf tradiertes nationales Recht stößt, geraten europaweite Vorstöße vor allem bei komplexen Themen naturgemäß an schwer überwindbare Grenzen. Gleichzeitig sind aber auch eine stärkere Harmonisierung und engere Verzahnung der AIFM-Richtlinie mit anderen europäischen Regelwerken Teil der Reformen, vor allem mit der OGAW-Richtlinie (Ucits Directive), das Gegenstück der AIFMD für liquide Assetklassen wie Aktien und Anleihen, sowie mit der wesentlich jüngeren Finanzmarktrichtlinie Mifid II (Markets in Financial Instruments Directive). Einzelne Widersprüche zwischen diesen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstandenen, Richtlinien und ihren nationalen Umsetzungen sind noch aufzulösen.
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hat die EU-Kommission die AIFMD-Reform etwas zurückgestellt. Gleichwohl darf noch in diesem Jahr mit einem Richtlinienentwurf gerechnet werden. In Kombination mit dem deutschen Fondsstandortgesetz werden jetzt die Weichen gestellt für eine womöglich stark veränderte zukünftige Fondslandschaft. Es wäre wünschenswert, wenn Berlin und Brüssel die damit verbundenen Chancen für den deutschen und europäischen Fondsstandort konsequent nutzen.
Über die Autoren:
Bernd Lönner ist seit 2017 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Real I.S.-Gruppe. Bis 2016 arbeitete er als Direktor bei der BayernLB.
Bernhard Martin ist Leiter Risikomanagement, Compliance und IT bei der Real I.S.-Gruppe. Bis April 2012 war er in leitender Funktion im Risikomanagement der Bank von Mercedes-Benz tätig.