Wertpapierinstitutsgesetz Das neue Regelwerk für Vermögensverwalter

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Für die Wertpapierinstitute der Klasse 2 führt das WpIG ein neues System von Kapitalanforderungen ein: Hierbei ist die Systematik für diese Kapitalanforderungen eine grundsätzlich andere als diejenige, die für Wertpapierinstitute zur Anwendung kommt, die dem Anwendungsbereich der CRR unterliegen. Im Kern wird stärker auf die Aktivitäten der Wertpapierinstitute abgestellt, und gerade nicht auf Bilanzwerte.

Konsequenterweise knüpft die neue Systematik an andere Messgrößen der Bankenaufsicht an. Für die Bestimmung der Kapitalanforderungen kommen daher (anders als bei Adressenausfall-Risiken im Bankenbereich) keine Risikogewichtungen zur Anwendung. Es geht dabei also um Risiken für das Wertpapierinstitut selbst, für ihre Kunden und für den Markt. Die Kalibrierung der neuen Kapitalanforderungen für Wertpapierinstitute der Klasse 2 wurden daher so vorgenommen, dass die Gesamt-Kapitalanforderungen die Wertpapierinstitute der Klasse 2 entlasten.

Neben der Umsetzung dieser Grundsätze in Bezug auf die Kapitalanforderungen enthält das WpIG – jeweils unter Berücksichtigung des Proportionalitätsgrundsatzes – im Wesentlichen noch

  • Anforderungen an das Anfangskapital,
  • Anforderungen an die Geschäftsorganisation und bestimmte Anzeigepflichten,
  • Aufsichtsbefugnisse der zuständigen Aufsichtsbehörden (vor allem im Hinblick auf die Solvenz der Wertpapierinstitute sowie die Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen),
  • Maßstäbe zur Beurteilung der Angemessenheit der internen Kapitalanforderungen,
  • Anforderung an den Vorstand und die Aufsichtsgremien der Wertpapierinstitute im Hinblick auf die interne Unternehmensführung und
  • Regelungen zur Vergütungspolitik gegenüber bestimmten Kategorien von Mitarbeitern der Wertpapierinstitute.

Künftiges Erlaubnisverfahren

Das aufsichtsrechtliche Zulassungs- und Erlaubnisverfahren war bisher einheitlich in Paragraf 32 KWG geregelt, auch für Wertpapierfirmen. Nach der zentralen Vorschrift des Paragrafen 15 WpIG bedarf einer Erlaubnis nach dem WpIG insbesondere, wer im Inland Wertpapierdienstleistungen im Sinne des Paragrafen 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1-10 WpIG oder die Wertpapiernebendienstleistungen des Paragrafen 2 Absatz 3 Nummer 1, 2 und 4 WpIG erbringt, ohne die oben genannten Schwellen zu überschreiten.

Wertpapierdienstleistungen sind hier etwa das Finanzkommissionsgeschäft, das Emissionsgeschäft, die Anlagevermittlung, Anlageberatung, die Abschlussvermittlung, der Betrieb eines multilateralen Handelssystems, die Finanzportfolioverwaltung, der Eigenhandel oder das Platzierungsgeschäft. Zu den relevanten Nebendienstleistungen zählen die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten (ohne Rechnungseinheiten und Kryptowerte) für andere (einschließlich Depotverwahrung), die Gewährung von Darlehen für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen und Devisengeschäfte.  

Zu beachten sind aber die in Paragraf 32 Absatz 1 KWG vorgesehenen Schwellen. Ein Wertpapierinstitut kann danach im Laufe der Zeit die Schwelle zu einem KWG-Institut überschreiten und muss dann einen Erlaubnisantrag nach Paragraf 32 KWG stellen. Die Schwelle ist gemäß Paragraf 32 Absatz 1 Nr. 1 KWG dann überschritten, wenn der über einen Zeitraum von zwölf Monaten berechnete Monatsdurchschnitt der gesamten Vermögenswerte des Unternehmens 30 Milliarden Euro überschreitet und das Unternehmen das Emissionsgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreibt.

Übergangsvorschriften und Ausblick

Der aktuelle Entwurf der Übergangsvorschrift des WpIG enthält auch Übergangsvorschriften für bestehende Wertpapierinstitute. Diesen wurde bisher die Erlaubnis nach Paragraf 32 KWG erteilt. Damit diese Unternehmen nicht erneut eine Erlaubnis nach Paragraf 15 WpIG beantragen müssen, gilt für diese die Erlaubnis nach WpIG als erteilt.

Hinter der Erlaubnis nach WpIG soll der Erlaubnisvorbehalt nach Paragraf 32 KWG zurücktreten. Wachsen jedoch kleine und mittleren Wertpapierinstitute später im Laufe ihrer geschäftlichen Entwicklung über die gesetzlich bestimmten Schwellenwerte und werden damit tendenziell systemisch relevant, sollen sie im Einklang mit den Bestimmungen wieder der Aufsicht nach dem KWG unterworfen werden.

Den Kreditinstituten wird die Erbringung des Wertpapiergeschäfts unbenommen bleiben. Für sie wird sich gegenüber dem bestehenden Rechtszustand nichts ändern. Auf sie ist das WpIG nicht anzuwenden. Das gleiche gilt für die Institute, die sich auf Finanzdienstleistungen spezialisieren, die das WpIG nicht als Wertpapierdienstleistungen erfasst, zum Beispiel Finanzierungsleasing, Factoring, Krypto-Verwahrgeschäft und Anlageverwaltung.

Das WpIG wird es schließlich auch erforderlich machen, dass geltende Rundschreiben wie etwa die „Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk“ der Bafin anzupassen. Oder diese muss man durch entsprechende neue Rundschreiben ersetzen.

 


Über die Autoren:

Anna Izzo-Wagner ist Gründungspartnerin der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft in Frankfurt. Die promovierte Expertin für Bankaufsichts- und Investmentrecht und Compliance berät Bank- und Finanzdienstleistungsinstituten und Fintech-Unternehmen im deutschen Rechtsumfeld und begleitet umfassende Digitalisierungsprojekte von Instituten.

Peter Frey ist Gründungspartner der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft in München. Er berät nationale und internationale Unternehmen vornehmlich in Bank- und Bankaufsichtsrecht, Finanzdienstleistungsrecht, Geldwäscherecht und Outsourcing.

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