Wertpapierinstitutsgesetz Das neue Regelwerk für Vermögensverwalter

Anna Izzo-Wagner und Peter Frey von der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft

Anna Izzo-Wagner und Peter Frey von der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft: Die beiden Experten skizzieren die wichtigsten Eckpunkte des neuen Gesetzes, das demnächst für einen Teil der Wertpapierinstitute in Kraft tritt.

Es geht munter weiter mit den Regulierungsaktivitäten des Gesetzgebers: Ab 26. Juni 2021 unterliegen Wertpapierfirmen einem vollständig neuen Regulierungsrahmen: dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG). Darunter fallen künftig etwa Finanzportfolioverwalter, Anlageberater, Anlage- und Abschlussvermittler und weitere.

Das Aufsichtsregime für Kreditinstitute findet damit keine Anwendung mehr auf Wertpapierfirmen, mit Ausnahme der bankähnlichen großen Wertpapierfirme. Für diese gelten weiterhin die Regeln für Kreditinstitute (Kreditwesengesetz, CRR).

Hintergrund des WpIG

Mit dem aktuellen Regierungsentwurf des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) werden europäische Vorgaben für Wertpapierfirmen, darunter Finanzportfolioverwalter, Anlageberater, Anlage- und Abschlussvermittler, in nationales Recht umgesetzt. Bei dem Gesetzesentwurf steht das Proportionalitätsprinzip im Vordergrund: Proportional zur Größe der Wertpapierfirmen und der Risikoanfälligkeit von bestimmten Geschäftsmodellen soll es zu einer intensiveren Beaufsichtigung durch die BaFin kommen.

Das WpIG enthält im Wesentlichen Anforderungen in Bezug auf das Anfangskapital und weitere Kapitalanforderungen, die Geschäftsorganisation und den Vorstand und die Vergütungspolitik. Bislang sind die Aufsichtsanforderungen für Wertpapierfirmen bereits Bestandteil europäischer Regulierungen und deren nationaler Umsetzung. In Deutschland finden sich die Regelungen vor allem im Kreditwesengesetz (KWG).

Im Gegensatz zu Kreditinstituten haben Wertpapierfirmen aber ein Geschäftsmodell mit einem anderen Risikoprofil. Denn sie sind Finanzunternehmen, die eine auf Wertpapiere bezogene Finanzdienstleistung anbieten und – anders als ein Kreditinstitut – keine Einlagen annehmen.

Klassifizierung der Wertpapierfirmen nach Größe

Das WpIG sieht – dem Proportionalitätsprinzip folgend – unterschiedliche Anforderungen für unterschiedlich große Wertpapierfirmen vor. Im Ergebnis werden drei Größenklassen (große, mittlere und kleine Wertpapierfirmen) für Wertpapierfirmen gebildet:

Klasse 1: Große Wertpapierfirma (Bilanzsumme 15 Milliarden Euro oder mehr oder Bilanzsumme liegt unter dieser Schwelle, die Wertpapierfirma gehört aber zu einer Gruppe und die Bilanzsumme aller gruppenangehörigen Unternehmen beträgt zusammen 15 Milliarden Euro oder mehr).

Klasse 2: Mittlere Wertpapierfirmen

Klasse 3: Kleine Wertpapierfirmen, die nur Aktivitäten betreiben, die keine Verflechtung begründen.

Zur Abgrenzung der Klassen 2 und 3 dienen insbesondere die folgenden Kriterien. Ist eines der Kriterien nicht erfüllt, fällt ein Wertpapierinstitut in Klasse 2:

  1. Die Bilanzsumme des Wertpapierinstituts beträgt weniger als 100 Millionen Euro.
  2. Die jährlichen Bruttogesamteinkünfte aus Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten der Wertpapierinstitute betragen weniger als 30 Millionen Euro.
  3. Der Betrag der verwalteten Vermögenswerte liegt unter 1,2 Milliarden Euro.
  4. Der Betrag der bearbeiteten Kundenaufträge liegt unter
  5. a) 100 Millionen Euro pro Tag für Kassageschäfte oder
  6. b) 1 Milliarde Euro pro Tag für Derivate.
  7. Der Betrag der verwahrten und verwalteten Vermögenswerte ist gleich Null.
  8. Der Betrag der gehaltenen Kundengelder ist gleich Null.
  9. Der Betrag des täglichen Transaktionswerts aus dem Handelsgeschäft ist gleich Null.

Auf Wertpapierfirmen der Klasse 1 werden im Wesentlichen bankaufsichtsrechtliche Anforderungen angewendet, da ihre Geschäftsmodelle und Risikoprofile mit denen bedeutender Kreditinstitute vergleichbar sind. Diese können eine Gefahr für das stabile und ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte darstellen.

Auf die Wertpapierfirmen der Klassen 2 und 3 kommt das WpIG zur Anwendung. Hierdurch soll insbesondere für rund 750 kleine und mittlere Wertpapierinstitute, die geringere Anforderungen als Kreditinstitute oder große Wertpapierinstitute einhalten müssen, eine einfache, verständliche und übersichtliche Gesetzessystematik geschaffen werden, die vollständig aus dem KWG herausgelöst ist.

Wertpapierinstitute der Klasse 1 gibt es derzeit nicht, sondern nur zugelassene Wertpapierinstitute der Klassen 2 und 3. Im Ergebnis fallen maximal 70 Wertpapierinstitute und damit höchstens 10 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Wertpapierinstitute in Klasse 2, die Übrigen fallen in Klasse 3.

Wesentliche Regelungen des WpIG

Die Einteilung in verschiedene Klassen hat in erster Linie Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen: Wertpapierinstitute der Klasse 1 unterliegen den geltenden Kapitalanforderungen der CRR. Eine weitere Besonderheit stellt eine Anzeigepflicht der großen Wertpapierfirmen für sogenannte Schlüsselfunktionen dar: Inhaber von Schlüsselfunktionen sind Personen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Leitung einer großen Wertpapierfirma haben, die jedoch nicht Geschäftsleiter sind. Zu ihnen zählen insbesondere die Leiter von internen Kontrollfunktionen, aber unter Umständen auch Leiter von wichtigen Geschäftszweigen, Zweigniederlassungen im Europäischen Wirtschaftsraum und von Tochtergesellschaften in Drittstaaten und sonstigen internen Funktionen.