Eine Reform des Namensrechts wurde lange herbeigesehnt. Denn das geltende Namensrecht ist – gerade im internationalen Vergleich – sehr restriktiv, kompliziert und gleichzeitig zu wenig auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt. Das vom Bundestag im April 2024 beschlossene neue Namensrecht verspricht mehr Vielfalt und damit einen stärkeren Schutz des Persönlichkeitsrechts.
Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in die wichtigsten Änderungen und erläutert mögliche künftige Gestaltungen des Nachnamens.
1. Bisherige Möglichkeiten der Namensführung für Familien:
Nach dem bisher geltenden Namensrecht haben Ehegatten die Möglichkeit, einen gemeinsamen Ehe- beziehungsweise Familiennamen zu wählen oder aber weiter ihren jeweiligen Geburtsnamen (oder den im Zeitpunkt der Eheschließung geltenden Namen) zu führen. Für den Fall, dass der Nachname eines Ehegatten – etwa „Müller“ – als Ehename gewählt wird, tragen sowohl die Ehegatten selbst als auch die in die Ehe geborenen Kinder diesen Namen. Der Ehepartner, der den Namen des anderen annimmt, muss jedoch nicht vollständig auf die Führung seines eigenen (Geburts-)Namens verzichten. Er kann diesen, beispielsweise „Meyer“, mit einem Bindestrich dem Familiennamen voranstellen oder anhängen, sodass die Namensform „Müller-Meyer“ oder „Meyer-Müller“ entsteht.
Wird kein gemeinsamer Familienname gewählt, müssen die Eltern bei der Geburt ihres Kindes entscheiden, welchen ihrer beiden Nachnamen das Kind tragen soll – ein Doppelname ist in diesem Fall nicht zulässig.
2. Erweiterte Befugnisse zur Namensführung nach neuem Recht:
a) In Zukunft wird das Namensrecht flexibler und die Möglichkeiten für Ehegatten bei der Namenswahl erweitern sich. Der Ehe- beziehungsweise Familienname ist nicht länger auf den Geburtsnamen eines Ehegatten beschränkt. Denn neu etabliert wird der sogenannte „echte Doppelname“: so können die Ehegatten zukünftig einen aus ihren beiden Geburtsnamen (beziehungsweise den zur Zeit der Namenswahl geführten Nachnamen) gebildeten Doppelnamen als Ehenamen wählen.
Die Reihenfolge der Namen und ob sie mit einem Bindestrich verbunden werden oder nicht, obliegt der freien Entscheidung des Ehepaares. Es muss jedoch ein Leerzeichen eingefügt werden – Konstruktionen wie „Müllermeyer“ sind nicht zulässig. Eine spätere Änderung des einmal gewählten gemeinsamen Nachnamens soll im Übrigen nur in Ausnahmefällen möglich sein.
Beispiel:
Frau Meyer heiratet Herrn Müller. Es können nun beide ihren jeweiligen Namen behalten, beide „Meyer“ oder „Müller“ oder beide „Meyer-Müller“, „Meyer Müller“, „Müller-Meyer“ oder „Müller Meyer“ heißen. Wird nur „Meyer“ oder „Müller“ zum Ehenamen gewählt, darf der Ehegatte, dessen Name nicht Ehename beziehungsweise Teil des Ehenamens wird, weiterhin seinen Geburtsnamen dem Ehenamen – mit oder ohne Bindestrich – voranstellen oder anfügen.
Den wie vorstehend optierten Familiennamen der Eltern erhalten auch die in die Ehe geborenen Kinder. Wenn die Eltern des Kindes nicht verheiratet sind oder keinen Familiennamen gewählt haben, kann das Kind entweder wie bisher einen der Nachnamen seiner Eltern als Geburtsnamen erhalten oder einen Doppelnamen bestehend aus den Nachnamen beider Elternteile führen. Hierüber haben bei bestehender gemeinsamer Sorge beide Eltern zu entscheiden. Der Doppelname soll auch nach außen die Zugehörigkeit des Kindes zu beiden Elternteilen dokumentieren. Können sich die Eltern nicht über den Nachnamen des Kindes einigen, erhält das Kind einen Doppelnamen gebildet aus den Nachnamen der Eltern in alphabetischer Reihenfolge.
b) Wenn ein Ehegatte bei Eheschließung bereits einen Doppelnamen führt, zum Beispiel „Meyer-Heiter“, dürfen die Ehegatten als Familiennamen sowohl diesen Doppelnamen als auch Teile dessen wählen oder Teile des Doppelnamens mit dem Geburtsnamen des anderen Ehegatten zu einem neuen echten Doppelnamen zusammenführen. Die Kombination der Namen darf allerdings nicht zu einem Kettennamen mit mehr als zwei Bestandteilen führen.
Beispiel
Frau Meyer-Heiter heiratet Herrn Müller. Bei der Namensführung bestünde die Auswahl mithin zwischen „Meyer-Müller“, „Müller-Meyer“, „Heiter-Müller“, „Müller-Heiter“ (jeweils auch ohne Bindestrich), „Meyer-Heiter“ und „Meyer“, „Müller“ sowie „Heiter“. Nicht zulässig als Familienname wäre hingegen Müller-Meyer-Heiter.
c) Im Fall der Ehescheidung entsteht auch heute schon nicht selten die Situation, dass einer der Ehegatten wieder seinen Geburtsnamen annimmt und den zum Familiennamen gewählten Nachnamen des anderen ablegt. Nach dem neuen Namensrecht besteht konsequenterweise die Möglichkeit, dass beide Ehegatten ihren bei Heirat gewählten echten Doppelnamen ablegen und zu ihren jeweiligen Geburtsnamen beziehungsweise den bei Wahl des Ehenamens geführten Namen zurückkehren.
Anders als nach bisherigem Recht sollen sich künftig auch die gemeinsamen Kinder einer solchen Namensänderung anschließen können, sofern sie im Haushalt des den bisherigen Familiennamen ablegenden Elternteils leben und alle Sorgeberechtigten der Namensänderung zustimmen. Dabei soll es für das Kind auch möglich sein, aus dem wieder angenommenen (Geburts-)Namen des betreuenden Elternteils und dem bis dato geführten Familiennamen einen neuen Doppelnamen zu bilden.
Auch die Namensführung eines Stiefkinds wird flexibler gestaltet, wenn dieses zum Beispiel nach Ehescheidung des leiblichen Elternteils vom Stiefelternteil die durch die Heirat vollzogene Namensänderung (sogenannte Einbenennung) wieder rückgängig machen möchte.
d) Weitere Änderungen betreffen die geschlechterspezifische Namensgebung sowie nationale Minderheiten und ausländische Namenstraditionen. Für die Praxis durchaus relevant wurde schließlich der Zwang zur Namensänderung im Zuge einer Erwachsenenadoption aufgegeben. Damit dürfte ein häufig zu beobachtendes emotionales Hindernis für die Vornahme einer solchen Adoption überwunden sein.
3. Neuerungen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug:
Bislang wurde auf die Namensfrage das jeweilige Heimatrecht einer Person angewendet, also das Recht ihrer Staatsangehörigkeit. Zukünftig wird der Name einer Person nach den Sachvorschriften desjenigen Staates bestimmt, in dem die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Daneben eröffnet das Gesetz (neben den weiter fortbestehenden Möglichkeiten einer beschränkten Rechtswahl für den Ehenamen) aber weiterhin die Möglichkeit einer Rechtswahl zu Gunsten des Heimatrechts.
Bei Anwendung/Wahl des deutschen Namensrechts muss allerdings auch zukünftig die mögliche Kollision mit ausländischem Namensrecht beachtet werden (sogenannte hinkende Namensführung). So sieht etwa das spanische Recht einen Wechsel des Nachnamens durch Eheschließung nicht vor.
Wenn also beispielsweise Herr Díaz Cuesta, Spanier mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, heiratet und der Nachname seiner Ehefrau zum Ehenamen bestimmt wird, wird in den spanischen Ausweisdokumenten trotzdem weiterhin der Name „Díaz Cuesta“ stehen. Das kann zu erheblichen praktischen Problemen führen. Den Ehegatten wäre deshalb in einem solchen Fall zu empfehlen, durch entsprechende Rechtswahl das spanische Recht als das auf ihren Namen anzuwendende Recht zu wählen oder schlichtweg ihren jeweiligen Geburtsnamen nach der Eheschließung beizubehalten.
4. Fazit:
Die Reform des Namensrechts bietet eine Vielfalt an neuen Optionen bei der Namensführung für Familien. Dies wird der vielseitigen Lebenswirklichkeit der Gegenwart sicherlich besser gerecht als das restriktive und teils antiquiert wirkende geltende Recht. Bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes sollen sogar bereits verheiratete Personen, die sich seinerzeit für einen gemeinsamen Ehenamen entschieden haben, im Rahmen einer Übergangsregelung einen neuen Doppelnamen aus ihren beiden Geburtsnamen bilden dürfen.
Und doch: Eine umfassende „Reform“ des Namensrechts ist es nicht. Zu bemängeln ist insbesondere die zunehmende Unübersichtlichkeit und Komplexität der neuen Regelungen. Schon im Jahr 2020 empfahl eine Expertengruppe, die für die Bundesregierung ein Eckpunktepapier zur Reformierung des Namensrechts ausgearbeitet hatte, sämtliche im BGB verstreuten Vorschriften zum Namensrecht zu bereinigen, zusammenzufassen und systematisiert im BGB zu verorten.
Das neue Namensrecht hingegen ändert die bestehenden Regelungen nur punktuell ab und belässt sie verstreut im Gesetz (z.B. § 1355 a BGB-E oder § 1617 f BGB-E). Das deutsche Namensrecht bleibt mithin auch nach der Reform ein unübersichtliches Konstrukt von Regeln und Ausnahmen.
Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob es mit dem Inkrafttreten des neuen Namensrechts zu dem teilweise befürchteten Ansturm auf die für die Namensführung zuständigen Standesämter kommen wird, der die praktische Umsetzung der neuen Regelungen gegebenenfalls erheblich verzögern und erschweren könnte.
Über die Autoren:
Dr. Cornelia Maetschke-Biersack ist Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei Taylor Wessing in Düsseldorf. Als Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin gestaltet sie vorrangig einvernehmliche und außergerichtliche Lösungen. Das gilt für die Verhandlung und Konzeption von Eheverträgen mit einem besonderen Fokus auf solchen mit internationalem Bezug sowie für Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen. Zu ihren Mandanten zählen vermögende Privatpersonen, Unternehmerfamilien und deren Family Offices, die sie auch bei allen Fragen rund um die Vermögens- und Unternehmensnachfolge sowie sonstigen familienrechtlichen Fragstellungen wie etwa zu Namensrecht und Adoption begleitet.
Johanna Beermann ist ebenfalls Rechtsanwältin der Kanzlei Taylor Wessing und als Senior Associate Mitglied der Praxisgruppe Private Client. Ihr Tätigkeitsbereich deckt sich mit dem von Cornelia Maetschke-Biersack. Ihr Schwerpunkt liegt dabei auf der vorsorgenden Beratung junger Gründer wie der ehevertraglichen Sicherung wachsender Vermögenswerte.