Schon vor 30 bis 40 Jahren waren Banken – ohne Ironie – furchtbar mit technischer Innovation beschäftigt: Geldautomaten waren im Einsatz, und mit der Einführung der Kontoauszugsdrucker hatten viele Private-Banking-Kunden anfänglich Probleme. Die Institute schufen erste PC-Vorläufer, die nach und nach das Schreibbüro ablösten. Belegleser kamen und machten Belegbearbeitungsteams in größeren Teilen überflüssig. Die Kunden kauften Terminkontrakte per Fax, was damals de facto Real-Time bedeutete. Banken inklusive des Private Bankings konnten technische Innovation – gar keine Frage.
Irgendwann...
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Schon vor 30 bis 40 Jahren waren Banken – ohne Ironie – furchtbar mit technischer Innovation beschäftigt: Geldautomaten waren im Einsatz, und mit der Einführung der Kontoauszugsdrucker hatten viele Private-Banking-Kunden anfänglich Probleme. Die Institute schufen erste PC-Vorläufer, die nach und nach das Schreibbüro ablösten. Belegleser kamen und machten Belegbearbeitungsteams in größeren Teilen überflüssig. Die Kunden kauften Terminkontrakte per Fax, was damals de facto Real-Time bedeutete. Banken inklusive des Private Bankings konnten technische Innovation – gar keine Frage.
Irgendwann kam aber ein Bruch. War es das leichte Lebensgefühl der 90er Jahre? Innovationen wurden – warum auch immer – im Privatkundengeschäft in separate (Direkt-)Banken abgeschoben oder ansonsten geflissentlich ignoriert. Vor allem im Private Banking hatte wieder und wieder ein altbekanntes Mantra gegriffen: „Unsere Kunden wollen so was nicht.“
Wenn man sich eine fast 20-jährige Innovationspause gönnt, erscheint trivialer Kram wie eine Depotstands-App wie disruptives Zauberwerk. Als etwa ab 2013 immer erkennbarer wurde, dass auch im Private Banking das Digitale wichtig ist, war die Branche anderweitig beschäftigt und schaute wenig hin. Schließlich musste man den neuen regulatorischen Anforderungen als Folge der Finanzkrise Herr werden. Interessanterweise wäre dies etwa im Kunden-Onboarding digital viel besser gegangen – und von Mifid II wollen wir gar nicht reden. Es kam aber anders.
Mittlerweile beginnen Anbieter in Digitalisierungsinitiativen zu investieren, um den Rückstand irgendwie aufzuholen. Der Berg von Altlasten ist nur leider so groß, dass der Eindruck entsteht, die ja durchaus richtigen und wichtigen Initiativen und Anwendungsfälle kommen latent fünf oder mehr Jahre zu spät und sind nicht wettbewerbsdifferenzierend.
In der Folge hat man viel Aktionismus gesehen. Was man macht, ist (fast) egal, da alles so disruptiv ist. Hauptsache, irgendwie dabei sein. Da kauft man auch gern mal schnell ein Fintech, von dem hinterher niemand weiß, was man damit eigentlich vorhat. Dabei gäbe es Möglichkeiten für digitale Projekte, mit denen sich Banken vom Wettbewerb absetzen können. Sind Private-Banking-Anbieter dieses Mal besser gewappnet?
Wir nennen es Contextual Banking, andere sprechen von Plattformökonomie. Die vereinfachte Definition lautet: Wir erledigen unsere Finanzdienstleistungsanliegen dort, wo wir uns gerade digital tummeln. Ein sehr simples Beispiel wäre es, Girokonten bei Amazon zu kaufen – einer Plattform, auf der wir ohnehin unterwegs sind und vieles kaufen. Was spricht gegen ein Girokonto? Eben.
Natürlich lässt sich das Plattformangebot aus dem (Retail-)Massengeschäft nicht 1:1 auf das Premium-Geschäft im Private Banking übertragen. Dass aber grundsätzliche Offenheit dieser Kunden gegenüber dem Premium-Plattformgeschäft besteht, zeigt Tesla. Der Autohersteller hat mit seinem Geschäft in den vergangenen Jahren bereits bewiesen, dass selbst Luxusautos als exklusive Erlebnisplattform dienen können und damit das Geschäft der Zukunft sind. Denn wer kauft ein Auto nur zum Autofahren? Genauso wichtig sind Features und Entertainment-Angebote.
Wir meinen, dass es im klassischen Privatkundengeschäft schwierig wird, der Macht der großen Plattformen etwas entgegenzusetzen. Im Private Banking sieht dies anders aus, da die Kunden Vertraulichkeit sehr schätzen. Dies gibt den Anbietern die Chance, eine eigene Plattform aufzubauen, die Vertrauen sicherstellt und inhaltlich zur Zielgruppe passt.