Blue Orchard über Mikrofinanz „Das ist es, was mich antreibt“

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Aber was haben die Menschen hierzulande davon?

Zunächst mal eine marktgängige Rendite. Denn Impact Investing ist eben keine Philanthropie oder Spende, sondern eine gute und stabile Geldanlage. Das macht es zu einer Win-win-Situation für unsere Anleger und die lokalen Kreditnehmer.

Wie messen Sie denn, was Sie bewirken?

Das ist ziemlich umfangreich, wir haben dafür im Laufe unserer 20-jährigen Unternehmensgeschichte ein eigenes Management und Regelwerk entwickelt. Wie das im Konkreten funktioniert, zeige ich am besten an einem Beispiel.

Bitte, gern.

Einer der von uns gemanagten Fonds hat das Ziel, Menschen in den ärmsten Ländern mit Klimaversicherungen zu versorgen und sie damit vor den Folgen des Klimawandels schützen. In solchen Fällen ist der Effekt recht klar zu messen, wir brauchen nur die Zahl der Klimaversicherungsnehmer zu zählen.

Und wenn das nicht so einfach geht?

Grundsätzlich gilt, für jedes Investment bedarf es genauer Parameter und eines Zeitraums, an dessen Ende gemessen und geprüft wird, was erreicht wurde. Es gibt sehr klare Prinzipien, anhand derer man Ergebnisse tatsächlich recht gut messen kann. Zum Beispiel die Operating Principles for Impact Management von der IFC oder das Impact Management Project. In den Naturwissenschaften würde man eine Doppelblindstudie durchführen. Nach dem Motto: Villarriba bekommt Mikrofinanz und Villabajo nicht. Das können wir leider nicht.

Aber wie misst man, wie viel Kohlendioxid ein Land ausstößt?

In solchen Fällen schauen sich Experten die Umstände an. Es gibt Erfahrungswerte, beispielsweise wie viel CO2 ein Kohlekraftwerk ausstößt und wie ein Solarkraftwerk dagegen abschneidet. Das kann man ausrechnen.

Es gibt viele arme Menschen in armen Ländern. Wer entscheidet eigentlich, wer was bekommt?

Als professioneller Asset Manager haben wir Teams für die Portfolios und die Risiken sowie unsere lokalen Teams. Einige pflegen den Kontakt zu Finanzinstituten und ermitteln mögliche Investments. Andere Teams analysieren die Finanzunternehmen und benoten sie mit Ratings. Das Risikoteam ermittelt das lokale Länderrisiko, dabei geht es unter anderen um politische und regulatorische Risiken oder um Reputationsrisiken. Das Impact-Team lotet über einen Impact-Wert aus, was wir in den Ländern erreichen können. Und das Portfoliomanagementteam kümmert sich darum, dass es für die Anleger eine Rendite erwirtschaftet und die Anlagen breit über Länder und Anlagen streut. Es gibt durchaus Länder, die nicht investierbar sind, und welche, die gerade wieder investierbar werden.

Wenn in einem Land plötzlich geputscht wird, kommen Sie doch mit dem Geld gar nicht so schnell wieder raus.

Als sehr langfristige Investoren ziehen wir nicht gleich wieder ab, wenn es schwierig wird. Wir haben lokale Teams vor Ort, die die Situation genau analysieren. Auf Basis ihrer Einschätzungen überlegen wir, was zu tun ist. Zwar haben wir vertragliche Möglichkeiten, es ist aber unser Anspruch, schon im Vorfeld über lokale Analysen herauszufinden, wie wahrscheinlich in einem Land ein Putsch wäre. Mit unserer Erfahrung vor Ort ist das absolut möglich. Sollte dann wider Erwarten trotzdem etwas passieren, ist das Fondsvermögen diversifiziert und breit über viele Länder gestreut.

Und vielleicht kommt ja trotzdem noch was zurück.

Das ist das Ziel. Wir geben die Mikrokredite ja an die lokale Wirtschaft. An Menschen, die sich beispielsweise davon Werkzeug oder Saatgut kaufen.


Über den Interviewten:

Philipp Müller kam 2018 als Leiter für Investmentprodukte zu Blue Orchard, seit April 2021 ist er Geschäftsführer. Blue Orchard selbst wurde 2001 als erster kommerzieller Anbieter von Mikrofinanzanlagen auf Initiative der Vereinten Nationen gegründet. Seit zwei Jahren gehört das Unternehmen mit Sitz in Zürich zum Schroders-Konzern.

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