Blue Orchard über Mikrofinanz „Das ist es, was mich antreibt“

Philipp Müller kam 2018 als Leiter für Investmentprodukte zu Blue Orchard, seit April 2020 ist er Geschäftsführer.

Philipp Müller kam 2018 als Leiter für Investmentprodukte zu Blue Orchard, seit April 2020 ist er Geschäftsführer. Foto: Blue Orchard

private banking magazin: Als Impact-Investor wollen Sie mit Anlegergeld in Schwellen- und Entwicklungsländern etwas bewirken und vielleicht sogar die Welt verändern. Welche Geschichten wärmen Ihnen regelmäßig das Herz?

Philipp Müller: Das passiert immer wieder, wenn ich sehen kann, wie sich Menschen durch Mikrokredite Existenzen aufbauen. Zum Beispiel in den Favelas von Piura im Norden von Peru. Ich lernte dort Familien kennen und erlebte echte Schicksale und eben nicht nur Statistiken. Die Menschen sind voller Stolz, dass sie auf Augenhöhe handeln und nicht nur eine Spende entgegennehmen. Sie zeigten mir ihre Werkstätten und ihre Geschäfte. Das zu sehen, ist einfach toll. Das ist es, was mich antreibt.

Fonds wie der Blue Orchard Microfinance liefern in US-Dollar nach wie vor Renditen von fast 4 Prozent. Leiden sie nicht unter dem Nullzinsniveau hierzulande?

Das geht in so einem kompetitiven Umfeld natürlich nicht spurlos an einem vorbei. Schwellenländer sind jedoch grundsätzlich weit weg vom hiesigen Nullzinsniveau. In manchen Ländern haben sich die Zinsen nicht verändert oder sind gar gestiegen. Das ist aber von Land zu Land unterschiedlich und hängt auch von der Inflation und lokalen Liquidität ab.

In dem Fondsbericht steht, dass 81 Prozent der Kredite an Frauen gingen. Wollen die Männer nicht, oder können sie nicht?

Einerseits gehen viele Kreditnehmerinnen gut mit dem Geld um und nutzen höhere Einkommen für sinnvolle Investitionen wie die Bildung der Kinder. Sie weisen zudem auch häufig eine höhere Rückzahlungsquote auf und sind damit oftmals grundsätzlich kreditwürdiger als Männer. Hinzu kommt die kulturelle Komponente, dass Frauen in vielen Ländern, vor allem in Asien, traditionell für die Finanzen im Haus zuständig sind.

Ihr Unternehmen ist schon 20 Jahre alt, der Nachhaltigkeitstrend kommt aber erst seit wenigen Jahren in Fahrt. Spüren Sie den veränderten Wind?

Wir nehmen sehr wohl wahr, dass die Nachfrage nach Nachhaltigkeit und Impact-Anlagen gewachsen ist. Einer der Gründe ist, dass derzeit viel Vermögen auf eine jüngere Generation übertragen wird, die sich stärker mit sozialen und Umweltthemen auseinandersetzt. Die Menschen wollen wissen, was mit ihrem Geld passiert. Deshalb verzeichnen wir erhöhte Nachfrage zum Beispiel von Privatanlegern und Family Offices, selbst wenn sich die Family Officer selbst nicht spezifisch für Nachhaltigkeit interessieren. Ihre Klienten tun das sehr wohl.

Warum interessieren sich die Menschen jetzt stärker dafür, was in so weit entfernten Ländern passiert?

Das könnte ein nachgelagerter Effekt der Globalisierung sein, man ist diesen Märkten näher als früher. Hinzu kommt die größere Transparenz. Durch moderne Medien und das Internet stehen viel mehr Informationen zur Verfügung. Themen wie Umweltverschmutzung und wachsende Ungleichheit gelangen jetzt eher an die Öffentlichkeit und verändern das Bewusstsein. Die Menschen merken, dass man bestimmte Probleme angehen muss, wenn man das soziale und ökologische Gefüge verbessern will.