Das große Missverständnis Warum Dividenden nicht die neuen Zinsen sind

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Der Anleihe-Investor erwartet, dass er bei Endfälligkeit das geliehene Kapital zu 100 Prozent zurückerhält – zumindest ist diese Erwartung bei guter Bonität des Schuldners berechtigt. Im Segment der Hochzinsanleihen erwartet er, dass ihn durchschnittlich höhere Kupons für mögliche Zahlungsausfälle in Teilen seines diversifizierten Anleiheportfolios entschädigen.

Bei Aktien hingegen gibt es keinen Zeitpunkt, zu dem ihm ein bestimmter Wert seines Wertpapiers zugesagt wird. Das ist letztlich der Grund für die historisch deutlich höheren Schwankungsbreiten an den Aktienmärkten. Natürlich gehören zu diesen Kursschwankungen die langfristigen Chancen auf Kurswachstum, wie sie nur Aktien bieten.

Nachhaltige Dividenden

Auch die Tatsache, dass ein Unternehmen im vergangenen Jahr eine großartige Dividende gezahlt hat, sagt für sich genommen wenig. Unternehmen, die Anleger mit hohen Dividenden ködern, diese aber nicht aus dem Jahresüberschuss, sondern aus dem Eigen- oder gar Fremdkapital zahlen, haben erfahrungsgemäß eine sehr endliche Kursstory. Entsprechend sorgfältig sollte man den Aspekt der Dividende bei der Aktienauswahl berücksichtigen.

Immerhin stehen reinvestierte Dividenden für rund 60 bis 80 Prozent der Gesamtrenditen aus Aktien: Dividenden sind damit zweifelsohne neben den Kursgewinnen Teil der Gesamtrendite. Also gilt es zu analysieren, ob die Bilanzen eines Dividenden zahlenden Unternehmens solide sind, sprich, ob es die Dividende bisher aus Gewinnen im operativen Geschäft gezahlt hat und ob das angesichts seiner strategischen Weichenstellungen und seiner Marktposition auch weiterhin der Fall sein kann. Gelingt es, Unternehmen mit soliden oder gar wachsenden Dividendenerträgen auszuwählen, erreicht man mit dieser Dividendenstrategie einen schwankungsärmeren Kursverlauf im Vergleich zum Gesamtmarkt. Und in Abwärtsphasen an den Aktienmärkten behaupten sich solche Unternehmen nach aller Erfahrung deutlich besser.

Ein bewusstes strategisches Aktieninvestment gehört in jedes langfristige Portfolio – auch wegen der Dividenden. Und diesen Aktienanteil im Portfolio sollte man immer diversifiziert denken: regional, nach Investmentstilen und nach Größenklassen der Marktkapitalisierung. So kann zum Beispiel eine Small- und Mid-Cap-Dividendenstrategie durch geeignete Auswahl der Titel eine gute Gesamtrendite bei geringerer Schwankungsbreite liefern. Mit Zinsertrag hat das freilich nichts zu tun. Und es wäre unlauter, gegenüber Anlegern diesen Anschein zu erwecken.

 

Über den Autor:
Götz Albert ist Vorstand von Lupus Alpha und als Investmentchef verantwortlich für das Portfoliomanagement des Asset Managers. Vor seiner Berufung in die Geschäftsführung war er seit 2010 Partner und leitete das Portfoliomanagement im Bereich Small & Mid Caps.

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