Ob das neue GwG eine längst überfällige Anpassung oder das Ende der Unschuldsvermutung ist, diese Frage möchten wir bewusst offen lassen. Die Wahrheit wird, wie so oft, vermutlich beide Seiten widerspiegeln.
Tatsache aber ist, dass es – nach Jahrzehnten der relativen Gesetzgeberruhe – vielleicht eher einer grundsätzlichen Steuerreform bedarf, die a) Internetkonzerne dort zur Entrichtung der Steuern verpflichtet, wo ihre Gewinne entstehen, b) die Steuermittelfehlverwendung definiert und die dafür Verantwortlichen in die Haftung nimmt, und c) dem Mittelstand deutlich mehr Luft zum Atmen lässt. Und ja, in einem zusammenwachsenden Europa ist das eine Herkulesaufgabe, denn diese Reform müsste auch die Harmonisierung der Steuergesetze aller EU-Mitglieder umfassen.
Welche Auswirkungen hat das alles auf das Tagesgeschäft? Könnte das alles durch die Digitalisierung ins Positive gedreht werden?
Wenn der Staat Gesetze statt in Büchern lediglich als PDFs ins Internet stellt, ist das eben gerade keine Digitalisierung. Immer mehr und immer detailliertere gesetzliche Regelungen führen immer auch zur Verpflichtung des Nachhaltens derer Einhaltung. Gesetze bringen meist nur dann den beabsichtigten Erfolg, wenn mutmaßliche Täter einen gewissen Verfolgungsdruck spüren.
Geschieht dies im Bevölkerungsempfinden nicht, oder kommen große Skandale hinzu, so kann das Gegenteil des Beabsichtigten erreicht werden. Auch wenn sich natürlich alle Bürger an die Gesetze halten wollten, so kann das Empfinden einer Überregulierung auch auf Leistungsträger des Steueraufkommens abschreckend wirken. Wandern sie in Steueroasen ab? Entwickelt man hochgezüchtete Umgehungsmodelle? Möglicherweise.
Wenn aber Geschäfte und Finanztransaktionen beispielsweise digital und dezentral in der Blockchain protokolliert werden, wenn wirtschaftlich Berechtigte – natürlich nur für berechtigt Interessierte – jederzeit transparent nachvollziehbar sind, entfällt ganz klar auch die Notwendigkeit einer Überregulierung.
Sowohl die EZB, als auch die Fed, aber auch die Schwedische Reichsbank arbeiten an einer echten, digitalen und Blockchain-basierten Währung. China und Russland stehen kurz vor derer flächendeckenden Einführung. Bei allen berechtigten Bedenken zum Datenschutz: mit einem dezentral protokollierten Zahlungsstrom würden die bestehenden Gesetze bei weitem ausreichen – es wäre ja alles transparent.
Folgt dann auf dem Fuße der total gläserne Bürger, weil man das Bargeld gleich mit abschafft – eine grausige Utopie? Auch die Aussage von Kurt Tucholsky, dass „Bargeld gedruckte Freiheit“ sei, darf man dabei keinesfalls einfach vom Tisch fegen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele derjenigen, die diesen Einwand vorbringen, meist dieselben Leute sind, die, wie jüngst geschehen, durch Beitritt zu einer „digitalen Club-Plauder-App“ einfach mal Ihr gesamtes Kontaktbuch mit einem Wisch preisgeben.
Dennoch kann dieser Weg nur durch Überzeugungsarbeit beschritten werden: Wenn die Bevölkerung das nicht mitmacht, wird sie neue, kreative und parallele Zahlungsmittel erschaffen. Dass ein gewisses digitales Schwarm-Momentum für so etwas vorhanden ist, sieht man an der aktuellen Kursbeeinflussung der Gamestop-Aktie. Daher kann ein staatsabgewandtes Schattenzahlungssystem auch niemand mit seriösen Absichten ernsthaft begrüßen.
Eine Lösung im Sinne des Goldstandards haben aber auch wir keineswegs. Doch eines ist sicher: Überregulierung, gefühlte und tatsächliche Steuerfehlverwendung halten seit langem Leistungsträger davon ab, genau das zu sein, und ihr volles Potenzial zum eigenen, aber auch zum Wohle aller abzurufen. Und dass, obwohl Umfragen immer wieder belegen, dass Einkommensmillionäre ihrer Rolle als Säule der Gesellschaft durchaus nachkommen wollen. Das globale Giving-Pledge-Movement ist das prominenteste Beispiel dafür.
Über die Autoren:
Ferenc von Kacsóh ist Mitbegründer und Geschäftsführer des Family Office Pariter Fortis. Der Stiftungsmanager (EBS) und Unternehmerberater koordiniert die Projekte der Themenbereiche Kapitalvermittlung / M&A, Hotels, Immobilien, Stiftungen und Consulting. Zugleich ist er als Unternehmer-Coach tätig und war Beiratsmitglied einer privaten Hochschule.
Stefan R. Haake ist Co-Gründer und Beirat des Family Office Pariter Fortis und COO der Immutable Insight. Er verfügt neben seiner 26-jährigen Finanzmarktexpertise über fundierte Erfahrung als Stiftungsvorstand, Beirat, in der Beratung von Stiftern, Unternehmen und hochvermögenden Privatpersonen. Zudem ist er Unternehmer und Gründer des Stiftersalons.