Mehr als 1.700 Family Offices sind laut der Studie „Fundraising from Family Offices: A guide to raising capital” von Preqin weltweit in den vergangenen knapp fünf Jahren neu entstanden, fast 500 davon allein in Europa. Zusätzlich steht bei vielen Familien ein Generationenwechsel bevor. Die jetzt entstehende Generation an Kapitalanlageverantwortlichen ist dabei Private Equity so zugeneigt wie kaum eine Anlegergruppe zuvor. Das zeigt mir meine tägliche Arbeit. Seit 2006 erstelle ich Private-Equity-Programme und Allokationen für Family Offices.
Das Interesse der „Nextgen“ ist dabei in meinen Augen nochmal höher, als es traditionell in den Jahren davor zur verzeichnen war. Generell ist Private Equity bei Family Offices – nach wie vor – beliebt und wird von den Quoten stabil gehalten oder weiter ausgebaut. Unter anderem die jüngste Ausgabe des KKR Family Survey kommt zu dem gleichen Ergebnis.
Immobilien: Zu viel Aufwand, zu wenig Ertrag
„Wir sind mit einem blauen Auge und einer schwarzen Null aus dem Projekt wieder herausgekommen“, resümierte beispielsweise ein „Jung-Prinzipal“, der namentlich nicht genannt werden will. Seit kurzem leitet der End-Zwanziger die Geschicke des Family Offices für sich und seinen Bruder, nach der altersbedingten Übergabe durch seinen Vater, einem erfolgreichen Unternehmer. Man habe sich gerade von einer Top-Immobilie in Paris getrennt, die seit vielen Jahren im Bestand des Familienvermögens lag und eher auf Basis einer „Liebhaberei des Vaters“ den Weg ins Portfolio gefunden hatte. Generell habe man sich weitgehend von der Asset-Klasse Immobilien verabschiedet. „Zu viel Aufwand für viel zu wenig Ertrag“, so das Fazit über das langjährige Engagement in dieser Anlageklasse.
Stattdessen vergleicht man aktuell diverse Zugangsformen zu Private Equity und will aufstocken. So wägt das Family Office Investments in PE-Zielfonds mit Secondary-Fonds und Dachfonds ab, überlegt, wie breit man sich geografisch aufstellen sollte und ob man sich lieber kleinere spezialisierte Häuser oder große globale Asset Manager als Partner nehmen will.
Diese neue Generation an Family-Office-Verantwortlichen – meist ist es dabei egal, ob diese Family Offices durch Neugründung oder durch Generationswechsel entstanden sind – denkt und tickt an vielen Stellen anders als Generationen vor ihr. So werden bisherige Anlagetraditionen hinterfragt oder verändert. Infolgedessen steht diese „Nextgen“ an Family Officers oft in komplettem Kontrast zu den allgemeinen Klischee-Eigenschaften der „Gen Z“, die angeblich eher interessiert ist an Freizeit und Work-Life-Balance.
Sechs Schwerpunkte, die „Nextgen Family Officers“ anders machen
Aus zahlreichen Gesprächen zeichnet sich in der Generation neuer Family Offices und Investment-Verantwortlicher das Bild ab, dass diese Nextgen zwar nicht alles anders machen, jedoch manch neuen Schwerpunkt setzen wird:
- Private Equity – Großer Aufbau geplant: Dass PE in den meisten etablierten Family-Office-Portfolios – neben Aktien – zu den zentralen Anlagesäulen zählt, ist kein Geheimnis. Je nach Umfrage beziehungsweise Studie werden dafür Quoten zwischen 20 und 35 Prozent (inklusive Direktbeteiligungen) genannt – bei „jungen“ Family Offices sind diese Quoten jedoch noch deutlich unterentwickelt – oft zugunsten von Liquidität.
- Don’t hide – Network!: Die Generation der „Digital Natives“ ist mit Vernetzung und Kommunikation aufgewachsen: Während vor 15 Jahren manche Family Offices Visitenkarten gezielt ohne E-Mails oder Telefonnummern drucken ließen, gibt es heute ganze Netzwerke, Veranstaltungsserien und vor allem diverse Online-Kanäle, über die sich die Next Gen an Family Officers und Family Offices über Erfahrung und Best Practices im exklusiven Kreis mit ihresgleichen austauscht.
- Mitlernen statt nur delegieren: Auch wenn die Nextgen in vielen Fällen auf eine breite Erfahrung mit Kapitalanlagen zurückgreifen kann, ist Wissens- und Erfahrungsaufbau in Sachen Investments fast immer ein starker Wunsch dieser neuen Generation. Anbieter, Partner, Berater oder Asset Manager, die vor allem ihren eigenen Wissensvorsprung im Blick haben und Wissenstransfer und -vermittlung bei ihren Produkten oder Dienstleistungen nicht vorsehen, haben bei der Nextgen meist wenig Zukunft.
- Mehr Technologie Transformation und Venture Capital: Innerhalb der deutschen Investorenschaft spielten Family Offices immer schon eine wichtige Rolle als Venture Capital (VC)-Geldgeber, sei es als direkte Start-Up-Investoren oder via VC-Fonds. Mit dem Selbstverständnis der Digital Natives, dass Technologie unser Leben positiv verändert und dem stetig wachsenden und sich professionalisierenden lokalen VC-Ökosystem wird auch die Rolle von Venture Investments in den Portfolien von Family Offices immer größer und wichtiger.
- Mehr Impact: Vor dem Hintergrund in materiellem Wohlstand aufgewachsen zu sein und entsprechend handeln zu können sowie der zunehmenden gesellschaftlichen Tendenz, sich „Impact positive“ zu verhalten, wurden in den vergangenen fünf Jahren zum ersten Mal in größerem Stil Allokationen oder Anlagestrategien im Impact-Bereich aufgebaut und investiert.
- Sind bestimmte Anlagen über den Zenit?: Vor allem Family Offices mit einem reifen und umfassenden Bestandsportfolio, die nach vielen Jahren jetzt mit einem neuen Blick auf die Zusammensetzung der Assetklassen blicken, würde manche Anlagen nicht mehr mit derselben Gewichtung in ihre Portofolien holen. Assetklassen, die historisch stark gewichtet waren und in diesem Zusammenhang öfters genannt werden, sind Emerging-Market-Engagements oder Immobilien – hier in erster Linie Direktanlagen.
Die historischen Vorteile von Private Equity
Befeuert durch das jahrelange Niedrigzinsumfeld, haben sowohl Aktienmärkte als auch der Bereich Private Equity eine beispiellose Erfolgsrally hinter sich. Gute Erträge und der Ausbau beider Positionen in Portfolios vieler Family Offices waren die logische Konsequenz. Auch wenn auf den ersten Blick der unkompliziertere Zugang, geringere Kosten und bessere Liquidität eher für Aktien sprechen mögen, wurde der PE-Aufbau – vor allem in Europa – sogar noch stärker vorangetrieben als der Ausbau von Long-Only-Positionen im Portfolio.
Einer der zentralen Gründe für den Aufbau von PE-Portfolios ist die anhaltende Outperformance der Anlageklasse gegenüber Aktienmärkten – wobei in den vergangenen Jahren die Zeiträume für Performance-Vergleiche zwischen beiden Bereichen zunehmend irrelevant wurden. War die PE-Performance traditionell über lange Vergleichszeiträume wie im 10-, 15- oder 20-Jahresvergleich regelmäßig besser als die der öffentlichen Märkte (Preqin-Index gegenüber MSCI World auf PME+ Basis), ist dies mittlerweile auch bei kürzeren Betrachtungszeiträumen, wie beispielsweise im Drei- oder Fünf-Jahresvergleich, der Fall (siehe Grafik 1). Ein Trend, der in den vergangenen Jahren vor allem durch schnelle Aufwertungen und den zu beobachtenden Wegfall der J-Curve in PE-Fonds begründet liegt.

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Faktor, ist die in vielen PE-Strategien sehr stark unternehmerisch ausgeprägte Eigentümerschaft und Wertschöpfungsstrategie des Zielunternehmens, vor allem wenn die Kapitalstifter selbst jahrelang unternehmerisch tätig waren. Ist man als Long-Only-Investor oder Einzeltitelinvestor immer ein Stück weit in den öffentlichen Märkten außen vor, gestaltet man bei Direktinvestments vom Tag eins mit oder kann bei indirektem Private Equity dem Fondsmanager mitunter sehr genau auf die Finger sehen.
Große Teile der Wertschöpfung sind nicht mehr börsengelist
Neben dieser eher emotionalen Verbundenheit gibt es aber noch handfeste gesamtwirtschaftliche Gründe für ein starkes Engagement im PE-Bereich. Während sich die Anzahl der börsengelisteten Unternehmen in den vergangenen Jahren fast halbiert hat – in der Spitze waren in den USA Mitte der 90er Jahre gut 8.000 Unternehmen gelistet –, hat sich zur selben Zeit die Marktkapitalisierung dieser verbliebenen Hälfte an Unternehmen bis 2017 mehr als verzehnfacht.
Für den Anleger bedeutet dies, dass große Teile der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung nicht mehr über börsengelistete Unternehmen abgebildet werden können und im Gegenzug die öffentlichen Märkte zunehmend von wenigen, vor allem sehr großen Unternehmen, dominiert werden. Damit diese Teile der Wirtschaftsleistung, die von vielen Anleger als besonders „unternehmerisch“ – weil klein und agil – empfunden wird, dennoch ihren Weg ins Portfolio findet, haben zahlreiche Family Offices ihre Zielquoten für Private Equity entsprechend erhöht.

Viele der von der „Nextgen“ geschätzten Eigenschaften für Anlageformen werden in meinen Augen von der Anlageklasse Private Equity geboten. Die Assetklasse konnte sich über unterschiedliche Zeiträume gegenüber den öffentlichen Märkten beweisen und setzt kontinuierlich neue Impulse, kann sich so den Herausforderungen für die Nextgen gut widmen.
Welche Feinheiten bei der Auswahl von Private-Equity-Fonds auf die Nextgen wie auch Family Offices mit neuen PE-Allokationen warten, wird in Teil zwei behandelt.
Über den Autor
Holger Roßbach ist in leitender Position (Managing Director) bei der auf Sachwertanlagen spezialisierte Frankfurter Investmentboutique Palladio Partners. Roßbach hat gut 20 Jahre Investmenterfahrung im Bereich Private Equity und Venture Capital (VC). Er war unter anderem Head of PE/VC Research Europa im Londoner Büro bei Cambridge Associates. Zuletzt hat er das Deutschlandbüro des Investors eröffnet, von wo aus er mehrere Großmandate institutioneller Investoren im Privatmarktbereich verantwortete. Weitere Karrierestationen waren Tharium Capital Consulting, von Braun und Schreiber Private Equity Partners und Goetzpartners Management Consulting.