Treffen Investoren ihre Anlageentscheidungen nur nach „harten“ wirtschaftlichen Kriterien? Oder gibt es daneben auch andere, nicht-ökonomische Maßstäbe, die eine Kapitalanlage als „sinnvoll“ erscheinen lassen? Und wie gut (oder schlecht) kennen Finanzdienstleister die Erwartungen ihrer Kunden, wenn es um den individuellen Sinn der Anlagestrategie geht? Welche Konsequenzen sind für den Vertrieb zu ziehen? Die Beantwortung dieser Fragen steht im Mittelpunkt einer neuen Danske Invest-Studie, die in Zusammenarbeit mit dem renommierten Sinnökonomen Prof. Dr. Bernd Ankenbrand entstanden ist und aufdeckt, welche Maßstäbe für die sinnvolle Anlageentscheidung gelten und inwiefern sie sich bei Investoren und Finanzdienstleistern unterscheiden.
Zwei Arten von Ergebnissen
Eine methodische Besonderheit der Studie besteht in der Fragetechnik selbst, die nicht nur die Perspektive der Anleger, sondern auch die der Finanzdienstleister abfragt. Dabei wurden die Anleger direkt um ihre Einschätzung gebeten, Finanzdienstleister dagegen nach der mutmaßlichen Einschätzung des Anlegers. Ein Beispiel: Lautete die Frage an Anleger etwa „Wie ist das Wetter?“, so hieß die Frage an Finanzdienstleister: „Was glauben Anleger, wie das Wetter ist?“ Demzufolge liefert die Studie zwei Arten von Ergebnissen. Zum einen die Einschätzung der Anleger selbst, zum anderen aber auch Einsichten darüber, inwieweit die Einschätzungen der Anleger mit denjenigen der Finanzdienstleister übereinstimmen beziehungsweise nicht übereinstimmen.
Gefahr durch „Gaps“
Zwischen den Einschätzungen der Anleger und der Finanzdienstleister lassen sich zum Teil große Wahrnehmungslücken – sogenannte „Gaps“ – ausmachen. Die Hauptgefahr der Gaps besteht aus Sicht der Finanzdienstleister darin, ihre Kunden falsch zu beraten, weil die „handfesten“ vertrieblichen Argumente an den realen Erwartungen der Anleger vorbeizielen. So konnte die Studie nachweisen, dass Finanzdienstleister den regelmäßigen, persönlichen Kontakt zu ihren Kunden deutlich überschätzen: 78 Prozent der Finanzdienstleister nehmen an, dass Anleger einen regelmäßigen Kontakt verlangen. Tatsächlich jedoch erwarten nur 25 Prozent der Anleger eine regelmäßige Beratung, das heißt die direkte Beziehung zu einem Finanzdienstleister tritt in den meisten Fällen in den Hintergrund.
Diese Gaps zu erkennen und zu schließen, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung sinnvoller Anlagestrategien. Denn heutzutage ist es vorrangig wichtig, den Kunden bei seiner Suche nach dem richtigen Produkt besser zu verstehen und den Vertrieb auf dessen individuelle Bedürfnisse auszurichten. Die Fehleinschätzung der Erwartungen mündet möglicherweise nicht nur in einer falschen Beratung des Kunden, sondern resultiert in letzter Konsequenz in einem für den Anleger „sinnlosen“ Investment.
Finanzdienstleister unterschätzen digitale Beratung
Für den Vertrieb bedeutet dies: Die verringerte persönliche Präsenz bei ihren Anlegern kann für Finanzdienstleister eine echte Zeit- und Kostenersparnis bedeuten, sofern im Gegenzug ein entsprechender Online-Informationsservice angeboten wird. Insofern ist es kaum überraschend, dass knapp 70 Prozent der Investoren einen zeitlich uneingeschränkten Online-Zugriff auf relevante Informationen zu ihrer Anlage erwarten. Das deutet darauf hin, dass die zunehmende Digitalisierung des Beratungsangebots keine hinreichende, sondern eine notwendige Voraussetzung zur Erreichung von Kundenzufriedenheit ist.
Umso erstaunlicher ist, wie eklatant die Wichtigkeit des digitalen Informationszugriffs unterschätzt wird. So glauben nur 46 Prozent der Finanzdienstleister, dass ihre Kunden einen 24/7-Online-Zugriff auf alle Informationen erwarten. Es ist also nicht nur eine generelle digitale Unterversorgung zu beobachten, sondern darüber hinaus auch ein weit verbreitetes mangelndes Verständnis für die Notwendigkeit der „digitalen“ Beratung.