Dank Marktverzerrungen durch ETFs Plädoyer für die Rückkehr der Stockpicker

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Boom der Aktienrückkauf-Programme

In den USA hat die Höhe der angekündigten Rückkäufe im vergangenen Jahrzehnt mit 690 Milliarden Dollar wieder die Hälfte ihres Standes des vorangegangenen Jahrzehnts erreicht. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Rückkäufe wiederum fast verdreifacht, da nun auch Unternehmen von geringerer Qualität diesem Trend folgen.

Die Unternehmen sind dadurch risikoreicher geworden: In einem Index aus 50 der zuverlässigsten Dividendenzahler hat sich die Verschuldung im Verhältnis zum Ebitda in den vergangenen fünf Jahren grob verdoppelt. Doch die Streuung der Renditen ist trotzdem zurückgegangen, da jeder, der einen Rückkauf durchgeführt hat, dafür belohnt wurde.

Anleger sollten es sich in dieser Welt der geringen oder gleichbleibenden Rendite-Streuung nicht allzu bequem machen. Die für die Nachkrisenjahre unternehmensfreundlichen Bedingungen scheinen sich zu verschlechtern. Dadurch dürfte sich die Lücke zwischen Unternehmen mit hoher und jenen mit geringer Qualität vergrößern. Während diese Schere sich weiter öffnet, wird auch die Differenz zwischen den Marktwerten immer deutlicher zu Tage treten.

Erste Anzeichen einer Kehrtwende

Zum einen bewegt sich die Arbeitslosenquote in den USA seit über einem Jahr nahe der natürlichen Arbeitslosenquote von rund 5 Prozent. Lohndruck scheint unvermeidbar und dürfte besonders Unternehmen mit geringerer Qualität unverhältnismäßig stark treffen. Wenn der Ölpreis weiter steigt, werden die Unternehmen zudem in Betracht ziehen müssen, diese Kosten selbst zu tragen oder zu versuchen, sie an ihre Kunden weiterzugeben. Da diesbezüglich nicht alle Unternehmen gleichermaßen erfolgreich sein dürften, entsteht zusätzlicher Aufwärtsdruck auf die Streuung.

Erste Anzeichen zunehmender Streuung an den Aktienmärkten sind bereits erkennbar. Seit die Streuung Ende 2014 ihren Tiefststand erreichte, hat sie um ein Fünftel zugenommen.

Wie meist bei zunehmender Streuung der Fall, geschieht dies in Zeiten angespannter Märkte. Zur stärksten Erhöhung der Streuung kam es im 3. Quartal 2015 und im 1. Quartal 2016. Sollte dieser Trend anhalten, können sich Anleger auf unterschiedliche Weise darauf einstellen.

Ein Plus für aktives Management

Zunächst einmal wird aktives Management attraktiver. Denn in einem Umfeld mit hoher Streuung sollte der Marktwert einer Aktie rascher zu ihrem inneren Wert zurückkehren. Manager werden also schneller belohnt oder abgestraft, je nachdem, ob sie auf die richtigen oder die falschen Titel gesetzt haben. Nebeneffekt eines besseren aktiven Umfelds ist, dass passive Investments im Vergleich unattraktiver werden.

Wenn sich der Zufluss in passive Fonds verringert, könnte die Wirkung einer steigenden Streuung noch verstärkt werden. Dies liegt daran, dass passiv verwaltetes Kapital in gewisser Weise einer Reduzierung des Streubesitzes einer Aktie gleichkommt. Wird also im Verhältnis zunehmend mehr Kapital aktiv angelegt, steigt die Volatilität der Kursrenditen.

Zum anderen sollten Anleger ihr Risiko in Bezug auf Segmente in wichtigen Indizes überprüfen. In den Jahren vor und während der Krise haben sich der marktgewichtete S&P 500-Index und sein gleichgewichtetes Gegenstück gegenseitig abgebildet.

Da die Differenz in der Streuung der Marktrenditen und der inneren Werte sich seither vergrößert hat, entwickelt sich der gleichgewichtete Index besser. Im Wesentlichen ist Kapital aus den größeren und in der Regel höherwertigen Aktien in die kleineren Titel geflossen. Bei weiterhin steigender Streuung am Markt insgesamt werden sich diese Kapitalflüsse vermutlich umkehren.

Sollte der Trend steigender Dispersion bei den Marktrenditen die Wiederbelebung des so sehr in Mitleidenschaft gezogenen Stockpicking weiter unterstützen, wäre der wahre Alptraum für die steigende Zahl von Anlegern in passive Fonds, dass sie einfach zur falschen Zeit den falschen Markt gewählt haben.

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Über den Autor:
Luke Templeman ist Vice President in der Multi-Asset Research Group der Deutschen Bank. Vor seinem Wechsel zur Deutschen Bank war er zehn Jahre im Investment Banking und Management alternativer Anlagen in Sydney und London tätig. Zudem schrieb er drei Jahre lang die Lex Column für die Financial Times in London und New York.

Luke Templeman erwarb einen MBA-Abschluss an der London Business School und einen Master of Commerce-Abschluss an der Macquarie University, Sydney. Außerdem ist er ein Certified Practising Accountant (CPA Australia).

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