Fondsanalysten im ESG-Modus, Teil 2 Dachfondsmanagement unter der Nachhaltigkeitsbrille

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Auswahl von nachhaltigen ETFs mit Blick auf Rendite-Risiko-Verhältnis und Tracking Error

Bei der Auswahl eines nachhaltigen ETFs muss vorab geprüft werden, welche zugrunde liegende ESG-Benchmark gewählt wurde. Nachhaltigkeitsfilter sorgen nämlich dafür, dass bestimmte Sektoren und Unternehmen unter- oder übergewichtet werden. Auch verändert der unterschiedliche Grad des Ausschlusses die Anzahl der Aktien in dem ETF deutlich. Dadurch verändert sich das Risikoprofil des ETFs.

Nehmen wir einen Standard MSCI Welt ETF ohne Ausschlüsse mit rund 1.600 Aktien und vergleichen diesen mit einem MSCI Welt SRI ETF mit dem Fokus auf Unternehmen mit den höchsten ESG-Ratings, der nur noch rund 370 Aktien beinhaltet.

Während die Top-Ten-Positionen im SRI Fonds rund 25 Prozent ausmachen, sind es im herkömmlichen Welt ETF nur rund 16 Prozent. Je nachdem, welcher Grad an Ausschlusskriterien bevorzugt wird, wird die Wertentwicklung zum Teil deutlich von dem herkömmlichen Länder- oder Regionen ETF abweichen.

Es gilt somit bei der Selektion des geeigneten Fonds abzuwägen, welches Niveau an Nachhaltigkeitskriterien man eingehen möchte unter Einbezug von Aspekten wie Rendite, Risiko und Tracking Error. Bei der Selektion von nachhaltigen ETFs wird die Orientierung hinsichtlich des Grades an Nachhaltigkeitskriterien durch die Zusätze im Fondsnamen, wie „SRI“, „ESG Leaders“ oder „ESG Screened“, erleichtert.

Insgesamt sind die Nachhaltigkeit-ETFs noch recht jung, teilweise nicht älter als drei Jahre und haben somit noch keinen Konjunkturzyklus durchlebt, vor allem keine längeren Baissephasen. Allerdings sollten gerade die Unternehmen mit hoher ESG-Qualität durch aktuelle Umschichtungen in diese von dem Rückenwind noch längere Zeit profitieren.

Kategorisierung nach der Offenlegungsverordnung nur ein erster Schritt

In dem Segment der aktiv gemanagten Fonds werden aktuell auch verstärkt Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug neu aufgelegt. In der Regel werden allerdings bestehende Fonds angepasst, um zum Beispiel als Artikel 8- oder Artikel 9-Fonds eingruppiert zu werden.

Artikel 8-Fonds berücksichtigen ökologische und soziale Merkmale in der Investitionsentscheidung anhand von Ausschlusskriterien, Artikel 9-Fonds, auch Impact Fonds genannt, besitzen ein fest definiertes Nachhaltigkeitsziel wie zum Beispiel die Reduktion von CO²-Emissionen. 

Die Kategorisierung ist in einem ersten Schritt hilfreich, gibt sie doch grob einen Anhaltspunkt über den Grad an Nachhaltigkeit in dem Fonds. Allerdings muss in weiteren Schritten im Detail geprüft werden, wie ESG-Kriterien in den Investmentprozess integriert werden. So muss abgefragt werden, welche Ausschlusskriterien für den Fondsmanager relevant sind, ob bestimmte Länder und Branchen grundsätzlich ausgeschlossen werden, oder ob ein gewisser Anteil an nicht ESG-Unternehmen zugelassen ist.

Eine weitere Rolle spielt die Datenbasis, auf die der Fondsmanager zurückgreift. Stützt er sich zum Beispiel auf externe Datenanbieter – oder erhebt er die Daten selbst? Da es keine einheitlichen ESG-Kriterien gibt, ist es auch wichtig zu erfragen, ob der Investmentprozess es vorsieht, auch Unternehmen mit aktuell eher unterdurchschnittlicher ESG-Qualität in das Portfolio zu nehmen, wenn diese heute Maßnahmen beschlossen haben, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach in der Zukunft positiv hinsichtlich der Nachhaltigkeitsbilanz auswirken werden. Dieses Vorgehen spricht zum Beispiel für die Selektion eines aktiven, ESG-geprägten Fondsmanagers, da es die Chance erhöht, Alpha zu generieren.

Auch wenn durch die Offenlegungsverordnung das Thema Nachhaltigkeit an Fahrt gewonnen hat, hat aktives Management schon immer ESG-Kriterien wie zum Beispiel Governance in den Investmentprozess integriert, um qualitativ gut aufgestellte Unternehmen zu selektieren.

ESG-Ausrichtung ist kein Selbstläufer

Obwohl sich nachhaltig geprägte ETFs und aktiv gemanagte Fonds großer Beliebtheit erfreuen, halten sich hartnäckig die Bedenken, dass die Performance durch das eingeschränkte Investmentuniversum geschmälert werden könnte.

Noch ist die Kurshistorie dieser Fonds sehr jung, aber Stand heute hat sich diese Befürchtung zumindest für das Jahr 2020 während der Corona-Pandemie und auch in diesem Jahr nicht bestätigt – ganz im Gegenteil.

Allerdings muss dem Anleger bewusst sein, dass sich auch Nachhaltigkeitsfonds nicht von allgemeinen Marktkorrekturen loslösen können. Dabei sind unter anderem die Impact-Fonds genannt, wie das Segment der Clean Energy Fonds mit einer herausragenden Performance von teilweise über Plus 140 Prozent im Jahr 2020 (in US-Dollar). In diesem Jahr liegen diese Fonds jedoch aufgrund von Gewinnmitnahmen mit rund 19 Prozent (in US-Dollar) im Minus.

Wenn durch diese neuen Vorgaben Unternehmen mit einem geringeren Fokus auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung mit Umsätzen in kritischen Geschäftsfeldern dazu gebracht werden, sich umzuorientieren, dann ist das ein sinnvoller Beitrag, den die Asset-Management-Industrie für die Gesellschaft beitragen kann.


Über die Gastautorin:

Ariane Biskupek ist als Dachfondsmanagerin bei DJE Kapital tätig. Das Team der DJE verwaltet mehr als 500 Millionen Euro Fondsvermögen in Dachfonds und mehr als 400 Millionen Euro in verwalteten Portfolios. Seit Mai dieses Jahres ist sie Mitglied des ESG-Gremiums der DJE.

Bevor sie 2006 zu DJE Kapital kam, begann sie ihre Investmentkarriere im Jahr 2000 bei der Münchner Kapitalanlage, wo sie die Dachfondsabteilung aufbaute. Ariane Biskupek studierte Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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