Seit 2012 ermittelte die Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker in der Cum-Ex-Affäre, die als größter deutscher Steuerraub gilt – nun hat Brorhilker eine Bitte um die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis bei der Generalstaatsanwaltschaft eingereicht. Zudem kritisierte Brorhilker in einem Interview mit dem „WDR“, dass sich „Täter mit viel Geld und guten Kontakten“ aus Verfahren herauskaufen könnten. Die ehemalige Oberstaatsanwältin möchte künftig in einer Bürgerbewegung gegen Finanzkriminalität weiterkämpfen.
Cum-Ex-Ermittlungen noch lange nicht am Ende
Brorhilker leitete zuletzt eine eigens für den Steuerraub eingerichtete Hauptabteilung, die derzeit gegen mehr als 1.700 Beschuldigte ermittelt. Darunter waren auch prominente Namen wie Christian Olearius, Gesellschafter der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & CO, sowie Mitarbeiter von vielen anderen Geldinstituten. Im Fokus der Ermittlungen sind zukünftig wohl auch Institute wie Deutsche Bank, Merrill Lynch oder Santander sowie Landesbanken wie die frühere WestLB und die HSH Nordbank. Bereits vor Gericht stand der Steueranwalt Hanno Berger, der zwischenzeitlich in die Schweiz geflohen war. Das Landgericht Bonn hat Berger mittlerweile zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Auch der aktuelle Bundeskanzler und ehemalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz tauchte im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen immer wieder auf.
Das Vorgehen der Politik kritisierte Brorhilker in einem Interview mit dem „WDR“. So sei der Steuerraub immer noch nicht gestoppt, es gäbe ein „Hase-und-Igel-Spiel“, weil Kontrollen bei Banken und an den Aktienmärkten fehlen würden. Außerdem könnten sich Beschuldigte aus Verfahren herauskaufen, wenn Verfahren gegen Strafzahlungen eingestellt würden: „Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“ Sie sei nicht zufrieden damit, wie Finanzkriminalität in Deutschland verfolgt werde, weil die Täter auf eine „schwache Justiz“ träfen. Brorhilker begründet ihren Rückzug damit, dass sie die Finanzkriminalität deutschlandweit anders bekämpfen wolle.
Dafür wechselt sie als Geschäftsführerin zur Bürgerbewegung Finanzwende in das Team um Gründer Gerhard Schick. Die Bewerbung von Brohilker habe Schick überrascht: „Der große Unterschied zu anderen, die aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden: Anne Brorhilker macht ihr Wissen nicht zu Geld, in dem sie zu einer Anwaltskanzlei oder Beratungsfirma und damit auf die Gegenseite wechselt.“ Ihr gehe es um die Sache, um den Rechtsstaat und Gerechtigkeit.