Credit Suisse im Umbruch Neuer Chef, neue Strategie?

Der Wechsel an der Spitze der Credit Suisse könnte einen Strategiewechsel signalisieren. Die Berufung von Tidjane Thiam schürt die Erwartungen der Aktionäre, dass sich der Finanzkonzern vom Investmentbanking wegbewegen wird – zugunsten seines profitableren Geldmanagementgeschäfts.

Seit dem Jahr 2007 hatte der Investmentbanker Brady Dougan die zweitgrößte Schweizer Bank geleitet. Der Amerikaner sah sich dem Druck ausgesetzt, den Fokus der Bank auf die Wertpapiersparte zu verringern, während schärfere Kapitalvorschriften die Erlöse in Mitleidenschaft zogen und die Puffer des Konzerns schwächten.

Der Neue

Thiam kommt aus einer anderen Ecke: Der in der Elfenbeinküste geborene französischer Staatsbürger verbrachte das vergangene Jahrzehnt in der Versicherungsbranche. Das könnte ein Anzeichen dafür sein, dass Credit Suisse womöglich in die Fußstapfen seines Rivalen UBS treten und tiefere Einschnitte bei der Investmentbank vornehmen könnte.

„Dougan, der waschechte Investmentbanker, wird durch einen Experten für Vermögensverwaltung und Versicherung ersetzt“, sagte Andreas Brun, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. „Das könnte einen Paradigmenwechsel hervorrufen.“

Der 52-jährige Thiam kommt von Prudential, dem nach Marktwert größten Versicherer Großbritanniens, dessen Kurs sich während seiner Zeit an der Konzernspitze mehr als verdreifacht hat. Die Aktie der Credit Suisse schoss am Dienstag nach der Ankündigung, dass Dougan Ende Juni zurücktreten wird, im Zürcher Handel bis zu 9,1 Prozent in die Höhe.

„Ich habe eine Menge zu lernen“, sagte Thiam im Interview mit Bloomberg Television. Es handle sich schließlich um eine sehr andersartige Institution.

Aufgrund seines Hintergrunds werde sich der neue Konzernchef wahrscheinlich auf das Wealth Management konzentrieren und auf Vermögenswerten basierende Einnahmeströme gegenüber Handelserlösen bevorzugen, erklärte Matt Spick, Analyst bei der Deutschen Bank in London. Dies wäre Spick zufolge positiv für den Aktienkurs der Bank.

Dougan hatte Credit Suisse durch die Finanzkrise gesteuert. Er wurde dafür kritisiert, die kapitalintensiven Geschäfte bei der Investmentbank nicht ausreichend zurechtgestutzt zu haben, als die Bilanzstärke hinter der Konkurrenz zurückblieb. Während sich der Konzern zunehmend auf das Wealth Management fokussierte, kamen Einschnitte im Handelsgeschäft in den letzten Jahren nur häppchenweise.

Die Investmentbanking-Geschäfte, die Credit Suisse behalten möchte, haben mehr als doppelt so viele risikogewichtete Aktiva wie sie UBS ihren Wertpapiergeschäften zugesteht. Credit Suisse erwirtschaftete etwa die Hälfte ihrer Erlöse 2014 mit der Investmentbank, verglichen mit 30 Prozent bei der UBS.

Credit Suisse nimmt auf der jährlichen Liste von Scorpio Partnership unter den weltgrößten Vermögensverwaltern den vierten Platz ein. Die UBS ist hier der Marktführer.

Dougan habe für eine Weile eine gute Erfolgsbilanz vorweisen können, sagte Peter Stenz, Portfoliomanager bei Swisscanto Asset Management. Das habe später nachgelassen. „Er könnte am Investmentbanking ein bisschen zu lange festgehalten haben.“


Quelle: Bloomberg

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