Crash-Propheten Dr. Doom & Co. Was von Börsen-Gurus zu halten ist

Seite 8 / 9

Der erste Typus von Experten wird von Politik, Medien und Interessenverbänden bevorzugt. Dennoch ist es der Öffentlichkeit nicht verborgen geblieben, dass sie „sowieso immer alles falsch prognostizieren“, wie es Michael Gove formuliert hat. Viele Menschen haben inzwischen aus vielen spektakulär missglückten Prognosen gelernt, dass man Experten grundsätzlich nicht trauen sollte.

Dummerweise misstrauen wir aber auch dem anderen Typus von Prognostikern, und zwar instinktiv. Ein Grund hierfür liegt in einem Phänomen der Verhaltenspsychologie begründet, das auch immer wieder Betrug begünstigt: Menschen glauben selbstsicher auftretenden Personen automatisch eher als unsicher wirkenden, völlig unabhängig von der Qualität ihrer Aussagen. Wer seine Prognosen vieldeutig und differenziert formuliert, wirkt aber leider automatisch unsicher. Sicher auftretende Scharlatane überzeugen hingegen auch ohne gute Argumente.

Ein weiterer Grund für das Misstrauen liegt in der Missachtung von unsicher wirkenden Experten durch die Medien. Dies führt dazu, dass in Rundfunk, Zeitungen und dem Fernsehen fast nur Experten auftreten, die klare, aber falsche beziehungsweise zu oberflächliche Statements abgeben. Menschen vertrauen automatisch eher Personen, die sie oft wahrnehmen und misstrauen genauso automatisch Unbekanntem. „Bekannt aus Funk und Fernsehen“ ist vielfach ein Gütesigel, das nicht nur für Schlagerstars gilt, sondern leider auch für Experten. Ähnlich wie Konsumenten meist zumeist einer durch Werbung bekannten Marke vertrauen und sie kaufen, anstatt etwas Unbekanntes auszuprobieren, stehen sie Experten gegenüber: Denjenigen mit hoher Medienpräsenz wird eher vertraut als unbekannten. Selbst wer gegenüber Experten generell skeptisch ist, traut im Zweifelsfall denjenigen mit hoher öffentlicher Wahrnehmung instinktiv immer noch eher als unvertrauten.

„Prognosen sagen uns mehr über den Prognostiker als über die Zukunft“ schrieb Warren Buffett vor genau 40 Jahren in seinem berühmten Essay „How inflation swindles the equity investor“. Hieran hat sich bis heute nichts geändert. Je genauer uns ein Prognostiker die Zukunft vorhersagt, umso weniger ist er als Experte ernst zu nehmen und desto wahrscheinlicher liegt er komplett daneben.  

Dennoch sind Prognosen nicht sinnlos, speziell für Kapitalanleger: Denn wir müssen uns auf Chancen und Risiken der Zukunft einstellen, und hierzu benötigen wir Wirtschaftsvorhersagen als Orientierungsmarken. Allerdings muss beachtet werden, dass jede Prognose nur eine von unendlich vielen möglichen zukünftigen Weltzuständen beschreibt. Daher wäre es für einen seriösen Experten eigentlich Pflicht, bei Prognosen immer verschiedene Varianten anzugeben, die Annahmen klar darzulegen und sie im Zeitverlauf immer wieder Revisionen zu unterziehen. Gerade Kapitalmarkexperten vermeiden dies aber, weil Kunden die mangelnde Präzision als unsicher und daher wenig vertrauens-würdig empfinden könnten.