Countdown Bankenaufsicht reguliert Schattenbanken

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Diese Perspektive scheint auch die EBA-Leitlinie bei genauerem Hinsehen zu teilen: Als Schattenbanken gelten solche Unternehmen, die „Finanzierungen Dritter erwerben dürfen“. Hier wird klar auf eine Außenwirkung abgezielt. Diesen Gedanken fortschreibend, ist auch bei der Darlehensvergabe – und nicht nur bei dem Erwerb von Darlehen – maßgeblich, ob das Darlehen aus Sicht des Fonds einem Dritten gewährt wird, oder ob es sich nur um eine fondsinterne Finanzierungsstruktur handelt – dann keine Schattenbank.

Ob die Bafin als deutsche Aufsichtsbehörde diese Betrachtungsweise teilt, nachdem der deutsche Gesetzgeber auch von AIF ausgereichte Gesellschafterdarlehen einer ausdrücklichen Regelung unterzogen hat und quasi als separate Vermögensgegenstände betrachtet, ist offen.

Verbriefungsgesellschaften als Schattenbanken

Aber auch im Hinblick auf Verbriefungsvehikel sollte eine einschränkende Auslegung erwogen werden. Der europäische Gesetzgeber hat insoweit in der sogenannten Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation, kurz CRR) die EBA aufgefordert, eine etwaige Betroffenheit der Realwirtschaft zu berücksichtigen: „In developing those guidelines, EBA shall consider whether the introduction of additional limits would have a material detrimental impact on the risk profile of institutions established in the Union, on the provision of credit to the real economy or on the stability and orderly functioning of financial markets.”

Dies ist auch im Zusammenhang mit den jüngsten EU-Bemühungen einer Kapitalmarktunion zu sehen, die unter anderem das Ziel verfolgt, bei Anlegern angehäufte Liquidität wieder dem Markt zuzuführen.

Die EBA-Leitlinie enthält keine direkten Anforderungen an Vehikel, die als Schattenbanken qualifizieren. Vielmehr soll der regulierte Finanzsektor durch die Schaffung von internen Management- und Überwachungsprozessen sowie die Einführung von spezifischen Obergrenzen gegenüber Schattenbanken in seinen Aktivitäten mit dem Schattenbanksektor eingeschränkt werden. Angesprochen ist insoweit die Investorenseite.

Nach der EBA-Leitlinie ist eine intensive Befassung der Institute, die in Schattenbanken investieren, mit der Identifizierung, Steuerung und Überwachung von Engagements gegenüber Schattenbanken erforderlich. Dazu werden insbesondere qualitative Anforderungen an die internen Prozesse und erforderlichen Kontrollmechanismen gestellt. Das Management muss aktiv eingebunden sein.

Höhere Kontrollanforderungen

Nach dem Principal Approach sollen Institute neben einem Gesamtlimit gegenüber sämtlichen Schattenbanken auch individuelle Einzellimite festlegen. Ausgewählte Informationen zur einzelnen Schattenbank sollen die Höhe des jeweiligen Einzellimits bestimmen, darunter Beaufsichtigungsgrad der Schattenbank, Finanzinformationen, Finanzsituation, Portfolio, Anfälligkeit in Bezug auf Asset-Price- und Kreditvolatität. Das Festlegen der Einzellimite verlangt von den beteiligten Schattenbanken und Instituten ein entsprechend hohes Transparenzlevel.

Sollte der Principal Approach nicht auf alle Forderungen anwendbar sein, etwa weil die im Principal Approach geforderten Informationen nicht vorliegen, sieht die Leitlinie mit dem Fallback Approach eine Auffangmöglichkeit vor. Sofern die grundsätzlichen Anforderungen an die internen Prozesse erfüllt werden, sind alle intransparenten Schattenbank-Exposures einem fiktiven Sammel-Kreditnehmer mit einem bestimmten Gesamtlimit der anrechenbaren Eigenmittel zuzuordnen.

Da sich der Fallback Approach gegenüber dem Principal Approach nachteilig auf die möglichen Gesamtinvestments in Schattenbankenexposures auswirken kann, wird Druck auf die Schattenbanken ausgeübt, transparenter zu werden.

Bei Beteiligungen an Investments, die als Schattenbanken qualifizieren könnten, gilt es, die EBA-Leitlinien und ihre organisatorischen Anforderungen insbesondere in ihrer Auslegung des Anwendungsbereiches zu prüfen und umzusetzen. Der Anwendungsbereich der EBA-Leitlinie sollte auf diejenigen Vehikel fokussiert werden, die die von ihr zu Recht angemerkten Risiken beinhalten. Fondsinterne Finanzierungsstrukturen sollten dementsprechend außer Acht bleiben.

Qualifiziert eine Investition als Schattenbank, sind die entsprechenden organisatorischen Anforderungen an das Halten an einer solchen Beteiligung einzuhalten und entsprechende Organisationsstrukturen schon im Vorfeld aufzubauen. Von der Seite des betroffenen Schattenbankvehikels müssen die aus der EBA-Leitline resultierenden Reportinganforderungen erfüllt werden.
 

Über den Autor: Dr. Ulrich Keunecke ist Partner bei KPMG Law und leitet die Praxisgruppen Alternative Investment sowie Capital Market. Er ist spezialisiert auf Kapitalverwaltungsgesellschaften, Finanzdienstleistungsinstitute und Banken einschließlich Fintechs. Außerdem ist er Experte für Fonds und Anleihen sowie IPOs und Hauptversammlungen. Parallel dazu ist er als Business Angel unterwegs, um junge Unternehmen zu unterstützen.

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