Conren-Kolumne Warum Inflation und steigende Zinsen brandgefährlich sind

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Die Angst vor Geldentwertung (denn nichts anderes bedeutet Inflation) hat sich dennoch verflüchtigt. Zugleich spiegeln die gemäßigten Inflationserwartungen der Marktteilnehmer die Zielsetzung der Notenbanken wider – und belegen damit das hohe Vertrauen in die Währungshüter, wenn es um Inflationsbekämpfung geht. Aber ist es auch gerechtfertigt? Die Geschichte hat mehrfach bewiesen, wie schwer Inflation zu managen geschweige denn künstlich zu erzeugen ist. Sie entwickelt sich keineswegs linear – zum Beispiel in Abhängigkeit von der Geldmenge – sondern tendiert zu Sprüngen.

Im Grunde ist es wie bei einer vollen Flasche Ketchup: Man klopft auf den Boden, schüttelt – und es passiert rein gar nichts. Nach einer Weile greift man zu drastischeren Hilfsmitteln wie einem Messer, stochert im Flascheninneren herum, und wenn man schon fast verzweifelt, bedeckt die rote Soße plötzlich den ganzen Teller.

Die lange vermisste Teuerung könnte also schneller kommen, als manchem lieb ist – und heftiger: Die verbesserte Gewinnlage der Unternehmen könnte rasch zu steigenden Investitionen führen. Vor allem in den Emerging Markets sind deflationäre Überkapazitäten in der industriellen Fertigung in den letzten Jahren abgebaut worden. Auch höhere Lohnsteigerungen – Preistreiber par excellence – sind nach längerer Abwesenheit mittelfristig denkbar.

Dazu hilft ein Blick auf die Art und Weise, wie und warum Menschen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen: In den ökonomisch schwierigen Zeiten nach der Finanzkrise hatten viele die Jobsuche aufgegeben. Sie kehren nun teilweise in den Arbeitsmarkt zurück. Hinzu kommt, dass Leute, die nicht unbedingt arbeiten wollen oder müssen, in Zeiten hohen Wirtschaftswachstums ebenfalls dazu neigen, ihre Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen. Beides verringert für eine Weile – aber nicht für immer – den Lohndruck, trotz Arbeitsplatzzahlen nahe von Vollbeschäftigung.