Conren-Kolumne Warum Inflation und steigende Zinsen brandgefährlich sind

Christian von Veltheim (l.) und Andreas Lesniewicz: „Niedrige Zinsen sind nicht neu“

Christian von Veltheim (l.) und Andreas Lesniewicz: „Niedrige Zinsen sind nicht neu“

Wir haben uns so sehr an niedrige Inflation gewöhnt, dass wir diese einfach in die Zukunft extrapolieren. Wir suchen nach Theorien, die diesen Wunsch untermauern. Sogar wir Deutschen scheinen die typische Angst vor der Teuerung abgelegt zu haben. Das hat der Aufschrei von Ökonomen, Presse und Politikern hierzulande gezeigt, als die Europäische Zentralbank nach der Finanzkrise alle Geldhähne aufdrehte, die Zinsen in den Keller schickte, der durchaus gewollte Inflationsanstieg aber dennoch ausblieb – zumindest bisher.

Gerade, weil wir uns an niedrige Inflation, niedriges Wachstum und tiefe Zinsen gewöhnt haben, wären plötzliche Inflationsausschläge eine Gefahr für Ökonomie und Märkte. Eine zentrale Frage ist daher, wie lange die vielen preissenkenden Faktoren die Inflationserwartungen noch dämpfen. Zuvor gilt es zu ergründen, weshalb die Inflation – zumindest in der offiziellen Version – so niedrig ist.

Auch in der Vergangenheit hat es längere Phasen von niedriger Inflation und niedrigen Realzinsen gegeben. Weil die weltwirtschaftliche Lage seit einigen Jahren mitunter positiv ist und die Inflation dennoch schwach ist, bezweifeln nicht wenige, dass die Teuerungsrate in ihrer jetzigen Berechnungsform Inflationskräfte verschleiert. Die gefühlte Inflation ist höher. Auch gehen zwar die Kosten für die Lebenshaltung und den Konsum in den zugrunde liegenden Warenkorb ein.

Die Verteuerung von Vermögensgütern hingegen nicht, obwohl die Preise für Aktien, Anleihen, Häuser, Kunstgegenstände und Ähnliches in den letzten Jahren rapide gestiegen sind. Technologisch bedingte Qualitätssteigerungen, beispielsweise dank leistungsfähigerer Computer, werden seit den 1990er Jahren in den USA (und seit 2002 in Deutschland) in die Inflationsberechnungen einbezogen – was die offiziellen Daten erheblich senkt.

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Ganz abgesehen von Berechnungsweise und Basis gibt die offizielle Inflationsrate wegen ihrer Winzigkeit weitere Rätsel auf, die aufgrund der Komplexität des Themas nicht leicht zu entschlüsseln sind. Auf der einen Seite hat neben der Globalisierung sowie dem Handelsstufen ausschaltenden und Preisvergleiche vereinfachenden Internet eine neue Innovationswelle in der Automation preisdämpfende Wirkung. Innovationen im Energiebereich wie die Ausbeutung ölhaltiger Schiefersande halten zudem die Rohstoffpreise am Boden. Auf der anderen Seite wirken unter anderem der synchrone weltweite Wirtschaftsaufschwung und der global anziehende Kreditzyklus eindeutig inflationär.