Conren-Kolumne Irgendwann ist das Ölpreis-Chaos vorbei

Andreas Lesniewicz, Geschäftsführer der Conren Research, ist überzeugt, dass am Rohölmarkt bald wieder normale Verhältnisse einkehren.

Andreas Lesniewicz, Geschäftsführer der Conren Research, ist überzeugt, dass am Rohölmarkt bald wieder normale Verhältnisse einkehren.

Da staunt der Rohstoff-Laie: Ende April stürzten die Rohölmärkte lotrecht in die Tiefe, zeitweise sackte der Preis für ein Fass der Sorte WTI auf dem Warenterminmarkt sogar weit unter die Nulllinie ab. Ein nie gesehener globalökonomischer Einbruch wegen der Corona-Lockdowns sorgt für einen Nachfrageschock. Dazu kam eine Ölschwämme aufgrund des Strategiestreits zwischen Russland und OPEC. Zudem dient eben die spezielle Struktur des WTI-Marktes als Erklärung für das Preismysterium.

Die Zeche zahlten vor allem wenig erfahrene Privatanleger. Das Ganze war ein Lehrstück in Sachen Anlegerpsychologie: Private Investoren, die auf eine schnelle Erholung setzten und in Erdöl-ETFs strömten - ohne die damit verundenen Risken zu kennen -, erlitten mitunter massive Verluste. Für professionelle Anleger kam der Preisverfall des Mai-Futures indes nicht überraschend. Das Ausmaß war und bleibt zwar erstaunlich, aber viele waren richtig aufgestellt.

Ohnehin spielten derartige Preiskapriolen anlagestrategisch kaum eine Rolle. Wichtiger ist für uns, wie der Preis nach dem Lockdown aussieht. Die Antwort hierauf hängt – wie so vieles derzeit –von der Dauer des behördlich verordneten Stillstands und der Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen der Regierungen ab. Solange der Lockdown vielerorts fortbesteht, könnten niedrige Ölpreise ihre normalerweise konjunkturunterstützenden Wirkungen nicht entfalten. „Wenn ein Wirt im Höhepunkt des Lockdowns ein Steak für minus 30 Euro verkauft, können wenige das Geld einstecken und das Steak essen.

Generell spricht einiges dafür, dass die Ölpreise noch eine Weile niedrig bleiben. Die technischen Innovationen rund ums Fracking und der damit verbundene Aufstieg der unkonventionellen US-Ölproduzenten haben den Ölpreis stabiler gemacht und mit einem Deckel versehen, sehr zum Missfallen der Opec+-Länder. Die hätten es am liebsten, wenn man die Angebotsstruktur zurückdrehen und den Preis wie in den „alten, guten Zeiten“ wieder stärker beeinflussen, sprich höher treiben kann. Das allerdings dürfte kaum gelingen.

Die OPEC+-Gruppe hat die Widerstandsfähigkeit der alternativen US-Ölproduzenten vor einigen Jahren ja schon einmal auf die Probe gestellt und war an deren Flexibilität, der Struktur und dem unternehmerischen Einfallsreichtum gescheitert. Wir glauben daher nicht, dass dieser Preisverfall maßgebliche strukturelle Änderungen des Ölangebotes nach sich ziehen wird. Die USA wollen eine erneute Abhängigkeit von instabilen Ländern als Öllieferanten vermeiden. Und die US-Politik kann es nicht zulassen, diese Industrie zu verlieren. Es geht um viele Arbeitsplätze und nicht zuletzt die Vermeidung von Kettenreaktionen am High-Yield-Markt. Deshalb wird die US-Regierung ihre heimische Produktion unterstützen.

Unterm Strich bietet der US-Energiesektor, der seit seinem Tief im März zu einer Erholungsrally angesetzt und die Erholung der Ölnachfrage somit ein Stück weit vorweggenommen hat, auch jetzt noch vielfach Chancen für Investoren. Wir denken, dass der Markt auf die Corona-Krise in Teilen panisch reagiert hat. Aktien von einigen Ölproduzenten wurden zeitweise überproportional abgestraft. Hieraus entstehen Gelegenheiten, denn große Ölunternehmen mit starken Bilanzen werden die Krise nicht nur überleben, sondern nutzen, um ihre Marktmacht weiter auszubauen.

Investitionen in Aktien des Energiesektors seien für Privatinvestoren besser geeignet als ETFs oder Terminkontrakte, jedoch gebe es auch hier Unterschiede zu beachten. Es existiert eben kein Free-Lunch: Jedes Plus an Rendite ist nur mit einem Mehr an Risiko „käuflich“ – auch wenn manch einer das Risiko manchmal nicht erkennt oder es sogar bewusst ignoriert.

Hier gelangen Sie zur Langfassung der Einschätzung des Conren-Experten.


Über den Autor:
Andreas Lesniewicz hat als Geschäftsführer des Salmuth‘schen Family Investment Office die Investmentgesellschaft Conren im Jahr 2004 mit aufgesetzt. Er ist seitdem Geschäftsführer der Conren Research sowie Vorsitzender des Verwaltungsrates des Mischfonds Conren Fortune.

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