Die Fronten im Übernahmekampf um die Commerzbank verhärten sich zusehends. Was im September 2024 als strategischer Schachzug der italienischen Unicredit begann, entwickelt sich zu einem zähen Ringen zwischen Politik, Management und Aktionären. Während Bundeskanzler Friedrich Merz dem Frankfurter Institut seine Unterstützung zusichert, macht Unicredit-Chef Andrea Orcel deutlich: Er ist bereit, d...
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Die Fronten im Übernahmekampf um die Commerzbank verhärten sich zusehends. Was im September 2024 als strategischer Schachzug der italienischen Unicredit begann, entwickelt sich zu einem zähen Ringen zwischen Politik, Management und Aktionären. Während Bundeskanzler Friedrich Merz dem Frankfurter Institut seine Unterstützung zusichert, macht Unicredit-Chef Andrea Orcel deutlich: Er ist bereit, den langen Atem zu beweisen.
In einem Brief an den Commerzbank-Betriebsrat bekräftigte Merz die Haltung der Bundesregierung. „Die Bundesregierung setzt auf eine starke und eigenständige Commerzbank“, schrieb der Kanzler an Betriebsratschef Sascha Uebel und dessen Stellvertreterin Nina Olderdissen. Besonders die Sorgen vor massivem Stellenabbau – wie bei der Hypovereinsbank, die nach der Unicredit-Übernahme 2005 mehr als 60 Prozent ihrer Vollzeitstellen verlor – nehme die Regierung ernst.
Die Commerzbank sei nicht nur ein wichtiger Finanzierer des deutschen Mittelstands, sondern auch der Verteidigungsindustrie, argumentieren die Betriebsräte. „Gerade in den derzeit geopolitisch herausfordernden Zeiten ist es essenziell, die Kreditvergabe für diese Schlüsselindustrie sicherzustellen“, heißt es in dem Schreiben an Merz.
Orcel bleibt auf Konfrontationskurs
Trotz des geschlossenen politischen Widerstands zeigt sich Orcel unbeeindruckt. Auf einer Bankenkonferenz von Goldman Sachs in Berlin machte der Unicredit-Chef laut „Handelsblatt“ deutlich, dass er seine Strategie nicht ändern wird. „Wir werden abwarten und sehen, was passiert, bis mir meine Aktionäre sagen: Bei diesem Kurslevel sollten wir ein Übernahmeangebot abgeben, verkaufen oder irgendetwas anders machen."
Die italienische Bank hält derzeit 9 Prozent direkt an der Commerzbank und hat sich über Derivate Zugriff auf weitere 19 Prozent gesichert. Orcel deutete an, dass er im Sommer entscheiden könnte, diese Optionen auszuüben und den Anteil auf knapp 30 Prozent auszubauen. „Es ist ein Fakt: Ein 30-Prozent-Anteil kommt mit Rechten und Einfluss“, sagte er.
Kursrally macht Übernahme teurer
Die Aussicht auf eine Übernahme hat die Commerzbank-Aktie seit Jahresbeginn um 75 Prozent steigen lassen – deutlich mehr als die Unicredit-Papiere mit 48 Prozent. Orcel bezeichnete den Kursanstieg als übertrieben: „Er geht weiter über das hinaus, was durch Fundamentaldaten gerechtfertigt wäre.“ Diese Entwicklung macht eine mögliche Übernahme für Unicredit jedoch teurer.
Grundsätzlich übte Orcel scharfe Kritik am wachsenden politischen Widerstand gegen Bankenfusionen in Europa. „Kann es gut sein, dass ein Management-Team Lobbyismus bei einer Regierung betreibt, um einen Deal zu blockieren, der ihnen nicht passt – anstatt den Wert für Aktionäre und Kunden zu maximieren?“, fragte er. Dies verhindere, dass der Markt funktioniere.
Parallelen bei italienischer Übernahme
Auch bei der geplanten Übernahme der Banco BPM in Italien stößt Unicredit auf politischen Widerstand. Die Regierung hat der Bank eine Reihe von Auflagen gemacht, darunter eine drastische Reduzierung des Russlandgeschäfts. Orcel drohte, die Übernahme abzusagen, falls die Regierung nicht klarer definiere, welche Bereiche betroffen seien.
Der Unicredit-Chef machte deutlich, dass er bereit ist, den Konflikt lange auszusitzen. „Falls niemand mit uns reden will, dann werden wir für lange Zeit Stillstand haben“, sagte Orcel. „Wir haben uns das Recht erarbeitet, geduldig zu sein. Wir werden es aussitzen.“
Für die Commerzbank und ihre rund 42.000 Mitarbeiter bedeutet dies anhaltende Unsicherheit. Während das Management auf die politische Rückendeckung setzt, bleibt die Frage offen, wie lange sich ein börsennotiertes Unternehmen dem Willen seiner Aktionäre widersetzen kann. Der Übernahmekampf dürfte sich noch über Monate hinziehen – ein Geduldsspiel mit ungewissem Ausgang.