Commerzbank-Bereichsvorstand Gustav Holtkemper „Eine starre Einstiegsgröße ist schlicht nicht mehr zeitgemäß“

Gustav Holtkemper von der Commerzbank: Im Gespräch erklärt der Bereichsvorstand West die Entwicklungen im Wealth Management des Instituts.

Gustav Holtkemper von der Commerzbank: Im Gespräch erklärt der Bereichsvorstand West die Entwicklungen im Wealth Management des Instituts.

private banking magazin: Herr Holtkemper, die Commerzbank will im Wealth Management Marktanteile gewinnen, hat dafür massiv in neue Standorte und Personal investiert. Sie selbst haben mal von einem marktbereinigten Branchenwachstum von jährlich 4 bis 5 Prozent gesprochen. Hat die Commerzbank das zuletzt übertroffen?

Gustav Holtkemper: Unser Wachstum lag 2016 über der 5-Prozent-Marke. Wir haben unser Ziel also erreicht und sehen unser Wealth Management auch in diesem Jahr auf Kurs. Im ersten Halbjahr haben wir bereits über 3 Milliarden Euro neues Anlage- und Kreditvolumen hinzugewonnen.

Seit rund einem Jahr spielen im Wealth Management der Commerzbank Mindestanlagesummen keine Rolle mehr, die alte Untergrenze von einer Millionen Euro gibt es nicht mehr. Wie ordnet man Kunden künftig zu?

Holtkemper: Eine starre Einstiegsgröße ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. Der Beratungsbedarf eines Kunden hängt schließlich nicht allein von der Summe seines Anlagevermögens ab. Deshalb haben wir die starre Grenze im Juni 2016 abgeschafft. Entscheidend für eine Betreuung im Wealth Management der Commerzbank ist heute der Kundenbedarf. Wer über Vermögen mit einer komplexen Struktur verfügt, ist bei uns richtig – egal, ob er bei uns über ein Anlagevermögen von einer Million Euro verfügt oder nicht.

Wer Unternehmer beraten möchte, muss dies auf Augenhöhe tun und selbst unternehmerisch denken. Dazu benötigen die Berater im Wealth Management Freiräume. Inwiefern steht das im Widerspruch zum Bedürfnis einer Bank, die Risiken im eigenen Haus unter Kontrolle zu haben?

Holtkemper: Den Widerspruch sehe ich nicht. Wenn ein Kunde mehr Risiko bei der Anlage seines Vermögens eingeht, hat das keine Auswirkungen auf die Risiken unserer Bank. Aber zum Thema unternehmerisches Denken: Unsere Relationship Manager kennen die Situation des Kunden und agieren als Sparrings-Partner. Das geht nicht ohne unternehmerisches Denken. Allerdings tragen viele Kunden als Unternehmer Risiken. Bei der privaten Geldanlage agieren sie daher vielfach eher konservativ. In jedem Fall können unsere Relationship Manager handeln und für ihre Kunden genau die Experten hinzuziehen, die der Kunde braucht. Das ist das Grundprinzip unseres dualen Betreuungsmodells: Ein Ansprechpartner, viele Experten.

2016 hieß es, die Commerzbank betreue rund 50 Milliarden Euro im Wealth Management. Im Mai dieses Jahres sprachen Sie in einem Interview von rund 85 Milliarden Euro. Wie kommt dieser Sprung zustande?

Holtkemper: Die Dienstleistung „Wealth Management“ ist heute auch aufgrund der niedrigen Zinsen für viel mehr Kunden relevant. Deshalb haben wir uns 2016 neu aufgestellt. Das spiegelt sich selbstverständlich in Kundenzahlen und Volumina wider. Wir haben heute mehr Kunden, mehr Assets und mehr Berater im Wealth Management. Die verwalteten Kundengelder und -kredite, also die Assets under Control, lagen im Wealth Management Ende 2016 bei 85 Milliarden Euro.

Die Wealth-Management-Kunden der Commerzbank waren 2015 zu 60 Prozent bereit, die Bank im Bekanntenkreis weiterzuempfehlen. Wie hat sich diese Zahl entwickelt?

Holtkemper: Die Commerzbank fragt jedes Jahr über 150.000 Kunden nach ihrer Weiterempfehlungsbereitschaft. Bei den Wealth-Management-Kunden lag die Bereitschaft zur Jahresmitte 2017 leicht über 60 Prozent. Das ist ein sehr guter Wert und ich bin stolz, dass wir dieses hohe Niveau trotz der internen Veränderungen gehalten haben.