Commerzbank-Bereichsvorstand Gustav Holtkemper „Das Potenzial der Mitnahme von Kundenbüchern wird brutal überschätzt“

Gustav Holtkemper ist Bereichsvorstand für Privat-, Geschäfts- und Wealth-Management-Kunden der Commerzbank

Gustav Holtkemper ist Bereichsvorstand für Privat-, Geschäfts- und Wealth-Management-Kunden der Commerzbank

private banking magazin: Das Wealth Management der Commerzbank ist mit mehr als 50 Milliarden Euro verwaltetem Kundenvermögen die Nummer 2 in Deutschland und wächst nach eigenen Aussagen mit rund 4 bis 5 Prozent jährlich. Ist das nicht zu wenig?

Gustav Holtkemper: Bei den von uns kommunizierten Wachstumszahlen von 4 bis 5 Prozent in den vergangenen Jahren handelt es sich um Nettozuflüsse an Kundenvermögen. Davon unberührt sind die Wachstumszahlen von Bestandsgeldern, die sich mit den Börsen mitentwickeln.

Auf was müsste denn noch geachtet werden?

Holtkemper: Sicherlich auch auf die Kundensegmente, die im Wealth Management bedient werden. Bei einigen Instituten gehören zum Wealth Management auch institutionelle Kunden, wie zum Beispiel die Kirchen, oder es wird nicht zwischen Private Banking und Wealth Management unterschieden.

Bei der Commerzbank aber schon.

Holtkemper: Bisher gibt es bei uns die Unterteilung in Private Banking und Wealth Management, wobei letzteres in der Regel bei einem liquiden Kundenvermögen von einer Million Euro anfängt. Die institutionellen Kunden begleiten wir aus der Mittelstandsbank heraus.

Anfang des Jahres gab sich die Commerzbank eine neue, schlankere Organisationsstruktur. Eine Führungsebene will man künftig einsparen. Was ist das Ziel?

Holtkemper: Zunächst zum Zukunftsmodell der Commerzbank. Es gibt jetzt deutschlandweit fünf Marktregionen. Darin verantwortet jeweils ein Bereichsvorstand das gesamte Privatkundengeschäft. Dazu gehören auch Wealth-Management-Kunden. Diese wurden bisher von 42 Standorten aus betreut.

Künftig wird dies von allen 65 Niederlassungen aus geschehen. Sie sehen, wir schaffen die Voraussetzungen für kräftiges Wachstum. Das ist für uns der nächste logische Schritt und somit ein Ziel der Umstrukturierung.

Es hieß auch, dass die Vertriebsstruktur effizienter werden sollte.

Holtkemper: Das ist das zweite Ziel der Reorganisation. Jede Hierarchieebene hat ihre Individualität und kostet letztendlich bei der Umsetzung von Themen Zeit. Da wir künftig eine Ebene weniger haben, kommen die Themen viel schneller beim Berater und Kunden an. Wir verringern die Komplexität unseres Systems und sind dadurch näher am Kunden.

Dabei dürfte es doch aber nicht um die Kundennähe des einzelnen Beraters gehen, sondern mehr um eine Nähe der Gesamtorganisation der Commerzbank.

Holtkemper: Sie haben völlig Recht. Der Berater hat den intensiven Kundenkontakt. Da ändert sich also nichts, außer dass wir künftig von 65 statt von 42 Standorten aus operieren. Vielmehr wollen wir, dass die Führungskräfte unseres Hauses näher an den Kunden rücken. Das beinhaltet beispielsweise, dass Führungskräfte mehr als in der Vergangenheit auch Kunden betreuen werden.

Kommen wir mal auf die Wealth-Management-Kunden der Commerzbank zu sprechen. Sehen Sie derzeit einen Trend zur Vermögensverwaltung?

Holtkemper: Ja, einen Trend zu gemanagten Produkten, also in die Vermögensverwaltung hinein, sehen wir. Insbesondere werden unsere Gebührenmodelle nachgefragt, die Pauschalentgelte anbieten. Es ziehen sich auch einige Häuser wegen der zunehmenden Regulierung aus dem Wertpapiergeschäft zurück. Wir indes sehen das anders. Wir wollen gerade in diesem Bereich wachsen, wo andere sich zurückziehen.

Grund für den Rückzug einiger Häuser sind die gestiegenen Kosten durch die erhöhte Regulierung. Betrifft das die Commerzbank nicht?

Holtkemper: Es gibt sicherlich eine gestiegene Komplexität durch die Regulatorik. Wir können damit aber vernünftig umgehen, das haben wir gelernt. Zudem verteilen sich die Kosten bei uns im Konzern auf viele Schultern. Jetzt, wo sich einige Häuser in der Anlageberatung zurückziehen, wollen wir dies nutzen, um vorzustoßen und zu wachsen.

Sowohl die Vermögensverwaltung als auch die Anlageberatung sind von Regulierungsvorgaben betroffen. Die Anforderungen sind vielleicht anders, aber nicht weniger komplex. Allerdings ist die Vermögensverwaltung für den Kunden unkomplizierter. Der Betreuer führt mit seinem Kunden dazu ein grundlegendes Beratungsgespräch. Darauf baut dann die Vermögensverwaltung auf. Für die einzelnen Transaktionen innerhalb der Vermögensverwaltung sind dann keine Beratungsprotokolle mehr notwendig.

Woher kommt dann der Trend zur Vermögensverwaltung?

Holtkemper: Auslöser sind die veränderten Kapitalmarktverhältnisse. Früher waren viele Anleger zufrieden, wenn sie am Zinsmarkt, unter anderem mit Bundesanleihen, eine Rendite von 4 bis 6 Prozent erwirtschaften konnten. Bei einem Kaufkraftverlust von rund 3 Prozent wuchs ihr Vermögen.

Heute ist das anders. Der Rentenmarkt wirft im Grunde keine Zinsen mehr ab. Um nach Inflation, Steuern und Gebühren die Kaufkraft eines Vermögens zu erhalten, braucht man heutzutage eine Aktienquote von rund 25 bis 30 Prozent. Am besten zusätzlich noch Alternative Investments.

Haben die Wealth-Management-Kunden die Vermögensallokation früher oft selber gemacht, trauen sich das heute viele nicht mehr zu. Der Schritt in die Vermögensverwaltung ist also eine Möglichkeit, um auf professionelles Know-how zurückzugreifen. Er kommt von Kundenseite.