Comeback der Schrott-Immobilien? „Investoren lassen sich nicht mehr nur von Renditeversprechen locken”

Jens Rautenberg, Gründer von Conversio | Wahre Werte, ist seit knapp 18 Jahren im Wohnimmobilienbereich tätig.

Jens Rautenberg, Gründer von Conversio | Wahre Werte, ist seit knapp 18 Jahren im Wohnimmobilienbereich tätig.

private banking magazin: Immer wieder ist zu hören, dass Käufer von Wohnimmobilien Fehler bei der Investition begehen. Worum geht es dabei konkret?

Jens Rautenberg: Da gibt es eine Vielzahl an Faktoren. Sehr häufig etwa beginnt die Fehlerkette bereits bei der Standortwahl. Investoren scheuen immer häufiger A-Städte, da dort das Angebot rückläufig ist. Sodann gehen sie aber quasi blindlinks auf B- oder sogar D-Standorte zu, deren Bevölkerung rückläufig ist. Bei Bestandsobjekten besteht dann oft ein Renovierungsstau. Wird dieser nicht genau bewertet, verteuert das die Investition im Nachhinein deutlich. Auch werden Mietpotenziale bei Bestandsobjekten häufig überschätzt.

Ist es dann nicht gleich sinnvoller, in einen Neubau zu investieren?

Rautenberg: Der Neubau bietet in der Tat diverse Vorteile, beispielsweise unterliegt er nicht der Mietpreisbremse. In vielen Fällen wird aber bei Neubauprojekten der Bauträger nicht ausreichend geprüft. Die Anzahl der Baumängel ist in den vergangenen zwei Jahren sprunghaft gestiegen. Darüber hinaus werden im Neubau häufig zu hohe Vermietungsprognosen angesetzt. Sowohl bei den zu erzielenden Mieten als auch bei den Renditen fallen dann die Werte oftmals viel zu optimistisch aus.

Welche Risiken drohen dabei?

Rautenberg: Die Kaufentscheidung wird in der Regel zu sehr auf die Cashflow-Betrachtung abgestellt. Wenn man sich aber bereits in puncto Lage verschätzt hat, fängt der Ärger oft erst richtig an. Man gewinnt dann weder das angedachte Mietklientel noch die kalkulierten Mieten. Auch Aufwendungen für Renovierungsleistungen zehren an der Kalkulation. Oder Neuvermietungen laufen schleppend und die Objekte erzeugen einen höheren Verwaltungsaufwand als angenommen. Am Ende wird gegebenenfalls nicht einmal eine Wertsteigerung erzielt. Dies sind nur einige Risiken, die eintreten können.

Gibt es graduelle Unterschiede der einzelnen Kundengruppen in der Tragweite?

Rautenberg: Natürlich unterscheiden sich die verschiedenen Kundengruppen im Risiko-Renditeprofil. Private und institutionelle Anleger gehen aber oft ähnliche und vor allem vermeidbare Risiken ein, etwa bei der Standort- oder Objektwahl. Während Kleinanleger ihre Kaufentscheidung häufiger emotional treffen, weil sie glauben, die Umgebung und ihre Marktchancen gut zu kennen, haben professionelle Investoren eine rationalere Herangehensweise. Allerdings setzen sie dabei auf bestimmte Modetrends wie eine attraktive Makrolage und natürlich auf demografische Entwicklungen in der Vergangenheit – seltener hingegen auf Bevölkerungsprognosen.

Ein Investment ist aber meistens nur dann sinnvoll, wenn ein kompletter Kriterienkatalog auf ein Investitionsobjekt angewendet wird. Gerade Stiftungen und Versorgungswerke sind natürlich in der Objekt- und Investmentanalyse besser aufgestellt als ein einzelner Privatinvestor. Allerdings gehört dazu eine Vor-Ort-Analyse und nicht nur eine Big-Data-Auswertung am Schreibtisch. Nur dann wird sichtbar, dass sich Objekte viel häufiger als gedacht in einem schlechten oder gar maroden Zustand befinden – und dann auch noch in keiner zukunftsfähigen Lage.