CO2-Zertifikatemarkt Klimaschutz und Rendite: Wie Waldbesitzer mehr aus ihrem Vermögenswert herausholen

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Klimaschutz und Rendite: Wie Waldbesitzer mehr aus ihrem Vermögenswert herausholen
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Ebrahim Attarzadeh (links) und Wolf Freiherr von Holzschuher

Ebrahim Attarzadeh (links) und Wolf Freiherr von Holzschuher: „Das Investment in CO2-Zertifikate von zweifelhafter Qualität kann schnell zum großen Reputationsrisiko für Anleger und Investoren werden.“ Foto: SW / WH

In Deutschland ist rund ein Drittel des Bundesgebiets mit Wäldern bedeckt – etwa 10,7 Millionen Hektar. Neben den Flächen, die im Besitz der öffentlichen Hand sind, ist rund die Hälfte im Privatbesitz. Vor allem für Family Offices und traditionsreiche Familienverbünde ist Wald teils seit Jahrhunderten ein wichtiger Vermögenswert. Doch auch institutionelle Anleger haben die Anlageklasse wegen der diversifizierenden und stabilisierenden Wirkung aufs Portfolio für sich entdeckt.

Nach den immensen Schäden, die Extremwetter und Schädlingsbefall in den vergangenen Jahren hinterlassen haben, stehen viele Waldbesitzer vor der Aufgabe, große Aufforstungsprojekte zu stemmen. Doch angesichts teils hoher Schadenquoten – die Rede ist von bis zu 70 Prozent Schadholz in den Beständen manchen großen Eigentümers – ist die finanzielle Belastung so groß, dass Aufforstungsprojekte verzögert werden oder liegen bleiben.

Umso erstaunlicher ist es, dass viele Waldbesitzer in Deutschland die Potenziale ihrer Forstflächen nicht ausschöpfen. Dabei gäbe es die Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit von Aufforstungsprojekten deutlich zu verbessern und die kurzfristige finanzielle Belastung zu reduzieren. Den Schlüssel dazu bietet der Markt für sogenannte freiwillige CO2-Zertifikate.

Landläufig bekannt ist vor allem der staatlich regulierte Emissionsrechtemarkt, an dem CO2-intensive Unternehmen wie Energieversorger oder auch einige Industrieunternehmen zur Teilnahme verpflichtet sind. Der Grundgedanke ist, dass eine vom Regulator definierte und über die Jahre sinkende Menge an Emissionsrechten von den Unternehmen gekauft und gehandelt wird, sodass unter dem Strich ein Anreiz entsteht, Emissionen zu senken.

 

 

 

Im anderen, dem freiwilligen, Markt werden die CO2-Zertifikate nicht vom Regulator generiert, sondern von privaten Initiatoren von Klimaschutzprojekten. Das können Urwaldprojekte im Amazonas sein oder Vorhaben, mit denen in afrikanischen Dörfern Feuerkochstellen durch effiziente Gasöfen ersetzt werden – oder eben die Wiederaufforstung von Flächen im Bayerischen Wald oder anderswo in Deutschland.

Das Prinzip ist einfach: Der Eigentümer des jeweiligen Projektes lässt dieses von einem der unabhängigen Zertifizierer im Markt überprüfen und die Emissionsreduktion oder -einsparung berechnen. Im Anschluss werden Zertifikate über jeweils eine Tonne aus der Atmosphäre entferntes CO2 beziehungsweise vermiedener CO2-Emissionen ausgestellt. Und dieses Zertifikat kann der Projekteigentümer verkaufen – entweder im Direktgeschäft „over-the-counter“ oder über eine der wenigen Handelsplattformen in diesem Markt.

Für Zertifikate aus hochwertigen Aufforstungsprojekten im deutschsprachigen Raum werden aktuell Preise von 40 bis 60 Euro gezahlt. Gleiches gilt auch für Vorhaben, bei denen frühere Moorflächen, die heute landwirtschaftlich genutzt werden, wieder vernässt werden. Der Eigentümer des jeweiligen Projekts generiert damit zusätzliche Einnahmen, mit denen er die Wirtschaftlichkeit seines Projekts verbessert und damit mehr freie Mittel für weitere Projekte hat. Mehr Projekte bedeuten wiederum besseren Klimaschutz, sodass auch die Umwelt von diesen Geschäften profitiert.

Als Käufer treten an diesem freiwilligen CO2-Zertifikatemarkt sowohl Investoren als auch Unternehmen auf, die den CO2-Fußabdruck ihres Portfolios oder ihrer Wertschöpfungskette freiwillig reduzieren wollen – bis hin zur Klimaneutralität.

Insbesondere größere Mittelständler und Großkonzerne stehen unter strenger Beobachtung von Kapitalgebern, ESG-Ratingagenturen und der Öffentlichkeit, was die Glaubwürdigkeit ihrer Klimaziele angeht. Organisationen wie beispielsweise CDP (vormals bekannt als Carbon Disclosure Project) prangern jedes Jahr öffentlichkeitswirksam Firmen an, die keine glaubwürdigen Klimaziele haben – und stützen sich dabei auf die Stimmen hunderter namhafter institutioneller Investoren. Die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten, mit denen sich der ökologische Fußabdruck verlässlich reduzieren lässt, ist also groß und steigt jedes Jahr weiter.

Die Krux liegt allerdings in der Qualität der Klimaschutzprojekte, die den CO2-Zertifikaten zugrunde liegen. In der Vergangenheit haben einige Investoren und Unternehmen in bester Absicht solche Zertifikate erworben und damit vermeintlich einen positiven Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Später stellte sich heraus, dass sie die Pflanzung von Monokulturen in früheren Regenwaldgebieten mitfinanziert haben oder Gaskochstellen in Afrika ermöglicht haben, die mangels Gasversorgung nie benutzt werden konnten. Das Investment in CO2-Zertifikate von zweifelhafter Qualität kann also schnell zum großen Reputationsrisiko für Anleger und Investoren werden.

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass es im Markt zu einer strengen Auslese kommt. Käufer werden auf lange Sicht nur noch Zertifikate aus Projekten erwerben, deren Nutzen für das Klima unzweifelhaft ist und deren Qualität nach höchsten Standards bewertet und bestätigt wird.

 

 

 

Hier kommen die deutschen Waldbesitzer ins Spiel. Ihre Aufforstungs- oder Umforstungsprojekte leisten erwiesenermaßen einen Beitrag zum Klimaschutz, zumal wenn sie gemäß strikten Standards wie beispielsweise Verra oder dem in Deutschland entwickelten Waldklimastandard umgesetzt und dokumentiert werden. Solche Standards geben unter anderem vor, wie lange der Holzeinschlag in den zertifizierten Projekten unterbleiben muss, damit die gepflanzten Bäume auch ihren Klimanutzen voll entfalten können.

Ein weiterer Vorteil heimischer Projekte besteht darin, dass die Unternehmen oder Großinvestoren, die die Zertifikate erwerben, die Flächen bei Interesse sogar selbst besichtigen können. Ungeachtet dessen ist es aus Gründen der Effizienz empfehlenswert, Zertifikate nur von einer Plattform zu erwerben, die eine technologiebasierte Qualitätskontrolle der Projekte vornimmt – etwa mithilfe von Sattelitendaten, Remote Sensing und einer künstlichen Intelligenz. Denn nur eine wasserdichte Qualitätskontrolle schützt die Käufer der Zertifikate vor Greenwashing und gibt den Projektinitiatoren damit überzeugende Argumente an die Hand.

Waldbesitzer in Mitteleuropa haben keine leichten Jahre hinter sich. Nach den wetter- und schädlingsbedingten Schäden, die teils auch von wenig nachhaltigen Monokulturen begünstigt wurden, stehen viele vor der Aufgabe des Wiederaufbaus und des Umbaus ihrer Flächen. Das ist im Interesse der Wirtschaftlichkeit und des Klimaschutzes gleichermaßen geboten. Dabei haben sie, erstens, waldbaulich tragfähige und nachhaltige Pflanzkonzepte umzusetzen; zweitens, die teils sehr begrenzte Verfügbarkeit bestimmter Pflanzen zu berücksichtigen; und schließlich, drittens, die notwendige Finanzierung zu erschließen. Während die ersten beiden Punkte Kernkompetenz der Waldbesitzer sind, sollten sie mit Blick auf die Finanzierung ihren Horizont erweitern und den CO2-Zertifikatemartk in den Blick nehmen. Dieser wird künftig essenzieller Bestandteil einer ganzheitlichen Bewirtschaftung des Vermögenswerts „Wald“ sein.

Über die Autoren:

Ebrahim Attarzadeh begann seine Karriere 2001 bei der Deutschen Bank. 2006 wechselte er zur Mainfirst Bank, von der er zuletzt Vorsitzender (CEO) war. 2020 wechselte er in die gleiche Position bei der Stifel Europe Bank. Seit 2021 ist er Mitglied des Aufsichtsrats (Member Board of Directors) von Music Bird, einem Käufer und Verwalter von Musikrechten. Seit 2022 ist er Aufsichtsratsmitglied bei Petroleum Geo-Services (PGS) und Ontex, einem Anbieter von Köperpflegeprodukten.

Wolf Freiherr von Holzschuher begann seine Laufbahn 1998 im Investment Banking beim Bankhaus Sal. Oppenheim. Im Jahr 2022 wechselte er in den Bereich Strukturierte Finanzierung zu KGAL. Seit 2005 widmet er sich mit einer eigenen Vermögensverwaltung den Beständen der Familie in den Bereichen Immobilien, Land- und Fortwirtschaft, Asset Management sowie den Beteiligungen an Start-up-Unternehmen.

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