Serie von Chom Capital – Teil 1 Warum der Performancevergleich zwischen Private-Equity-Fonds und Aktien hinkt

Paul Althans von Chom Capital:

Paul Althans von Chom Capital: „Die Frage der Outperformance ist vielmehr eine Frage der Stichprobe des Vergleichs.“ Foto: Chom Capital

Um einen fairen Vergleich der Performance herzustellen, sollte man zunächst definieren nach welchen Merkmalen selektiert wird. Breit anerkannte Aktienbenchmarks sind zusammengesetzt aus Unternehmen deren Marktkapitalisierung und Enterprise Value gleich mehrere Ligen oberhalb der üblichen Private-Equity-Targets angesiedelt sind.

Preqin, führender Anbieter von Daten und Analysen im PE-Segment, nutzt für den Performancevergleich mit europäischen Buyout-Fonds den MSCI-Europe. Dieser Index hat mit einer Durchschnittskapitalisierung von 25 Milliarden Euro (Median 10 Milliarden Euro) nicht viel mit einem typischen PE-Target gemein. Gemäß des Bain-Private-Equity-Reports wurde die Milliarden-Grenze bei der durchschnittlichen Deal-Größe nur einmal im Rekordjahr Jahr 2021 geknackt.

Gewichtung von Aktienindizes und PE-Portfolien unterscheidet sich stark

Ein gewöhnlicher Aktienindex ist zudem in einigen Branchen überrepräsentiert, die bei PE-Strategien tendenziell untergewichtet sind. Ein Beispiel dafür sind die in europäischen Indizes stark vertretenen Großbanken, die auf der Performance von Vergleichsindizes in den letzten 20 Jahren gelastet haben, aber nicht in PE-Portfolien zu finden sind. Der Bain-Private-Equity-Report legt nahe, dass es sich nach Dealcount gemessen in den letzten Jahren bei etwa einem Viertel der Transaktionen um Technologieunternehmen gehandelt hat – also mehr als das dreifache Gewicht, das aktuell im MSCI Europe aus diesem Sektor vertreten ist.

Neue Spielregeln – Vergleich Public versus Private Equity

Die Spielregeln des Marktes haben sich mit steigenden Zinsen und Inflation geändert. Nach starker Zyklusabkühlung mehren sich nun aber die Zeichen für eine Kehrtwende. Historisch war das vor allem für Private Equity und börsennotierte Small Caps sehr gut. Grund genug für Chom Capital jetzt beide Assetklassen miteinander zu vergleichen. Small Caps sollten auf die nächsten Jahre hier die großen Gewinner sein. Wie die Boutique diese steile These begründet, erfahren Sie hier in Teil 1 des dreiteiligen Gastbeitrags.

Nicht weniger drastisch ist es bei den Kennzahlen zu Bewertung und Kapitalstruktur. Während die Deal-Struktur der Buyouts gemäß Bain in der Regel mit einer Nettoverschuldung vom sechsfachen der Gewinne vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (Ebitda) stattfinden, sind die Unternehmen im breiten Aktienindex signifikant niedriger mit zirka der 1,5 oder zweifachen Nettoverschuldung/Ebitda verschuldet (vergleiche Bloomberg für die Fiskalperiode 2024) – mit entsprechenden Konsequenzen für die erzielbare Eigenkapitalrendite.

Akademische Arbeiten finden keine Outperformance von Private Equity

Auch die Bewertung ist selten im Einklang. Der MSCI Europe und sein Pendant für Small Caps haben laut Bain-Report bis 2021 mit teils zweistelligen EV/Ebitda-Multiplikatoren lange Zeit über den durchschnittlichen Bewertungen gehandelt. Das hat sich umgekehrt: Mit dem siebenfachen Gewinn (Small) und 9-fachen Gewinn (Europe) liegen liquide Benchmarks unter den weniger gesunkenen Bewertungen der PE-Deals, die im Schnitt noch beim etwa 10-fachen liegen (Daten gemäß Bloomberg/Bain PE Report).

Wer im Wissen um diese Verzerrungen einen Blick auf akademische Literatur wirft, die versucht systematisch Faktoren wie Größe, Sektorenzusammensetzung, Einkaufsbewertung und Verschuldung der Zielunternehmen zu berücksichtigen, gelangt zu dem Ergebnis, dass die vermeintliche Outperformance vielleicht gar nicht existiert. Akademische Arbeiten von Chingono & Rasmussen (2015), L’Her, Stoyanova, Shaw, Scott & Lai (2016) oder Turkington (2019) finden in ihren Datensätzen eine Replizierbarkeit der Private-Equity-Rendite vor Kosten durch eine Selektion börsennotierter Unternehmen mit gleichen Charakteristiken.

 

Die Frage der Outperformance ist vielmehr eine Frage der Stichprobe des Vergleichs. Korrigiert man den systematischen Style-Bias, verschwindet die vermeintliche Prämie und es bleibt die Erkenntnis, dass kleine Unternehmen mit günstiger Bewertung und Leverage ein attraktives Eigenkapitalinvestment sind – sofern die richtigen Sektoren selektiert, Verschuldung zurückgeführt wird und das unterliegende Geschäft sich belebt – was alles aber keine exklusiven Merkmale der PE-Branche sind.

Wie werden die Returns gemessen?

Bevor man sich mit den Daten beschäftigt, die für gewöhnlich im Performancevergleich der Assetklassen ins Feld geführt werden, gilt es einen strukturellen Unterschied zwischen Public und Private Equity zu verstehen. Die Renditemessung liquider Equities hat sich durch die Einführung des modernen Indexings in eine objektivierbare Disziplin gewandelt. Spätestens seit der Jahrtausendwende findet man für die entwickelten Märkte daher Performanceaggregate, die gemeinhin als Gesamtmarkt-Barometer akzeptiert sind.

Für die Private Equity Branche bemühen sich Anbieter wie Preqin um eine größere Transparenz, aber jeder Indexierungsversuch hat gemein, dass er ein abstrahiertes Konstrukt aus einzelnen Fondsdaten ist und damit nicht ein wie für Investoren in liquiden Aktien investierbarer Index. Es gibt keinen ETF zu Minimalkosten, der es Investoren ermöglicht „die Marktrendite“ von Private Equity zu investieren. 

Die Rolle des Zeithorizonts für die Performancemessung

Ein zweiter Aspekt: Weil PE-Fonds ihre Targets nicht auf Knopfdruck akquirieren können, spielt der Zeithorizont eine besondere Rolle in der Performancemessung. Im Sinne der Textbuch-konformen Methode des internen Zinsfußes („IRR“) bedient sich die Branche daher des Ein- und Auszahlungsprofils aus Capital Calls und Distributions.

Private-Equity-Fonds blenden dabei den Zeitversatz zwischen First Close ihres Fundraisings und dem Capital Call aus und unterstellen implizit mit der IRR-Methode, dass die zurückgeführten Cashflows zur gleichen Rendite reinvestiert werden könnten. Ist es daher fair die IRRs mit einem durchgehend vollinvestierten Investment zu vergleichen? Zum Vorhalten der Liquidität spielen schließlich notwendige Opportunitätskosten eine signifikante Rolle, insbesondere wenn im selben Moment ein mögliches Re-Investment zum Zinsfuß des Cashflow-Profils der Private-Equity-Ausschüttungen unterstellt wird.

Stellt man das Gedankenexperiment an und lässt für den Performancevergleich die Uhr ab dem First Close für das Gesamtvolumen laufen, reicht ein einfaches Rechenbeispiel, um die Illusion des IRR offenzulegen: Erwirtschaftet ein Private-Equity-Fonds das beachtliche Ergebnis einer Verdopplung des Kapitals (2x DPI) über das Auszahlungsprofil von 10 Jahren, würde man in der geometrischen Renditeberechnung eines vergleichbaren Aktienindex die Rendite als 2^(¹/₁₀) ≈ 7% berechnen. Ein Wert, der verdächtig weit weg von den systematisch zweistellig kolportierten IRRs der Branche liegt und deutlich macht, dass die Messung der Kapitalwertsteigerung mit IRR-Metrik verzerrt ist.

Waum die PME-Methode zu hinterfragen ist

Die Methode des sogenannten PME („Public Market Equivalent“) ist eine Herangehensweise, die eingeführt wurde, um diesem Messproblem Rechnung zu tragen. Indem das Investment im liquiden Markt dem unterschiedlichen Timing des Cash-Profils eines PE-Fonds angeglichen wird, habe man in der Theorie eine bessere Vergleichbarkeit. In der Praxis ist dies aus mindestens zwei Gründen zu hinterfragen.

Erstens: Warum sollte bei strukturell positiven erwartbaren Gewinnen nicht das Gesamtkapital im liquiden Markt investiert werden? Wie angeschnitten, würde durch die Angleichung an das Cash-Profil eines PE-Fonds ein Teil der positiven Performance-Kontribution einer liquiden Anlage ignoriert werden. Zur Bereinigung der Diskrepanz in der Vergleichbarkeit unterschlägt man damit eine systematisch positive Eigenschaft des liquiden Marktes zugunsten der Performancemessung des diskretionären und gestückelten Profils der Private-Equity-Branche.

Zweitens: Wenn man eine Gesamtaussage für die Branche und nicht einzelne Fonds trifft, sollte rollierend unterstellt werden können, dass das Kapital in Private Equity als gesamtinvestiert gemessen werden kann. Das PME hinkt sonst in seiner Logik gegenüber einer strukturell vollinvestierten Aktienbenchmark.  

Folgt man diesem Gedanken, wäre die faire korrespondierende Rendite von Private Equity das geometrische jährliche Äquivalent aus dem TVPI (Total value to paid in capital – Berücksichtigt neben Ausschüttungen den unrealisierten Residualwert von Fonds, deren Beteiligungen noch nicht veräußert sind) aus eingezahltem und ausgeschüttetem Kapital im Start und Endjahr des Vergleichszeitraums. Das Rechenbeispiel im vorherigen Absatz hat dann bereits gezeigt, wie sich damit die tatsächliche annualisierte Verzinsung des Gesamtkapitals den durchschnittlichen Marktrenditen der gängigen adäquaten Aktienbenchmarks verdächtig annähert.

Das Spiel mit der Verzögerung des Kapitalabrufs

Ein weiterer Grund, warum das Auszahlungsprofil des Private-Equity-Fonds keine realitätsgetreue Messung des Gesamtinvestments darstellt, liegt in dem Trend, den Abruf des Kapitals künstlich zu verzögern. Gemeint sind damit capital call lines of credit – ein Instrument, das den Kapitalabruf von Limited Partners in PE-Fonds mithilfe einer Kreditlinie so lange herauszögert wie möglich, um damit den gemessenen IRR des einzelnen Investments zu verbessern. Denn je früher Kapital dem Fonds zufließt, desto niedriger sind tendenziell die IRRs, da sich die Zeitspanne zukünftiger erwartbarer Cashflows vergrößert. Der General Partner (GP) erreicht eine Besserstellung des Anteils seiner Carry-Vergütung ohne einen positiven Effekt auf die tatsächliche Kapitalwertschöpfung, den Moneymultiple (MOIC – Multiple of invested capital) des einzelnen Investments beziehungsweise Gesamtfonds.

Goldman Sachs berichtet jüngst von dieser Form des Kreditgeschäfts als Wachstumsfeld. Das deutet auf eine steigende Bereitschaft unter PE-Investoren hin, einen weiten Weg zu gehen, um die Performance-Uhr zu ihren Gunsten laufen zu lassen. Daten von MSCI zeigen, dass damit Returns zunehmend und um bis zu mehrere Prozentpunkte geschönt werden. Stellt man also einen Performance-Vergleich mit einer Branche an, die systematisch Mittel einsetzt, die eine nominale Performance-Kennzahl zu Ungunsten ihrer Investoren verschiebt, sollte man die Methodik dieser Zahlen besonders kritisch hinterfragen.

Die analysierbare und gute absolute Performance von vielen PE-Fonds muss letztlich auch im Kontext gesehen werden: Eine Mischung aus sinkenden Zinsen, steigenden Bewertungen und anschwellenden Fondsgrößen waren in der vergangenen Dekade optimale Bedingungen. Die Vintages dieser Zeit, also die Startjahre, in denen PE-Fonds begannen, ihre Investitionen zu tätigen, haben diesen Rückenwind zweifelsohne mit hervorragenden Ergebnissen abgebildet. 

Festzuhalten ist aber, dass dies eine Funktion der systematischen Selektion von unterliegenden Beteiligungscharakteristika ist und wohlwollend gemessen wurde. Bei einheitlichen fundamentalen Faktoren kommt unter dem Strich heraus: Unternehmen im Small-Cap-Markt mit günstigen Bewertungen und etwas Leverage zu kaufen, ist der Sweetspot des Eigenkapitalinvestments mit replizierbaren Renditen, ohne die Varianz von Frühphaseninvestments und mit systematischer Performance-Prämie gegenüber etablierten Blue Chips.

Richtet man den Blick nach vorne kommt die Frage dazu, ob vergangene Renditen im Zuge von nun schwelenden Liquidationsproblemen, systematisch gestiegenen Ausgangsbewertungen, durchkonsolidierten Ziel-Branchen und möglicherweise anhaltendem Zins- und Inflationsdruck für die Private-Equity-Branche replizierbar sind. Diesen Fragen gehen wir in Teil 2 und 3 unserer Serie nach.


Über den Autor: 

Paul Althans hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim und Università Bocconi in Mailand studiert und ist seit 2016 bei der Investmentgesellschaft Chom Capital tätig. Vorherige Stationenen waren Greenhill & Co, die Deutsche Bank und KPMG. Althans ist hauptverantwortlich für den Chom Capital Pure Sustainability – Small Cap Europe UI Fonds, der auf paneuropäische Nebenwerte fokussiert ist.

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