Chefanleger der Barmenia-Versicherungen „Wir ersetzen Unternehmensanleihen durch Private Debt“

Anton Buchhart ist als Hauptabteilungsleiter für die Kapitalanlagen der Barmenia-Gruppe verantwortlich.

Anton Buchhart ist als Hauptabteilungsleiter für die Kapitalanlagen der Barmenia-Gruppe verantwortlich. Foto: Barmenia

private banking magazin: Welche Herausforderung ist größer: Die Umsetzung von Solvency II mit den umfangreichen Berichtspflichten oder die Suche nach auskömmlichen Anlagen in Zeiten von Magerzinsen?

Anton Buchhart: Solvency II ist seit 2016 in Kraft, insofern sind die Prozesse implementiert. Allenfalls ist noch Optimierungspotenzial auszuschöpfen.

In der Suche nach auskömmlichen Anlagen sind wir auch schon „routiniert“, aber diese Herausforderung ist sicher die größere und auch noch länger andauernde. Hierbei ist aber auch die Passivseite und damit das Produktportfolio zu betrachten. Wenn ich unsere Erfolge beim Absatz von kapitalmarktorientierten Produkten betrachte, scheinen Kunden zunehmend die enormen Kosten von Garantien und langfristigen Chancen auf den Kapitalmärkten zu verstehen. Das schafft auch Entlastung im Sinne von Garantiezinsen bei der Kapitalanlage. 

Welchen Herausforderungen sind Versicherungsunternehmen derzeit abseits der Kapitalanlage ausgesetzt?

Buchhart: Das ist eine lange Liste mit vielfältigen Themen wie zum Beispiel neuartige Anbieter, Digitalisierung, Kostendruck, aber auch weiter fortschreitende Regulierungsbemühungen zum Beispiel im Hinblick auf Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage.

Wie groß sind die Kapitalanlagen der Barmenia-Gruppe und wie investieren Sie die Gelder?

Buchhart: Wir haben derzeit ein Volumen von circa 13,6 Milliarden Euro. Dieses investieren wir in den einzelnen Gesellschaften mit ihren spezifischen Geschäftsmodellen, Risikotragfähigkeiten und Ertragsanforderungen deutlich unterschiedlich. Fixed Income war und ist ein Schwerpunkt in allen Gesellschaften, die Duration ist aber in einer Lebensversicherung eine deutlich andere als in der Sachversicherung. Das Potenzial für weniger liquide Assets wie Private Equity oder Private Debt ist in einer Krankenversicherung deutlich höher als in einer Sachversicherung mit ihren hohen Flexibilitäts- und Liquiditätsanforderungen.

Wie geht die Barmenia als Anlegerin mit der Tatsache um, dass es für sichere Anlagen keine Rendite mehr gibt?

Buchhart: An die „sichere“ Anlage glaube ich grundsätzlich nicht. Selbst bei Cash ist aus dem Inflationsblickwinkel betrachtet erst mal nur die Kaufkraftvernichtung vergleichsweise sicher. Als Anleger für unsere Kundengelder muss unsere Leistung grundsätzlich darin bestehen, nicht eine sichere Anlage, sondern den richtigen Portfolio- und damit Risikomix zu finden, der unsere Leistungsversprechen erfüllt.

Daneben können wir für den Kunden in relativ risikoarme Portfoliobestandteile investieren, zu denen er selbst zum Beispiel unter Größengesichtspunkten keinen Zugang hätte. Schließlich ist der Risikoausgleich über mehrere Marktzyklen auf der Zeitachse hinweg keine theoretische Lehrbuchgröße, sondern eine Realität, die sich zum Beispiel in aktuell relativ stabilen Überschussbeteiligungen in der Lebensversicherung darstellt.

Seit 2018 müssen Versicherungsunternehmen in Europa mit mehr als 500 Mitarbeitern Berichte über ihr soziales- und Umweltengagement veröffentlichen. Sehen Sie an dieser Schnittstelle Wechselwirkungen zur Kapitalanlageseite? 

Buchhart: Die Barmenia veröffentlicht seit 2009 regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht, der jetzt in die CSR-Berichterstattung übergegangen ist. Dieser Bericht enthält seit jeher klare Aussagen zu ESG-Kriterien, die in der Kapitalanlage zu beachten sind. Insofern realisiert sich soziales und Umweltengagement und das wichtige Thema Governance bei der Barmenia auch in der Kapitalanlage.