Chance für Private Banker Unternehmerkunden erkennen dank Corona den Wert von Wertpapieren

Dirk Wiebusch. Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF): Der Experte analysiert die aktuelle Lage samt Folgen der Corona-Krise für Banken und Unternehmerkunden.

Dirk Wiebusch. Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF): Der Experte analysiert die aktuelle Lage samt Folgen der Corona-Krise für Banken und Unternehmerkunden. Foto: Dirk Wiebusch

Als das Corona-Virus Anfang 2020 nach Europa herüberschwappte, waren hierzulande die wenigsten darauf vorbereitet. Als im März dann sogar die Bundesregierung einen Lockdown verordnete, um der Pandemie Herr zu werden, wurde mit einem Mal sowohl der Gesellschaft als auch der Wirtschaft klar: Die Lage ist doch etwas ernster als gedacht. Doch der Lockdown wurde bald darauf wieder gelüftet, und obwohl die Situation immer noch nicht wieder „normal“ ist, geht das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben mittlerweile weiter.

Das möchte ich zum Anlass nehmen, um an dieser Stelle die aktuellen Entwicklungen Revue passieren zu lassen. Denn wie ich es in meinen vergangenen sieben Beiträgen zum Thema Corona prognostiziert habe: Je länger die Pandemie andauert, desto stärkere Anpassungen müssen Unternehmen und Finanzinstitute vornehmen. Jetzt, da wir uns wieder auf den Normalzustand zubewegen, ist fraglich, wie viel davon langfristig Bestand haben wird.

Der Ist-Zustand der deutschen Wirtschaft

Wer in den letzten sechs Monaten die großen Massenmedien verfolgt hat, der ist mittlerweile wahrscheinlich vollständig verwirrt. Denn vom Abstreiten, dass es überhaupt eine Pandemie gibt, bis hin zu Untergangsprophezeiungen für die deutsche Wirtschaft war alles dabei. Und zwar meist in schneller Abfolge hintereinander.

Wer sich wirklich mit der deutschen Wirtschaftslandschaft beschäftigt, der weiß: Multinationale Firmen, lokale Unternehmen und Kleinstbetriebe funktionieren jeweils nach eigenen Regeln, ganz zu schweigen von den großen Differenzen zwischen Betrieben in unterschiedlichen Branchen. Was in den Medien gerne zu einem erzwungen homogenen Gesamtbild vermischt wird, muss man unbedingt differenziert betrachten. Und ein wenig Voraussicht kann bei einer solchen Betrachtung auch nicht schaden. So kann es beispielsweise sein, dass Corona dem lokalen Handwerksbetrieb bislang tatsächlich noch keinen Strich durch die Rechnung gemacht hat, im Vergleich zu manchen größeren Betrieben. Doch falls es beispielsweise zu einer Kündigungswelle kommt, mit der große Konzerne versuchen, Kosten einzusparen, dann werden die Handwerker ebenfalls bald in Schwierigkeiten kommen. Es erfordert also einen differenzierten Blick, um die Unterschiede zwischen großen Unternehmen und kleinen Betrieben zu verstehen, und eine vorausschauende Denkweise, um zu merken, dass die Krise auch bisher wenig betroffene Unternehmen trotzdem noch erreichen kann – mit etwas Zeitverzögerung.

Derartige Beispiele für die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung finden sich zurzeit in jeder Branche:

  • Geht ein Unternehmen insolvent, aber es gibt auf dem Markt ohnehin eine Überproduktion, so wird dies zunächst kaum Auswirkungen auf den Markt und die Endkunden haben.
  • Trotz Corona-Einbußen in den meisten Branchen ist die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt ungebrochen – Die Menschen müssen nun mal auch während einer Pandemie irgendwo leben.
  • Einzig Büroimmobilien könnten eventuell in Zukunft weniger abwerfen, falls die Unternehmen auch langfristig mehr auf Homeoffice setzen. Das wird sich jedoch erst noch zeigen müssen. Zumal es erhebliche Unterschiede zwischen „mobilem Arbeiten“ und „echtem Homeoffice“ gibt.
  • Bei Gewerbeimmobilien setzt sich der Trend der letzten Jahre auch in Corona-Zeiten ungebrochen fort: Ältere Immobilien sind weniger gefragt – neue, zukunftsfähige und nachhaltige Immobilien umso mehr.
  • Viele Branchen haben manche größeren Projekte (Digitalisierung, Bürorenovierung und mehr) gestoppt, da die Unternehmen Liquidität zurückhalten möchten. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Erträge derjenigen Firmen, die diese Projekte ausführen sollten. Andererseits laufen viele Projekte, die bereits tief in der Planungsphase waren, weiter – Diese jetzt einfach abzubrechen, wäre mit zu hohen Kosten verbunden (oder es sind Projekte, die sich einfach nicht verschieben lassen).

Was mich an der aktuellen Situation besonders positiv stimmt, ist, dass eine gigantische Anzahl an deutschen Unternehmen diese komplexen Zusammenhänge sowie die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung durchaus versteht. Und sehr viele der rund 3,4 Millionen Unternehmen konnten ihr Verständnis für den Markt bereits in handfeste Ideen umwandeln, um mit den Problemen der Pandemie umzugehen. Mit unbändigem Willen, schierer Kreativität, Flexibilität und Durchhaltevermögen erschließen sie neue Geschäftsfelder und etablieren neue Arbeitsstrukturen.