Als der Rest der Familie noch schläft, sitzt Katrin Göpfert bereits am Schreibtisch. Die Randzeiten des Tages – am Wochenende frühmorgens, unter der Woche spätabends – sind in diesen Monaten, in denen die 41-Jährige ihr Kontaktstudium Finanzökonomie an der EBS Executive School absolviert, fürs Lernen reserviert. Das Studium ist die Voraussetzung, um sich Certified Financial Planner – kurz CFP –...
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Als der Rest der Familie noch schläft, sitzt Katrin Göpfert bereits am Schreibtisch. Die Randzeiten des Tages – am Wochenende frühmorgens, unter der Woche spätabends – sind in diesen Monaten, in denen die 41-Jährige ihr Kontaktstudium Finanzökonomie an der EBS Executive School absolviert, fürs Lernen reserviert. Das Studium ist die Voraussetzung, um sich Certified Financial Planner – kurz CFP – nennen zu dürfen.
Nach 15 Jahren im Beruf zurück auf die Schulbank
„Das Jahr stand ganz im Zeichen meiner Fortbildung, auch für meine Familie“, sagt Göpfert, zweifache Mutter und seit 2019 Beraterin im Fontis Family Office aus Stuttgart. „Der Sommerurlaub wurde so geplant, dass ich an der Zentralprüfung teilnehmen konnte. Erst danach konnte es in die Ferien gehen.“ Die berufsbegleitende Weiterbildung als Belastungsprobe – nicht nur für Job und Familie.
„Für mich war es eine wahnsinnige Herausforderung, 20 Jahre nach dem Erststudium noch mal in eine theoretische Prüfungsvorbereitung einzusteigen“, so Göpfert, die vor ihrem Job bei Fontis bereits knapp 15 Jahre im Wealth Management einer Großbank tätig war. Den CFP aber hatte sie schon lange im Kopf. „Zertifikatsträger hatten ein Hintergrund- und Detailwissen, das ich mir in meiner Praxis erst erarbeiten musste. Da habe ich gemerkt: Hier kann ich noch wachsen und dazulernen. Ein gewisser Ehrgeiz kam sicher auch dazu.“ Und so biss sich Göpfert durch, bis zur Abschlussprüfung im November vergangenen Jahres.
Banken honorieren Weiterbildung
2023 haben allein in Deutschland wieder hunderte Berater und Portfoliomanager aus dem Private Wealth Management entsprechende Zertifizierungsprogramme neben ihrem Vollzeitjob durchlaufen. CFP, CFA, CIIA oder CFEP sind nur einige dieser Abkürzungen, die auf Visitenkarten oder im Linkedin-Profil darauf hinweisen. Die Programme unterscheiden sich in Aufbau und Inhalt, Dauer sowie Kosten (siehe unten).

Eine Umfrage unter verschiedenen Private-Banking-Häusern zeigt, dass nur wenige Banken von ihren Beratern und Portfoliomanagern eine bestimmte Zertifizierung verlangen oder sie zu entsprechenden Fortbildungen verpflichten. Bei Berenberg etwa ist der CFA für die Portfoliomanager Pflicht, der CFP für Berater im Wealth Management gewünscht. Zwar gab keine der befragten Banken an, dass externe Zertifizierungen unmittelbar an ein höheres Gehalt geknüpft oder zwingende Voraussetzung für eine Beförderung sind – abträglich sind diese aber nicht. In bestimmten Fällen seien Weiterbildungsangebote auch mit zusätzlichen
Benefits oder Beförderungen verbunden, teilt beispielsweise Hauck Aufhäuser Lampe mit. Von der Warburg-Bank heißt es, Beförderungen seien zwar nicht unmittelbar mit erfolgreich absolvierten Weiterbildungen verknüpft. Diese wirkten sich jedoch „bei der Entscheidung über den Karriereweg positiv aus“. Auch die Bethmann Bank schreibt, eine erfolgreich absolvierte Weiterbildung führe „nicht mechanisch zu Beförderung oder Gehaltsmaßnahmen“.
Die Bethmann Bank investiert nicht nur in externe Zertifizierungen ihrer Mitarbeiter. Wie viele andere Häuser gibt es bei der deutschen Niederlassung der ABN Amro interne Trainings- und Fortbildungsprogramme – virtuelle und physische. „In 2023 haben wir rund 130 verschiedene Lernangebote zu unterschiedlichsten Themen angeboten“, sagt eine Sprecherin. Die Strategie der Bethmann Bank und somit auch das Fortbildungsangebot seien stark auf Nachhaltigkeitsthemen ausgerichtet.
Aktuell ist ein Weiterbildungsprogramm der ABN Amro für alle Mitarbeiter im Bereich der Kundenbetreuung geplant. Themenblöcke sind unter anderem: „Wie betrachten wir das Thema Nachhaltigkeit bei ABN Amro und Wealth Management“ oder „Wie man das richtige Kundengespräch über Nachhaltigkeit führt“. Das Angebot wurde unter anderem in Kooperation mit der Universität von Amsterdam konzipiert.

Commerzbank eröffnet Campus für Senior-Berater
Partnerschaft mit einer Hochschule hat auch die Commerzbank geschlossen. In Zusammenarbeit mit der Frankfurt School of Finance & Management hat die Großbank im Herbst vergangenen Jahres ihren neuen Wealth Management Campus eröffnet. 50 Senior Wealth Manager wollen binnen eines Jahres „Certified Wealth Manager (Commerzbank)“ werden. Vermögensübertragung, Unternehmensberatung, Portfolio-, Kredit- und Immobilienmanagement sind nur einige der Themen, die auf dem Lehrplan der modularen Fortbildungsreihe stehen.
„Die Märkte und die Bankenbranche werden sich für die Zukunft neu aufstellen müssen. Die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden verändern sich, und auch die Beratung im unternehmerischen Wealth Management wird von diesem Wandel beeinflusst“, teilt eine Sprecherin mit. Dieser Entwicklung wolle die Commerzbank mit dem neuen „WM-Campus“ Rechnung tragen.
Eine eigene Fortbildungsplattform hat die UBS bereits 2010 gegründet, die UBS University. Für Kundenberater in der Vermögensverwaltung ist das Programm zum Certified Wealth Management Advisor (CWMA) verpflichtend. Dieses entwickelte sich aus dem früheren UBS-internen Wealth-Management-Diplom, das heute auch als extern anerkannte Zertifizierung gilt, die beispielsweise von der Schweizerischen Bankiervereinigung unterstützt wird.
Fortbildungskosten werden in der Regel übernommen
Standardgemäß ist ein Zeitraum von 18 Monaten für die Weiterbildung vorgesehen, die vier Bausteine umfasst. Nach dem Selbststudium zu Kapitalmarkt-, Compliance und volkswirtschaftlichen Themen müssen die UBS-Berater eine schriftliche Prüfung ablegen. Es folgt eine mündliche Prüfung inklusive der Simulation eines Kundengesprächs.
Die externe Zertifizierung erfolgt durch den Verband Swiss Association for Quality. Die Lehrinhalte müssen die Berater regelmäßig auffrischen, um alle drei Jahre zum CWMA rezertifiziert zu werden. Im vergangenen Jahr habe die UBS weltweit mehr als 78 Millionen US-Dollar für Schulungen ausgegeben, für im Schnitt zwei ganze Schulungstage pro Mitarbeiter.
Welche Bandbreite an externen Fortbildungen es gibt, ist in der Belegschaft des Bankhauses Spängler zu sehen. Bei der Salzburger Privatbank verfügen Berater über externe Zertifizierungen wie der als European Investment Practitioner (EIP), diplomierter Finanzberater (DFB), European Financial Advisor (EFA) oder CFP. Im Asset Management finden sich Portfoliomanager, die als Financial Risk Manager (FRM), Certified Portfolio Manager (CPM), Certified European Financial Analyst (CEFA), Certified Environmental, Social and Governance Analyst (CESGA), CFA oder CIIA zertifiziert sind.
Viele Häuser verfolgen bedarfsorientierten Ansatz
Laufende Schulungen für die erforderliche Rezertifizierung deckt die Bank in der Regel durch interne und externe Fachleute ab. Das hauseigene Bildungsprogramm umfasst mehr als 50 Seminare und Workshops.
Viele Häuser verfolgen einen bedarfsorientierten Ansatz bei Fortbildungen. Donner & Reuschel etwa bietet hausinterne Fortbildungsveranstaltungen an, „sobald sich Entwicklungsbedarfe bündeln und strategisch relevant sind“, heißt es von der Privatbank. „Jüngst haben wir so zum Beispiel unseren Mitarbeitenden einen internen Zertifikatslehrgang zum Thema Alternative Investments angeboten.“
Bei externen Fortbildungen übernimmt Donner & Reuschel in der Regel die Kosten für gängige Zertifizierungen. „Hierbei ist ein direkter Bezug zur Tätigkeit ausschlaggebend für die Förderung der Fortbildung.“ Ähnlich halten es sämtliche anderen befragten Institute, die die Kosten für die bekannten Fortbildungsprogramme entweder komplett oder zu großen Teilen übernehmen und für eine begrenzte Zahl an Vorlesungs- und Prüfungstagen Sonderurlaub als Ausgleich gewähren.
Zuschüsse bei externen Weiterbildungen sind meist mit Klauseln verbunden. Verlässt der Teilnehmer während oder kurz nach der Weiterbildung das Unternehmen, vereinbaren Banken eine Rückzahlung der Kosten. Schließlich sind für viele Zertifizierungsprogramme fünfstellige Beträge fällig. Wenn ein Lehrgangsteilnehmer die Kosten der Fortbildung komplett selbst trägt, könnte das also durchaus ein Indiz dafür sein, dass sich der Berater oder Portfoliomanager auf einen Jobwechsel vorbereitet.
Wachsendes Angebot an Fortbildungen im Private Wealth Management
Doch auch abseits von Wechselgedanken: „Die intrinsische Motivation vieler Branchenteilnehmer, sich solche Titel anzueignen und damit Unterscheidungsmerkmale für Arbeitgeber und Kunden zu schaffen, ist in den vergangenen Jahren stärker geworden“, sagt Swen Bäuml, Initiator und Akademischer Leiter des Studienlehrgangs „Zertifizierter Family Officer (FvF)“ der Fachseminare von Fürstenberg. „Obwohl derartige Zertifizierungen für Kunden ehrlicherweise eine untergeordnete Rolle spielen.“
Seit 2017 gibt es den Lehrgang, der ein gemeinsames Verständnis in der Branche schaffen soll, woran sich ein Family Officer messen lassen sollte. Rund 200 Absolventen aus dem Dach-Raum haben sich seitdem zum Family Officer zertifizieren lassen, darunter mehrere Führungskräfte aus deutschen Family Offices. Im Regelfall haben die Teilnehmer zwischen fünf und zehn Jahren Berufserfahrung und sind bei ihrer zweiten Berufsstation in einem Multi oder Single Family Office angekommen.
„Auswahl des Fortbildungsprogramms wird heute restriktiver getroffen“
Das Angebot an Programmen und Lehrgangsanbietern in der Private-Wealth-Branche sei in den vergangenen Jahren enorm gewachsen, sagt Bäuml. „Da befeuern sich Angebot und Nachfrage gegenseitig.“ Mit dem Anspruch an eine ganzheitliche Beratung gehe auch eine ganzheitliche Aus- und Fortbildung einher. Banken und Family Offices verlangen ein Grundverständnis für Unternehmerkunden, steuerliche oder rechtliche Fragestellungen.
Bäuml, Professor für Steuerrecht an der Hochschule Mainz und Frankfurt School of Finance & Management, glaubt, dass Banken und Family Offices auch künftig in externe Ausbildungsprogramme investieren, aber noch genauer hinschauen, was sie dafür bekommen. Die Mitarbeiterzahlen gehen in vielen Unternehmen zurück. Jeder Abwesenheitstag kostet die Arbeitgeber Ressourcen und Geld: „Die Auswahl des Fortbildungsprogramms wird daher heute restriktiver getroffen.“
Katrin Göpfert absolvierte zunächst den Zertifikatslehrgang Sustainable & Responsible Investments an der EBS Executive School. Der Aufwand war mit sieben Vorlesungstagen plus Prüfung noch überschaubar. „Danach wusste ich, dass ich mir den CFP neben Vollzeitberuf und Familie zutraue.“ Für ihren CFP-Titel musste sie mehr Zeit investieren: Für einen Teil der Präsenztage wurde sie von ihrem Arbeitgeber freigestellt, über die Hälfte ihres eigenen Jahresurlaubs steuerte sie zudem bei.
Der Einsatz lohnte sich: Die Abschlussprüfung bestand die Family Officerin als Jahrgangsbeste. Neben einem Finanzplan, der als Projektarbeit entstand, musste Göpfert zwei weitere beim FBSP einreichen. Am 19. Januar dieses Jahres erhielt sie schließlich als eine von 36 Absolventinnen und Absolventen die CFP-Zertifizierung.