CFA-Deutschlandchefin Susan Spinner „Es geht nicht um ein Provisionsverbot, sondern mehr Transparenz“

Susan Spinner, Geschäftsführerin der CFA Society Germany

Susan Spinner, Geschäftsführerin der CFA Society Germany

private banking magazin: Frau Spinner, wo steht das CFA Institute in der Diskussion um Honorar- und Provisionsberatung?

Susan Spinner: Unser Verband spricht sich nicht per se für oder gegen Honorarberatung und Provisionsberatung aus. Da wir die Interessen der Anleger repräsentieren, geht es uns bei beiden Modellen vor allem um Transparenz. Das heißt, dass die Offenlegung der mit einem Finanzprodukt verbundenen Gebühren und/oder Provisionen so erfolgen muss, dass sie an den Bedürfnissen der Anleger orientiert ist. Dies vertreten wir weiterhin und bringen unsere Position gegenüber Regulatoren und Aufsichtsbehörden in den Diskurs ein.

Was ist die zentrale Forderung Ihres Verbandes?

Anleger benötigen valide Informationen. Wir setzen uns deshalb für bessere Vergleichbarkeit und internationale Harmonisierung ein. Was Anlegern nicht hilft, sind Schwarz-Weiß-Malerei oder Äpfel-mit-Birnen-Vergleiche.

Ein Beispiel?

Denken Sie alleine an die unterschiedlichen Kostenstrukturen mit Blick auf Ausgabeaufschläge, Managementgebühren oder Performance-Gebühren eines ETF versus eines aktiv gemanagten Fonds. Oder die Kosten für Abschluss, Vertrieb und Verwaltung, die bei Lebensversicherungen anfallen.

Die Honorarberatung kommt in Deutschland nur schleppend voran. Woran liegt das?

Honorarbezahlung passt in Deutschland derzeit noch nicht – zumindest für die breite Masse der Kleinanleger. Diese können sich nicht vorstellen oder nur schwer daran gewöhnen, dass man im Voraus für ein Investment und dessen Beratung einen Preis zahlt. Das kann schnell Abwehrreaktionen hervorrufen. Auch darf man sich nichts vormachen: Das Provisionsverbot klingt zunächst vielleicht super, hätte aber enormes Rückschlagspotenzial.

Das müssen Sie erklären.

Nehmen Sie das Beispiel Großbritannien: Dort gab es bereits vor der Einführung des Provisionsverbotes eine viel ausgeprägtere Landschaft an unabhängigen Honorarberatern. In Deutschland indes ist die Anzahl eher gering. Intermediäre könnten sich zunehmend auf Großkunden und solche Produkte konzentrieren, für die sie weiterhin Incentives erhalten – Inhouse-Produkte zum Beispiel. So könnte ein Verbot insgesamt zu einem Schrumpfen der Produkt- und Beratervielfalt in Deutschland führen. Die Gefahr bestünde, dass das vor allem zu Lasten der Kleinanleger geht, die keine Anlageberater mehr finden, weil die Betreuung von Kleinanlegern nicht wirtschaftlich ist.

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Dennoch muss man die Kritik an der Provisionsberatung doch ernst nehmen.

Aber ganz bestimmt. Die jüngste Befragung unserer CFA Charterholder beispielsweise hat ergeben, dass gerade die aus Deutschland stammenden Kollegen einen Vertrauensverlust der Deutschen in die Finanzindustrie auf ein Mangel an ethischen Grundwerten der Branche zurückführen. 73 Prozent sagen das. Zudem geben 37 Prozent an, dass in der deutschen Finanzbranche die Incentivierungen stellenweise falsch sind – unter allen untersuchten 25 CFA-Landesverbänden der höchste Wert.

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Wenn die Kritik an der Provisionsberatung berechtigt ist, eine 100-prozentige Honorarberatung nicht möglich scheint, was ist die Lösung?

Eine Koexistenz. Wir glauben nicht, dass die Provision verschwinden muss. Wie gesagt geht es im Kern um mehr Transparenz. Der Kunde muss schnell erkennen können, was ein Finanzprodukt kostet und wer am Verkauf mitverdient. Dann kann er entscheiden, ob er das möchte. Es wäre nicht schlecht, wenn sich hierzulande eine Denke entwickeln würde, dass das, was gut ist, auch etwas kostet.

>>Die gesamten Ergebnisse der CFA-Befragung können Sie herunterladen


Veranstaltungshinweis:

68. CFA Institute Jahreskonferenz
Veranstalter: CFA Institute und CFA Society Germany e.V.
Ort: Messe, Frankfurt am Main
Termin: 26. Bis 29. April 2015

Beschreibung: Die globale Investmentbranche steht ihren ganz eigenen Komplexitäten, Risiken und Chancen gegenüber. Um diese zu diskutieren, neue Erkenntnisse zu gewinnen und starke Netzwerke zu bilden, kommen Finanzprofis aus aller Welt alljährlich zur CFA Institute Jahreskonferenz zusammen.

Top-Referenten: Ian Bremmer, Politologe, Gründer & Präsident der Eurasia Group; John Coates, Neurowissenschaftler an der Universität Cambridge; Charles de Vaulx, CIO Value Advisers; Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts

Weitere Informationen unter: annual.cfainstitute.org


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