Asset Allocation Mit Cat Bonds am Rückversicherungsmarkt partizipieren 

Dirk Schmelzer ist Senior Portfoliomanager bei Plenum Investments.

Dirk Schmelzer ist Senior Portfoliomanager bei Plenum Investments. Foto: Plenum Investments

Das Mitte der 90er Jahre entwickelte Anlageinstrument der Katastrophenanleihen, auch Cat Bonds genannt, erfreut sich – trotz einer Häufung großer Naturkatastrophen – wachsender Beliebtheit. Der Anstieg des Cat-Bond-Markts erfolgt sowohl absolut als auch relativ zu anderen Investitionsmöglichkeiten im Bereich des Versicherungsrisikotransfers an den Kapitalmarkt, der unter dem Begriff insurance linked securities (ILS) subsummiert wird.

Über die Dominanz von US-Risiken im Rückversicherungsmarkt

Cat Bonds werden seit gut 25 Jahren als Instrument genutzt, mit dem Erst- und Rückversicherer einen Teil ihrer übernommenen Risiken direkt an den Kapitalmarkt transferieren und so ihre Bilanz entlasten können. Investoren in Cat Bonds übernehmen mit Ihren Investitionen faktisch die Rolle eines weiteren Rückversicherers und stellen zusätzliche Rückversicherungskapazität zur Verfügung.

Der Cat Bond Anleger profitiert von der Tatsache, dass die übernommenen Spitzenrisiken der Versicherer hohe Eigenkapitalunterlegungen erfordern, und daher verstärkt an den Kapitalmarkt abgegeben werden und von den entsprechend hohen Prämieneinnahmen. Im Bereich der Naturkatastrophen sind dies oft Ereignisse, die in den USA auftreten. Vor allem schwere Stürme und starke Erdbeben weisen ein großes Schadenspotential auf und werden daher bevorzugt über Cat Bonds an den Kapitalmarkt transferiert werden.

Die Dynamik der Risikoprämienentwicklung

Dieser Umstand ist deshalb wichtig, da es in den Jahren 2006 bis 2016 zu keinem relevanten Schadensereignis im Cat-Bond-Markt aufgrund eines starken Hurrikans oder Erdbebens in den USA kam. Andere Katastrophenereignisse wie das Tohoku-Erdbeben in Japan im Jahr 2011 oder zerstörerische Tornados in den USA im gleichen Jahr, hatten nur geringe Auswirkungen auf Cat-Bond-Investments. Gleichzeitig waren die Jahre von 2010 an auch von stark rückläufigen Risikoaufschlägen auf sämtlichen anderen traditionellen wie auch alternativen Anlageklassen gekennzeichnet. Investoren standen unter großem Druck, neue und attraktive Renditequellen zu erschließen.

Das Jahr 2017 brach diese Phase schadensfreier Jahre in den USA mit den Hurrikanen Harvey, Maria und Irma (HIM). Diese zerstörerische Sturmfolge sollte jedoch nur der Auftakt zu einer Phase intensiver Schadensaktivität bilden. Im folgenden Jahr kam es zu den schwersten Waldbränden in Kalifornien der jüngeren Vergangenheit sowie zu mehreren heftigen Taifunen in Japan. Nach den Schockwellen, die die Covid-Pandemie ausgelöst hatte, folgten mit Hurrikan Ida im Jahr 2021 und Ian im vergangenen Jahr weitere, für die Versicherungsindustrie sehr kostspielige Schadensereignisse in den USA

 

 

Schwieriges Marktumfeld für Cat-Bond-Investoren

Obwohl ein Großteil der Schäden der letzten drei Jahre nicht vom Cat-Bond-Markt getragen wurde, war es für Cat-Bond-Investoren trotzdem ein schwieriges Marktumfeld. Einerseits sorgte jedes Ereignis für ein steigendes Risikoprämienumfeld, da die finanzielle Schadenslast zu einer Verknappung des Risikokapitals führte, andererseits sorgte der Prämienanstieg für fallende Kurse am Cat-Bond-Markt. Besonders für Investoren, die nach HIM mit der Erwartung substanzielle Risikoprämien verdienen zu können in den Markt eingestiegen waren, stellte sich eine herausfordernde Situation ein. Zunächst stiegen die Risikoprämien nicht so stark wie von vielen Marktteilnehmern erwartet, da der Cat-Bond-Markt zunächst von Kapital geflutet wurde.

Das nach wie vor vergleichsweise niedrige Prämieneinkommen konnte die Nominalwertverluste und Bewertungskorrekturen der folgenden Jahre kaum ausgleichen. Für Investoren, die aus einer abgesicherten Euro- oder Schweizer-Franken-Perspektive in Cat Bonds investierten, wurde die niedrige US-Dollar-Rendite durch die stark gestiegenen Absicherungskosten zusätzlich reduziert. Dies setzte eine Dynamik in Gang, in der Investoren immer zurückhaltender mit ihren Investitionen in versicherungsabhängige Anlagen wurden und somit den Risikoprämienanstieg weiter beschleunigten.

Rückversicherungsprämien erreichen und übersteigen Schmerzgrenze 

Der Trend zu einem reduzierten Angebot an risikotragendem Kapital war jedoch nicht nur im Cat-Bond-Markt zu beobachten: Sowohl traditionelle Rückversicherungen als auch der Markt für den nicht-handelbaren Transfer von Versicherungsrisiken wiesen die gleiche und teilweise sogar stärker ausgeprägte Kontraktion der Risikotragfähigkeit auf. Diese grundsätzliche Verknappung von Rückversicherungskapazität kombiniert mit einer deutlich anziehenden Inflation, die die Wiederherstellungskosten nach einem Schadensereignis und damit die potenzielle Schadenslast steigen lässt, und der Belastung durch massiv gestiegene Kosten für die Schadensbegleichung über den eigentlichen Sachschaden hinaus, erhöhten das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Rückversicherungsdeckungen und sorgten für immer schneller steigenden Risikoprämien.

Das Anfangs 2022 etablierte Rückversicherungsprämienniveau war bereits so hoch, dass mehrere Versicherer in Florida ihre Geschäftstätigkeit einstellen mussten, da sie sich die erforderliche Rückversicherungsdeckung nicht mehr leisten konnten. In dieser bereits angespannten Situation traf Hurrikan Ian, eines der teuersten Schadensereignis in den USA, auf die Küste Floridas und löste nochmals einen sprunghaften Anstieg der Rückversicherungsprämien aus.

 

Nicht nur die Risikoprämien bei Cat Bonds sind attraktiv wie selten zuvor

Die kumulierten Effekte der vergangenen Jahre sorgen dafür, dass wir uns heute auf einem Risikoprämienniveau bewegen, das in der über 20-jährigen Geschichte des Cat-Bond-Marktes nie zuvor erreicht wurde. Doch nicht nur die reine Risikoentschädigung hat sich zu Gunsten von Investoren verschoben. Auch strukturell kam es zu Anpassungen bei Cat Bonds, um diese Investoren möglichst attraktiv zu machen.

Die zunehmende Frequenz von Schadensereignissen und die Folgen des Klimawandels bereiten viele Investoren Sorgen. Über höhere Selbstbehalte, klarerer Definitionen der versicherten Ereignisse und die Vermeidung von Deckungen, die über eine Jahresperiode Versicherungsschäden aggregieren, wurde diesen Bedenken Rechnung getragen. Diese Anpassungen sorgen dafür, dass so strukturierte Cat Bonds seltener von Sekundärgefahren getroffen werden – Ereignisse, die mit höherer Frequenz auftreten und kleinere Schäden verursachen wie beispielsweise Gewitter und Tornadoereignisse, Waldbrände aber auch Winterstürme oder Frostereignisse.

Cat Bonds bleiben bewertbar und handelbar

Dies reduziert die Unsicherheit bei der Schadensmodellierung dieser Risiken, die wiederum die Basis für die von Cat-Bond-Investoren geforderte Risikoentschädigung bildet. Die Vielzahl der Schadensereignisse der letzten fünf Jahre hat deutlich gemacht, dass Cat Bonds, selbst wenn sie aufgrund einer Naturkatastrophe ausfallgefährdet sind, bewertbar und auch handelbar bleiben. Damit unterscheiden sie sich grundlegend von den nicht-handelbaren, bilateralen Risikotransferinstrumenten, die Investoren operationellen Risiken aussetzen können, aufgrund von „trapped collateral“ und Bewertungsrisiken.

Als Trapped Collateral bezeichnet man blockiertes Sicherungskapital, welches nicht für die Wiederanlage eingesetzt werden konnte. Durch dieses blockierte Sicherungskapital und Bewertungsrisiken werden betroffene Positionen teilweise in so genannte side pockets ausgelagert, was zu operationellen Risiken führt.

Die strukturellen Anpassungen und grundsätzlichen Vorteile von Cat Bonds haben eine Verschiebung der Investorenpräferenz innerhalb der Allokation zu versicherungsabhängigen Investments ausgelöst. Gemäß Zahlen aus dem ILS Annual Report des Versicherungsbrokers Aon sind Cat Bonds als einziges Subsegment im Insurance-Linked-Securities-Markt in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gewachsen und konnten ihren Anteil am gesamthaft ausstehenden Risikokapital von 30 Prozent auf 37 Prozent ausbauen. 

 

 

Das Wachstum des Cat-Bond-Marktes könnte sich zukünftig weiter beschleunigen, indem man diese als Instrument nutzt, um auch andere Risiken als Naturgefahren an den Kapitalmarkt zu transferieren. Die erfolgreiche Platzierung des ersten Cyberrisiko Cat Bonds im Januar dieses Jahres demonstriert, neben anderen Beispielen in der Vergangenheit, die weiteren Möglichkeiten, die Cat Bonds bieten. Ein breiteres Angebot an Risiken würde Cat-Bond-Investoren bessere Diversifikationsmöglichkeiten aber auch Spezialisierung in spezifischen Risikosegmenten ermöglichen und damit generell zu einer weiteren Verbreitung dieser Anlageklassen beitragen.

Cat Bonds etablieren sich als diversifizierender Baustein in der Asset Allokation

Angezogen von den derzeit rekordhohen Prämien thematisieren wieder mehr Investoren Cat-Bond-Investments, was sich im neuen Rekord der Cat-Bond-Fondsvolumen widerspiegelt. Neben der reinen Risikokompensation schätzen Anleger den hoch-diversifizierenden Effekt von Cat-Bond-Beimischungen in ihren Portfolios. Während der Marktverwerfungen als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine oder des Covid-Ausbruchs haben Cat Bonds wie auch bei anderen Finanzmarktereignissen der Vergangenheit wie der Finanzkrise von 2008 oder dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 wieder einmal eindrücklich ihre stabil niedrige Korrelation unter Beweis gestellt.

Folglich sind Cat Bonds gerade in Phasen mit hohen konjunkturellen oder geopolitischen Risiken ein wirkungsvolles Investment zur Stabilisierung von Portfolios und stehen hoch in der Gunst der Anleger. Darüber hinaus stärkt Versicherung die Resilienz einer Gesellschaft gegen Katastrophenereignisse und ermöglicht den zügigen Wiederaufbau nach einer Naturkatastrophe, weshalb Cat Bonds auch bei nachhaltig investierenden Anlegern auf Interesse stoßen. Dass der Diversifikationsbeitrag im heutigen Marktumfeld nicht mit Renditeverzicht erkauft werden muss, sondern mit einer hochattraktiven Risikoprämie einhergeht, sorgt ebenso für zunehmendes Interesse an dieser Anlageklassen und dürfte dazu führen, dass sich Cat Bonds immer mehr als smarter Baustein einer strategischen Asset Allokation etablieren.

Attraktive Konditionen auch auf länger Sicht?

In der Vergangenheit war häufig zu beobachten, dass ein hohes Risikoprämienniveau, wie es aktuell am Markt vorherrscht, innerhalb kürzester Zeit zu massiven Mittelzuflüssen und damit zu einer raschen Bereitstellung von Rückversicherungskapazitäten führte. Dies erfolgte nicht nur über Cat Bonds, sondern zum Beispiel auch über die Gründung von durch Private-Equity-finanzierten Rückversicherungsgesellschaften und drückte die Risikoprämien sehr rasch wieder auf niedrige Niveaus.

 

 

Bisher fehlen jedoch die Anzeichen, dass sich dieses Szenario im aktuellen Marktumfeld wiederholt. Dagegen spricht, dass sich nicht nur der Zugang zu neuem Kapital durch den deutlichen Zinsanstieg merklich verteuert hat, es bieten sich auch vielfältig andere Investitionsmöglichkeiten, nach den teilweise erheblichen Kursrückschlägen auf traditionellen wie auch alternativen Anlageklassen. Die hohe Schadenslast aufgrund der Naturkatastrophen der vergangenen fünf Jahre lässt zudem viele Investoren, die noch nicht vertraut mit Cat Bonds sind, eher zurückhaltend agieren.

Nicht zuletzt haben viele Investoren, die bereits in Cat Bonds investiert sind, hohe Kursverluste auf traditionellen Portfoliopositionen erlitten, so dass die Allokation zu Cat Bonds immer noch sehr hoch ist und nicht weiter ausgebaut werden kann. Ferner besteht ein inflationsgetriebener, deutlicher Anstieg der versicherten Werte und damit ein steigendes Absicherungsbedürfnis. Die Expansion des Cat-Bond-Marktes in neue Risiken dürfte ebenfalls ein hoher Bedarf an Rückversicherungskapazität erzeugen. Ablesbar ist dies unter anderem auch daran, dass immer neue Versicherungen den Weg des Risikotransfers an den Kapitalmarkt über Cat Bonds als Ergänzung zu ihrem bestehenden Rückversicherungsprogramm wählen und sich somit strategische Alternativen zu traditioneller Rückversicherung schaffen.

Diese Nachfrage nach Rückversicherungsdeckung trifft auf einen gebremsten Zufluss an neuem Risikokapital, was dazu führen sollte, dass das Risikoprämienniveau auch auf mittlere Sicht hoch und damit attraktiv bleibt. Cat-Bond-Investments bieten Anlegern einen liquiden, transparenten und hoch regulierten Zugang, um von den attraktiven Konditionen am Rückerversicherungsmarkt zu profitieren, die noch nie so hoch waren wie heute.

Über den Autor:
Dirk Schmelzer ist Partner und Senior Fondsmanager bei Plenum Investments. Zuvor war er Leiter des ILS Fondsmanagements bei der Falcon Private Bank. Davor arbeitete er in der Fonds-Recherche des VZ Vermögens Zentrums.

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