private banking magazin: Frau Pötsch-Hennig, Sie haben 2023 die Leitung der deutschen Private Bank übernommen. Wie agnostisch sind Sie an Ihre neue Aufgabe herangegangen?
Caroline Pötsch-Hennig: Natürlich habe ich Ideen mitgebracht – aber ich wollte erstmal verstehen, was das Team hier aufgebaut hat und was J.P. Morgan und die Private Bank ausmacht.
private banking magazin: Was mussten Sie verstehen lernen?
Pötsch-Hennig: Ich hatte den Vorteil, in ein sehr erfahrenes Team zu kommen. Mein Vorgänger (Håkan Strängh, Anm. d. Red.) hat das Geschäft mit vermögenden Kunden für J.P. Morgan über 15 Jahre in Deutschland erfolgreich aufgebaut, fast alle seiner damaligen Mitstreiter sind noch heute an Bord. Die ersten Monate wollte ich vor allem lernen: Das Team kennenlernen, die Bank verstehen, Kunden in Einzelterminen besuchen. Parallel habe ich mich international vernetzt, war in New York und London und habe mich eng mit meinen europäischen Kollegen ausgetauscht. Deutschland zählt zu unseren wichtigsten Wachstumsmärkten.
„Die Vermögensverteilung in Deutschland ist faszinierend“
J.P. Morgan hat kürzlich einen Standort in München eröffnet. War das Ihre Initiative?
Pötsch-Hennig: Die Bank hatte diesen Schritt schon länger im Blick. Gerade, weil Deutschland so ein wichtiger Markt ist. Die Vermögensverteilung in Deutschland ist faszinierend: Ein erheblicher Teil des Vermögens sitzt nicht in den Ballungszentren. Oft sind es drei, vier Stunden Fahrt in eher ländliche Regionen wie Ostwestfalen oder Baden-Württemberg. Die Idee war, sich mit neuen Standorten noch stärker regional in Deutschland zu verwurzeln, Reisezeiten zu verkürzen und neue Talente zu finden. Das ist eine Idee, die ich so teile und die ich auch ins Unternehmen mitgebracht habe. München war da ein logischer nächster Schritt. Der Standort ist auch für unser Corporate Banking gedacht. Es ist Teil unserer umfassenderen, langfristigen Strategie, die Präsenz unseres gesamten Geschäfts lokal auszubauen.
Könnte etwa Hamburg der übernächste Schritt sein – auch wenn das Corporate Banking nicht mitzieht?
Pötsch-Hennig: Wir denken langfristig, gehen aber Schritt für Schritt vor. Erst muss München funktionieren. Aber ja, der Norden und der Westen sind ebenso interessante Regionen. Auch losgelöst vom Corporate Banking. Hamburg, und Nordrhein-Westfalen gehören zu den vermögendsten Regionen Deutschlands, also schauen wir auch in den Norden und den Westen. Und wie bereits von unserem Vorsitzenden und Geschäftsführer, Jamie Dimon, angekündigt, wird Berlin letztendlich der Sitz unserer Privatkundenbank in der Europäischen Union sein.
Auch Ihr Vorgänger hat die Langfristigkeit des Geschäfts betont. Welche langfristigen Pläne wollen Sie für die deutsche Private Bank anschließen?
Pötsch-Hennig: Zunächst möchten wir das Team erweitern und suchen aktuell Berater für beide Standorte – Frankfurt und München. Und wir wollen uns auch im Kundenprofil breiter aufstellen.
J.P. Morgan galt hierzulande lange als Bank für Vermögen im dreistelligen Millionenbereich. Jetzt öffnen Sie sich für andere Klientel?
Pötsch-Hennig: Natürlich haben wir in der Vergangenheit überwiegend Unternehmerfamilien und Family Offices mit sehr großen Vermögen betreut. Aber unser Fokus wird breiter: Unternehmer, die noch selbst investieren, Private-Equity-Partner, Vorstände, erfolgreiche Anwälte. Auch Tech-Gründer nach ihrem ersten Exit.
„Wir sind darauf vorbereitet, Kunden in einem breiten Spektrum zu betreuen – von Privatpersonen bis hin zu Family Offices“
Was bedeutet „breiter“ konkret - wie weit gehen Sie in der Mindestanlage nach unten? Sie haben Chase als Berliner Retail-Bank ja schon angesprochen.
Pötsch-Hennig: Wir sind darauf vorbereitet, Kunden in einem breiten Spektrum zu betreuen – von Privatpersonen bis hin zu Family Offices, sowie erfolgreichen mittelständischen Unternehmern: Da kommt zum liquiden Vermögen oft noch das Unternehmen hinzu, Immobilien, andere illiquide Vermögensbestandteile. Im Allgemeinen beginnen die meisten unserer Kundenbeziehungen bei etwa 10 Millionen Euro.