Gottfried Hörich von Insight Investment „Buy and Maintain hat eine andere Stoßrichtung“

Gottfried Hörich von Insight Investment im Gespräch

Gottfried Hörich von Insight Investment im Gespräch: Die Direktanlage wird für Institutionelle zunehmend schwierig Foto: Insight Investment

private banking magazin: Ist die Direktanlage von institutionellen Investoren ein Auslaufmodell?

Gottfried Hörich: Das kann man pauschal so nicht sagen, in diese Überlegung spielen viele Faktoren rein. Dennoch stellt sich für viele im aktuellen Umfeld aber die Frage, ob der Ansatz noch weiter sinnvoll ist. Ein Beispiel: Der institutionelle Investor ist ja seit längerem verpflichtet, eigene Kreditanalysen durchzuführen. Nun ist es so, dass einerseits die Ressourcen im eigenen Haus schon immer relativ gering waren. Über die Jahre sind andererseits aber die Aufgaben für die eigenen Rentenexperten zunehmend komplexer geworden. Das herkömmliche Anleihe-Universum, meist europäische Investment-Grade-Anleihen, reicht für die aus den Verbindlichkeiten benötigten Renditen nicht mehr aus.

Wie groß ist die Not mittlerweile?

Hörich: Die Lücke zwischen der aktuellen Marktrendite und den Verbindlichkeiten von Lebensversicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerken beträgt mittlerweile rund 2,5 Prozent. Ein Blick auf die Rentenmärkte offenbart dann schnell die Quelle des Dilemmas: Im Jahr 2014 gab es weltweit keine Investment-Grade-Anleihe, die unter null rentierte. Heute sind es bereits 25 Prozent. 10-jährige Bundesanleihen notieren ebenfalls seit geraumer Zeit negativ. Und wir haben in Europa eine relativ flache Zinsstrukturkurve, wodurch Investoren auch mit längeren Laufzeiten kein Land gewinnen. Mit jedem weiteren Jahr, in dem diese Lücke besteht oder sogar größer wird, wird die Frage virulenter, mit welchen Rezepten man dem Problem beikommt. Hinzu kommen weitere Herausforderungen: Die Verantwortlichen der Direktanlage sehen sich einer zunehmend geringeren Liquidität gegenüber. Und zwar nicht erst beim Verkauf, das ist das Risikoszenario für Stressmärkte, sondern schon beim Kauf von Rentenpapieren. Und künftig kommt dann noch das ESG-Thema auf sie zu.

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Heißt, man muss kreativer werden.

Hörich: Mit den traditionell gedachten Renten-Investments wird es künftig jedenfalls nicht noch gehen. Deswegen wird ja auch in jeder Ecke des Credit-Marktes nach einer auskömmlichen Rendite bei erträglichem Risiko geschaut. Dabei geht es dann fast immer um die Ertragsquellen der Illiquidität oder Komplexität. Dazu braucht man aber sehr spezielle Expertise, zusätzliche Analysen, mehr Zeit und damit mehr Ressourcen. Das ist der eine Weg.

Den viele gehen.

Hörich: Das stimmt. Viele gehen die Risikokurve ein bisschen raus, um damit einen höheren Ertrag zu erzielen. Dabei sorgt die Zentralbank mit ihrer Geldpolitik dafür, dass sich Risiken zum großen Teil vereinheitlichen und sich damit die Spreads angleichen. In diesem Marktumfeld steigen auch die Herausforderungen für aktive Asset Manager, sich zu bewähren. Mit einer immer geringeren Ertragserwartung werden andererseits die Kosten für institutionelle Investoren immer wichtiger, und nicht wenige werden deshalb zu passiven Anlegern und machen sich zum Sklaven eines Index.

Sie sind also kein Freund von Index-Investments.

Hörich: Ich habe große Sympathie damit, die Kosten ins Auge zu nehmen. Aktive Asset Manager haben zwar dieselben Kosten wie vor zehn Jahren zu tragen, vielleicht sogar leicht höhere, weil die Kreditanalyse auch für sie aufwändiger geworden ist. Einem Anleger kann man aktuell aber nur sehr schwer vermitteln, dass er ein Drittel oder ein Viertel seiner Rendite an den Manager abgeben muss. Investoren, die zu passiven Investments wechseln, akzeptieren die Charakteristika der Indizes, nämlich einer relativen hohen Umschlagshäufigkeit durch Neuemissionen, Neubewertungen oder Downgrades – was eigentlich zum ursprünglichen Gedanken einer Rentenanlage, Buy and Hold, hohe Sicherheit und der Zugriff auf den Zinskupon, nicht passt. Renten-Indizes allokieren zudem blind nach einer Marktkapitalisierung, bei der die großen Schuldner mehr und die kleinen weniger Fremdkapital bekommen. Das kann man hinnehmen, aber genauso auch hinterfragen.


Und der andere Weg?

Hörich: Ich verändere als Anleger die Art und Weise wie ich investiere. Und das setzt direkt an die Frage an, ob meine Direktanlage in der gewohnten Struktur noch Sinn ergibt. Was, wenn man die Direktanlage rausgibt, man sich Unterstützung holt. Denn es fehlt vermehrt an Information zu Themen wie der Kreditwürdigkeitsprüfung oder neuerdings dem nachhaltigen Investieren. Interessanterweise wird dieser Strukturwandel oft durch personelle Veränderungen im Direktanlage-Team losgetreten, wenn bei einigen Mitarbeitern der Ruhestand vor der Tür steht. Dadurch ist eine Organisation deutlich freier, dass Thema und seine Strukturen ganz neu anzupacken. Wir wollen also den Gedanken der Direktanlagen nicht hinterfragen, sondern vielmehr in der Symbiose mit einem Asset Manager zukunftsfähiger machen.

Sie nennen den sich ergebenen Investmentstil „Buy and Maintain“. Was ist daran so spannend?

Hörich: Buy and Maintain hat eine ganz andere Stoßrichtung als ein aktiver oder passiver Rentenmanager. Nicht das Anlageuniversum eines Index ist das Nonplusultra, sondern die zentrale Frage, was mir hilft, mein Ziel zu erreichen. Und das ist oftmals die Aufgabe, die Seite der Verbindlichkeiten abzubilden. Diese grundsätzlich andere Herangehensweise lässt im Ergebnis auch völlig andere Portfolios entstehen. Als Anbieter bringt man dann die ganze Breite des Research und der Kreditanalyse ein. Das ist wesentlicher Bestandteil des Mehrwerts von Buy and Maintain.