Spezifische Anforderungen
Letztlich handelt es sich bei Büroimmobilien für ein Unternehmen um einen elementaren Produktionsfaktor. Die konkrete Entscheidung für oder wider eine spezifische Betriebsstätte sollte sich daran orientieren, ob der durch diese Entscheidung zusätzlich erwartete Gewinn im Vergleich zu jeder anderen Alternative höher oder niedriger ausfällt. Dies klingt trivial, doch leider sind hinter dieser Aussage eine ganze Reihe von Managemententscheidungen verborgen, über die aktuell vergleichsweise wenig diskutiert wird.
Handelt es sich bei dieser Gewinngröße um den kurzfristig erzielbaren Zusatzgewinn, zum Beispiel den Gewinn innerhalb eines Jahres oder wird eine diskontierte Größe aus vielen Jahreszusatzgewinnen maximiert? Entsteht der Effekt eher aus Umsatzzuwächsen oder aus Kostensenkungen oder aus einer Mischung aus beiden und ließen sich diese Effekte gegebenenfalls auch durch andere Maßnahmen realisieren? Diese Frage ist wichtig, da Kostensenkungen häufig verlässlicher geschätzt werden können als Umsatzveränderungen. Hängt das Ergebnis von politischen Rahmensetzungen ab oder gegebenenfalls vom Fehlen solcher Rahmensetzungen?
Konkreter: Natürlich könnten die Kosten für ein Unternehmen sinken, wenn ein Unternehmen weniger Bürofläche anmieten muss und die Mitarbeiter ihre private Wohnfläche in den Dienst des Unternehmens stellten, sprich, wenn die Privatwohnung zu einem Betriebsmittel würde. Das Unternehmen würde ja auch Geld sparen, wenn wir unsere privaten Rechner oder Drucker zur Arbeit mitbrächten. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Gesetzgeber diese Auslagerung dauerhaft toleriert.
Aktuell müssen bei Telearbeitsplätzen, gemäß der Arbeitsstättenverordnung für arbeitsvertraglich vereinbarte Telearbeitsplätze, strengere Vorgaben hinsichtlich Sicherheit und Arbeitsplatzanforderungen eingehalten werden als bei mobilen Arbeitsplätzen. Dies lädt regelrecht zu regulatorischer Arbitrage ein und dürfte mittelfristige Regeländerungen bewirken. Dann könnten Regeln hinsichtlich Arbeitssicherheit oder der steuerlichen Behandlung dieser Betriebsmittel verschärft werden. Es ist nachvollziehbar, dass im Zuge der Pandemie mehr toleriert wurde als langfristig zu erwarten wäre. Krisenzeiten sind keine Zeiten für Erbsenzähler.
Die Kosten dürften auch nur dann sinken, wenn keine zusätzlichen Transaktionskosten in Form weiterer Abstimmungen, vermehrter Kontrollen oder daraus folgend höherer Ausgaben für Fehlerkorrekturen entstehen. Es ist plausibel, dass die Phase sehr großer Unsicherheit während des Lockdowns kein hinreichender Verhaltensproxy für Mitarbeiter und Führungskräfte für hoffentlich zukünftige Normaljahre darstellt.
Mitarbeiter könnten in entspannten Jahren ihre Handlungsspielräume stärker ausnutzen als während der Phase hoher Arbeitsplatzunsicherheit, und Führungskräfte könnten sich unwohler mit dem möglicherweise empfundenen Macht- und Kontrollverlust fühlen als während der Ausnahmephase. Der Erfolg von Homeoffice hängt dann nicht nur von technischen Parametern wie Raum- und IT-Verfügbarkeit ab, sondern wahrscheinlich noch viel stärker davon, welche Mentalitäten und welche konkreten Tätigkeiten in einem Team vorliegen und erbracht werden müssen.