Brexit-Referendum „Die Vernunft dürfte siegen“

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Nach der Stärkung der britischen Position innerhalb der EU kann Cameron nach eigenem Bekunden nun glaubwürdig die Yes-Kampagne vertreten. Für ihn wird es nun darum gehen, die Gipfel -Ergebnisse innenpolitisch als den größtmöglichen Erfolg zu verkaufen. Eingefleischte EU-Gegner wird das Verhandlungsergebnis sicher nicht umstimmen.

Entweder brandmarken sie das Ergebnis als zu gering oder sie stellen gleich die ursprünglichen Forderungen Camerons als zu unambitioniert dar. Wichtiger ist damit der Fokus auf die immer noch große Zahl unentschlossener Bürger, die bei rund 20 bis 30 Prozent der Wahlberechtigten liegen dürfte.

In Umfragen deutet sich an, dass viele von ihnen für einen Verbleib in der EU stimmen würden, wenn sie die Position Großbritanniens innerhalb der EU als gestärkt ansehen könnten. Davon muss Cameron sie nun überzeugen. Wenig hilfreich ist allerdings, dass ihm aus der eigenen Partei Gegenwind entgegenschlägt. Nach Aufhebung des Fraktionszwanges sprechen sich rund ein Fünftel seiner Kabinettsmitglieder für einen Brexit aus.

Prominente Brexit-Befürworter

Auch der Londoner Bürgermeister Boris Johnson, beliebtester Politiker des Landes, hat sich auf die Seite der Brexit-Befürworter geschlagen. Die No-Kampagne, die ohnehin finanziell gut ausgestattet ist und professionell aufgezogen wurde, hat damit einige prominente Unterstützer, was ihr einiges Gewicht verleiht.

Es ist auch zu hoffen, dass es gelingt, die Flüchtlingskrise vom Thema der Immigration aus EU-Mitgliedsländern zu trennen. Denn das Oberthema Immigration treibt die Briten Umfragen zufolge am stärksten um. Wenn die Flüchtlingsströme ab dem Frühjahr wieder zunehmen, könnte dies auch die EU-Debatte negativ beeinflussen. Damit ist das Referendum kein Selbstläufer für die Yes-Kampagne.

Wir gehen dennoch davon aus, dass sich die Mehrheit der Briten für den Verbleib in der EU ausspricht. Hier sollte die rationale wirtschaftliche Vernunft über das britische Nationalgefühl und den Wunsch, selbstbestimmter zu sein, siegen. Bis dahin muss Cameron als Galionsfigur der Yes-Kampagne seine Mitbürger aber noch deutlich von den Vorteilen der EU-Mitgliedschaft überzeugen.


Über die Autorin:
Katrin Löhken arbeitet seit April 2007 als Analystin in der Volkswirtschaft des Bankhauses Sal. Oppenheim. Ein Schwerpunkt ihres Aufgabengebietes ist die Beobachtung der Konjunktur und Geldpolitik Großbritanniens sowie von Italien und Spanien.

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