Keine Frage, Fixed Income ist für institutionelle Anleger derzeit von hoher Attraktivität. Was die Frage aufwirft, ob Immobilien im Vergleich ein lohnendes Investment sind. Lediglich auf ihre klassischen Qualitäten – geringe Volatilität und eine stabile Wertentwicklung – zu verweisen, greift zu kurz. Was gerade jetzt eine Immobilienallokation nahelegt, ist die Tatsache, dass wir uns am Ende einer Korrekturphase befinden. Es gilt also, antizyklisch zu agieren, um am Aufwärtstrend zu partizipieren.
Passt die Diversifikation innerhalb der Nutzungsarten und die Immobilienquote zum Risikoprofil des Investors, kann das Gesamtportfolio von der Beimischung bei gleichzeitiger Reduzierung der Fixed-Income-Allokation profitieren – durch steigende Performance und sinkende Volatilität.
Führend im 5-Jahres-Ausblick: Hotellerie und Logistik
In der Nutzungsart Hotel ist ein durchweg positives Sentiment zu verzeichnen, da dort nach dem coronabedingten Einbruch eine Gegenbewegung stattfindet. Diese resultiert aus dem Rebound im Tourismussektor, der nicht nur in ein Wiederaufleben, sondern auch in ein Wachstum über die vorherigen Niveaus hinaus mündet. Nicht zuletzt, seit auch China zum normalen Leben zurückgekehrt ist, wenngleich mit bislang schmalerem Reisebudget als vor Covid-19.
In der Nutzungsart Logistik wird die zunehmende Verknappung zum verlässlichen Treiber. EU-Richtlinien zum Flächenverbrauch und zum Schutz der Biodiversität führen zu einer Begrenzung der verfügbaren, ergo bebaubaren, Landmenge. Während die „grüne Wiese“ zunehmend passé wird, bleibt der E-Commerce trotz des postpandemischen Rückgangs eine verlässliche Größe – auch weil diesbezüglich nicht alle europäischen Märkte gesättigt sind.
Bausteine mit Potenzial: Healthcare und Retail
Angesichts des demografischen Wandels bietet das Segment Healthcare ein hohes Wachstumspotenzial, erfordert bei der Auswahl jedoch Fingerspitzengefühl. Viele Pflegeeinrichtungen operieren unter knappen Budgets für Infrastruktur, Personalentwicklung und neue Technologien. Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Das spiegelt sich in einem momentanen Anstieg der Spitzenrenditen wider, doch der langfristige Trend ist ungebrochen.

Einen deutlichen Erholungseffekt verzeichnet derzeit der Einzelhandel. Bei innerstädtischen Geschäftshäusern ist die Talsohle bei den Spitzenrenditen durchschritten – sowohl durch die Normalisierung der Online-Nachfrage als auch durch neue, flexiblere Flächenkonzepte. Licht am Horizont sehen wir auch bei Einkaufszentren an der Peripherie. Das Revival, das Shoppingcenter derzeit in den USA erleben, wird mancherorts auch in Europa stattfinden. Nicht nur, weil überall an neuen Konzepten mit Service-Hubs und einem höheren Anteil an Gastronomie- und Gesundheitsangeboten gearbeitet wird, sondern auch, weil der Trend zum Homeoffice den Weg in die Innenstadt oftmals überflüssig machen wird.
In den Nutzungsarten Büro und Wohnen ist derzeit eine Stabilisierung der Nettoankaufsrenditen zu beobachten – in letztgenannter Assetklasse mit einiger Verzögerung bis ins Jahr 2025, da das allgemeine Zinsniveau weit über den Wohninvestmentrenditen liegt. Die Stärken des Segments manifestieren sich in der geringen Mieterfluktuation, dem stetigen Mietwachstum und der hohen, zyklusunabhängigen Nachfrage und damit im Langfrist-Charakter. Ob Büroimmobilien aktuell Spitzenrenditen erzielen und somit einen positiven Impact auf den Total Return haben, hängt in hohem Maß von ihrer Lage sowie der Qualität und dem Nachhaltigkeitsgrad der Immobilie ab.
Perspektivisch wertvoll: den Bestand neu denken
Ein gutes Investment-Fenster ergibt sich derzeit für Value-Add-Immobilien, da angesichts der steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen in den kommenden Quartalen zahlreiche nicht revitalisierte Objekte auf den Markt kommen werden. Diese gilt es nicht isoliert zu betrachten, sondern im Kontext mit ihrem Umfeld weiterzuentwickeln, etwa im Hinblick auf Nachbarschaft, Grünanlagen, eine resiliente Infrastruktur und auch Umnutzung in Bildungseinrichtungen. Durch ein Immobilieninvestment in die sogenannte soziale Infrastruktur können Anleger nicht nur dem Investitionsstau auf Kommunal- und Länderebene entgegenwirken, sondern auch den eigenen hohen ESG-Anforderungen gerecht werden.
Quer durch alle Nutzungsarten kommt der Werteverfall der zurückliegenden Quartale allmählich zum Stoppen. Wie unsere Analysen zu den Zentralbank-Reaktionen auf Zins-Peaks zeigen, ist parallel zur sinkenden Inflation mit einem sich stabilisierenden und später im Jahresverlauf 2024 auch nachgebenden Zinsumfeld zu rechnen. Angesichts der geopolitischen Spannungen in aller Stringenz zwar unter Vorbehalt. Doch in Erwartung eines wieder anspringenden Transaktionsmarktes ist eben auch die Überzeugung für das richtige Timing gefragt. Und das Momentum ist jetzt.
Über den Gastautor:
Thomas Kotyrba ist Leiter für Research und Strategie bei BNP Paribas Real Estate Investment Management. Er arbeitet seit etwa acht Jahren für das Immobilienunternehmen. Seine berufliche Laufbahn begann er bei der Kanam Grund Kapitalverwaltungsgesellschaft.