Bilanz-Check Warburg-Gruppe schließt 2018 erstmals mit Verlust ab

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Zusammenfassend lässt sich jedoch festhalten, dass auch 2018 allen voran durch die dargestellten Einmaleffekte Schwachstellen des Konzerns erneut möglicherweise noch nicht vollständig sichtbar wurden. Dies ist umso besorgniserregender, da Warburg bereits 2017 und 2016 im großen Stil an seine Reserven gegangen ist, um sein Ergebnis zu stützen. Das untermauert die Vermutung, dass einige operative Geschäftsfelder seit Jahren keine schwarzen Zahlen mehr schreiben. 

Der Warburg-Konzern scheint mit seiner Umstrukturierung und dem Versuch der Neupositionierung einen strategischen Effizienzplan im Blick zu haben. Insbesondere im Private Banking und Asset Management prüft das Haus Strukturen, Prozesse, Systeme und eine Verzahnung der Einheiten fortlaufend und nimmt Anpassungen vor. Operativ stellt sich jedoch kritisch die Frage, inwiefern es in der Zukunft gelingen kann, Erträge und Kosten nachhaltig in ein zufriedenstellendes Verhältnis zu bringen.

Dazu müssten vor allem die Provisionserträge substantiell steigen, was jedoch in einer Markt- und Wettbewerbssituation, in der auch alle anderen Banken nach einer Steigerung ihrer Provisionserträge streben, eine große Herausforderung darstellt. Andererseits könnte die Privatbank versuchen, ihre Prozesseffizienz zu steigern. Zukunftsweisend könnten dabei die Fortführung des bereits von Warburg eingeschlagenen Weges der digitalen Transformation von Geschäftsprozessen und weitere gezielte Kooperationen sein. Innovative Angebote wie der erfolgreiche Robo-Advisor Warburg Navigator als digitale Vermögensverwaltung, das digitale Angebot rund um die Multibanking- und Family-Office-App Ownly sowie die Einbettung von sozialen Medien könnten nicht nur zur angestrebten Prozessoptimierung, Effizienzsteigerung und der Einsparung variabler Kosten beitragen, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des operativen Geschäftes sicherstellen.

Bei allen denkbaren Maßnahmen sollte jedoch auf der grundsätzlich guten Positionierung als vertrauensvolle Bank für den deutschen Mittelstand aufgebaut werden. Dies ist umso herausfordernder, da im Kontext der bereits mehrfach erhobenen und bislang immer dementierten Vorwürfe um illegale Cum-Ex-Geschäfte nun ein Prüfbericht der Finanzaufsicht Bafin die Warburg-Bank mit dem Verdacht der besonders schweren Steuerhinterziehung belastet. Neben einem erheblichen Reputationsverlust und im schlimmsten Fall sogar Strafverfolgung wäre ebenfalls der zusätzliche Kapitalbedarf für etwaige Steuernachforderungen, die in der Presse auf bis zu 89 Millionen Euro geschätzt werden, mehr als problematisch.

Auffällig ist ebenso, dass Warburg bereits eine Rückstellung für operationelle Risiken in Höhe von rund 45 Millionen Euro gebildet hat, welche betragsmäßig den nicht verjährten Steuer- und Zinsforderungen der Jahre 2010 und 2011 entspricht. Da jedoch der Prüfbericht nicht öffentlich ist, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch unklar, ob es überhaupt zu einer Anklage und einem Prozess kommt. Jedoch ist die Härte und Intensität der Dementis sogar für diese Cum-Ex-Debatten, die in der Finanzbranche allgemein heftig ausfallen, außergewöhnlich. Aktuell prozessiert Warburg nicht nur gegen die Bafin wegen der Beauftragung von Deloitte – die den umstrittenen Prüfbericht erstellt haben – wegen angeblicher Befangenheit, sondern auch gegen die Deutsche Bank, indem sie Schadensersatz und Haftung für eventuelle Steuernachzahlungen fordert.

Somit wird das Geschäftsjahr 2019 nicht nur für die deutsche Wirtschaft und den Bankensektor ein erneut herausforderndes Jahr, das geprägt sein wird von Wandel, Zukunftstechnologien und verschärftem Wettbewerb, sondern insbesondere für M.M. Warburg & CO Es wird richtungsweisend sein, ob und wie sich die strategischen Änderungen auszahlen, wie sich die Gruppe weiterhin positioniert und inwieweit es Warburg gelingt, den Turnaround im Jahresergebnis kurzfristig zu erreichen.


Über die Autoren:

Stefanie Hehn-Ginsbach lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen am Rhein als Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Corporate Finance & Kapitalmarkttheorie. Sie war von 2005 bis 2018 im Deutsche-Bank-Konzern tätig und bekleidete dort mehrere Führungspositionen im In- und Ausland.

Gösta Jamin lehrt an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein als Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre. Zudem begleitet er als Berater Banken, Fintechs und andere Finanzdienstleister bei Projekten der digitalen Transformation.

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