Bilanz-Check Bethmann Bank muss Kosten und Erträge in Balance bringen

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Operativ stellt sich für die Bethmann Bank, die sich vornehmlich um die Vermögensverwaltung privater Kunden mit Anlagen ab 500.000 Euro ausgerichtet hat, also die Frage, inwiefern es in der Zukunft gelingen kann, Erträge und Kosten wieder in ein nachhaltig auskömmliches Verhältnis zueinander zu bringen. Das könnte sie einerseits durch überproportional steigende Erträge erreichen, was aber in einer Markt- und Wettbewerbssituation, in der auch alle anderen Privatbanken nach einer Steigerung ihrer Provisionserträge streben, sicher eine große Herausforderung darstellt. Strategisch will Bethmann dies über Wachstum erreichen, konkret über einen signifikanten Anstieg des verwalteten Vermögens.

Auch wenn die Bank 2018 bereits respektable Nettomittelzuflüsse in Höhe von rund 370 Millionen Euro in einem durchaus schwierigen Börsenumfeld erzielte, erscheint dieses Ziel in einem stark umkämpften Markt ambitioniert. Aktuell beläuft sich das verwaltete Vermögen auf mehr als 37 Milliarden Euro. Nach eigenen Angaben eröffnet Bethmann als strategischen Schritt und um Erhöhung seiner Marktanteile in der Vermögensverwaltung im Januar 2020 einen neuen Standort im bayerischen Würzburg und will so aus eigener Kraft organisch wachsen.

Andererseits und zusätzlich könnte Bethmann versuchen, seine Prozesseffizienz signifikant zu erhöhen, um damit Kosten zu senken. In einem kleineren Haus mit weniger als 500 Mitarbeitern in aktuell noch zwölf Niederlassungen ist das Profitieren von Skaleneffekten jedoch begrenzt. Möglichkeiten ergeben sich durch eine konsequente Digitalisierung von Geschäftsprozessen und durch eine gezielte Zusammenarbeit mit externen Partnern.

Am Beispiel von Bethmann wird die Grundproblematik der ganzen Private-Banking-Branche deutlich, die sich auch anhand der Analyse der Zahlen der anderen Institute erkennen lässt. Trotz eines seit zehn Jahren laufenden Bullenmarkts mit starkem kapitalmarktgetriebenem Wachstum der Assets under Management (AUM) sind die Institute nur noch marginal profitabel, und das auch nur durch Sondereffekte. Sollte es zu einer deutlichen Korrektur an den Märkten kommen, rutschen einige Player in die roten Zahlen. Um dieser Falle zu entkommen, versuchen Banken immer noch durch das Einstellen von Kundenbetreuern vom Wettbewerb Wachstum einzukaufen, siehe auch der Aufbau des Standorts Würzburg durch Bethmann mit von der Fürstlich Castell’schen Bank abgeworbenen Mitarbeitern.

Die Problematik einer solchen Strategie ist, dass die Kundengelder häufig nicht in dem Maße mitwandern wie erwartet und gleichzeitig die Personalkosten der ganzen Branche ansteigen. Zukunftsweisender wäre ein kreatives Nachdenken darüber, wie insgesamt mehr Geld in Deutschland von Sichteinlagen in Wertpapieranlagen transferiert werden kann. Bei einem Geldvermögen von aktuell 6,2 Billionen Euro, davon 2,5 Billionen Euro in Sichteinlagen und nur 1,2 Billionen Euro in Wertpapieren gibt es hier ein gigantisches Potenzial. Dies würde nicht nur bei der Steigerung der Provisionserträge helfen, sondern auch die an die Zentralbank zu entrichtenden Negativzinsen für Gelder in der Einlagenfazilität senken.



Über die Autoren:
Stefanie Hehn-Ginsbach lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen am Rhein als Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Corporate Finance & Kapitalmarkttheorie. Sie war von 2005 bis 2018 im Deutsche-Bank-Konzern tätig und bekleidete dort mehrere Führungspositionen im In- und Ausland.

Gösta Jamin lehrt an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein als Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre. Zudem begleitet er als Berater Banken, Fintechs und andere Finanzdienstleister bei Projekten der digitalen Transformation.

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