Bilanz-Check Berenberg schafft 2019 den Turnaround

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Eine Analyse der Ertragslage und damit der Herkunft des Jahresüberschusses offenbart, dass das Rekordergebnis der Privatbank im Wesentlichen auf eine positive Entwicklung der Erträge (Anstieg von 6,4 Prozent gegenüber 2018) zurückzuführen ist. Ins Auge fällt dabei zunächst der Provisionsüberschuss, der mit einer Steigerung um 28 Prozent gegenüber 2018 auf 355,5 Millionen Euro im Jahr 2019 ein historisches Rekordniveau und eine erfreuliche Ergebnis-Attribution darstellt.

Ebenso überraschend ist die Steigerung des Zinsüberschuss von 53,1 Millionen Euro aus dem Vorjahr um 19,4 Prozent auf 63,4 Millionen Euro im Berichtsjahr; während diese Zinsergebnisquelle im gesamten Bankenmarkt aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes und der im Jahresverlauf 2019 sogar negativen EZB-Einlagenzinsen von minus 0,5 Prozent erheblich unter Druck ist, konnte Berenberg diese insbesondere dank Warehousing von Krediten im Corporate Banking und Zinserträgen aus eigenen Wertpapieren der Liquiditätsreserve mit hohem Kupon sogar steigern.

Diese Ertragslage ist nicht nur bezogen auf das Berichtsjahr sehr positiv, sondern auch für die Zukunft vielversprechend. Denn 2019 konnte Berenberg sein Verhältnis von Provisions- zu Zinsüberschuss von mehr als 5:1 (Vorjahr zirka 4:1) sogar weiter ausbauen, was in der Bankenbranche ein außergewöhnlicher Wert ist und dem Institut in Zeiten der Niedrigzinsphase bei der Stabilisierung der Erträge hilft. Das rentable Wertpapiergeschäft und die starke Fokussierung auf das Corporate Banking und Investment Banking tragen wesentlich zur hohen Bedeutung der Provisionen bei.

Im Handelsergebnis hingegen erlitt Berenberg 2019 gegenüber dem Vorjahr deutliche Rückgänge. Das Nettoergebnis aus Handelsgeschäften sank um 17 Prozent auf nur noch 15,7 Millionen Euro, was jedoch aufgrund der starken Fokussierung der Privatbank auf aus provisionstragenden Dienstleistungen nur einen vernachlässigbaren Einfluss auf das Gesamtergebnis hat und so nicht deutlich negativ zu Buche schlägt.  

Erstes Fazit

Alles in allem ist die gesamte Ertragslage in 2019 also sehr positiv zu beurteilen, insbesondere da im Berichtsjahr kein einmaliger Sondereffekt zum Ergebnis beigetragen hat, sondern dies einzig der operativen Geschäftstätigkeit zu verdanken ist. Die Sonstigen betrieblichen Erträge betrugen 2019 nur noch 8,8 Millionen Euro. Im Vorjahr sah dies ganz anderes aus: 2018 konnte nur durch die Sondererträge in Höhe von 51,6 Millionen Euro aus dem Verkauf der Berenberg Bank (Schweiz) AG ein positiver Jahresüberschuss erzielt werden.  

Im Bankensektor gilt die Kostenseite seit mehreren Jahren als kritischer Erfolgsfaktor. Die meisten Privatbanken stabilisieren nur über einen stringenten Kostensenkungskurs ihre Jahresergebnisse. Kostenseitig verdient Berenberg zwar auch Lob, dies aber verhaltener als es die eingeleitete tiefgreifende Restrukturierung erwarten ließe. Schlankere Strukturen ermöglichten 2019 einen Rückgang der Personalaufwendungen um 5,8 Prozent auf 212,9 Millionen Euro bei einer Reduktion der Gesamtanzahl der Mitarbeiter um 10 Prozent auf nur noch 1.482. Neben deutlichen Einsparungen bei Sachaufwendungen konnten so die Verwaltungsaufwendungen einschließlich Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Anlagewerte 2019 um 7 Prozent deutlich auf insgesamt 345,8 Millionen Euro gedrückt werden.

Die Cost-Income Ratio von Berenberg konnte von 88,9 Prozent aus 2018 auf in der Branche akzeptable 79,9 Prozent in 2019 verbessert werden. Damit ist das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag noch immer nicht zurück auf dem Niveau von etwa 2017; jedoch zeigt der deutliche Rückgang gegenüber dem Vorjahr die Kostendisziplin der Privatbank. Interessanterweise ist die deutliche Verbesserung der Effizienzkennzahl (Aufwands-Ertrags-Relation) nicht, wie möglicherweise vermutet, auf den angekündigten Sparkurs und damit eine Reduktion der Gesamtaufwendungen zurückzuführen: diese waren 2019 ungefähr auf Vorjahresniveau.

Vielmehr ist es Berenberg gelungen, seine Gesamterträge im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 6,4 Prozent zu steigern, während der gesamte Bankensektor mit sinkenden Erträgen zu kämpfen hat. Dies ist umso bemerkenswerter, da das Geschäftsjahr 2018 der Berenberg Bank durch drastische Anpassungen in wesentlichen Geschäftsfeldern wie der Reduzierung der Anlageberatung zugunsten eines Ausbaus der Vermögensverwaltung sowie dem Rückbau von Aktivitäten in der Schweiz und Österreich geprägt war.