BFH-Grundsatzentscheidung in der Praxis Wie man Kunst steuerbefreit verschenken oder vererben kann

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Was gilt als Einnahme?

Üblicherweise wirft private Kunst keine Einnahmen ab. Vielmehr entstehen Kosten für Restaurierung, Lagerung und Versicherung. Das Merkmal des Kostenüberschusses bereitet daher in der Praxis in aller Regel keine Probleme. Kunstsammler sollten die Kosten hinreichend dokumentieren und die Nachweise mindestens zehn Jahre lang aufbewahren.

Unklar war bislang allerdings, ob der Gewinn aus der Veräußerung eines zu einer Kunstsammlung gehörenden Kunstgegenstandes eine relevante Einnahme darstellt. Wenn dem so wäre, würde mit der Kunstsammlung unter Umständen ein Überschuss erzielt, weshalb die Kulturgutbefreiung nicht einschlägig wäre.

Die Sammlung beziehungsweise die Kunstgegenstände müssen darüber hinaus den Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht werden. Die Nutzbarmachung für Forschungszwecke bildet die Ausnahme. In der Regel werden Kunstgegenstände und Kunstsammlungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In Betracht kommt insofern sowohl eine Ausstellung in einem öffentlichen Museum als auch in privaten Räumlichkeiten, sofern die Bevölkerung ohne weiteres Zugang bekommt.

Große Kulturgutbefreiuung

Die große Kulturgutbefreiung gewährt für Kunstgegenstände und Kunstsammlungen eine 100-prozentige Befreiung, wenn zusätzlich zu den schon genannten drei Kriterien die folgenden zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Der Steuerpflichtige muss bereit sein, die Gegenstände den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen.

  • Die Gegenstände müssen sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie befinden oder im Verzeichnis national wertvollen Kulturguts nach dem Gesetz zum Schutz des deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung eingetragen sein.

Bislang war umstritten, was unter der Bereitschaft zur Unterstellung unter die Denkmalpflege zu verstehen ist. Schließlich müssen die Gegenstände sich entweder bereits 20 Jahre in Familienbesitz befinden oder in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts nach dem Gesetz zum Schutz des deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung eingetragen sein. Der Begriff der Familie ist weit zu fassen und umfasst auch Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und Familienstiftungen.

Unklar ist, ob bei der Ermittlung der Besitzdauer eine Kunstsammlung eine Einheit darstellt. Dies unterstellt, würde auch ein Kunstgegenstand, der sich weniger als 20 Jahre in Familienbesitz befindet, allerdings Teil der Kunstsammlung ist, in Genuss der 100-prozentigen Steuerbefreiung kommen. Fraglich ist darüber hinaus die Behandlung von Kunstgegenständen, die aufgrund ihres Entstehungsdatums denknotwendig noch keine 20 Jahre in Familienbesitz sein können.

Das BFH-Urteil

Der Entscheidung des BFH lag folgender Fall zugrunde: Ein Sohn erbte von seinem Vater 20 Kunstwerke bekannter Maler des 19. und 20. Jahrhunderts. Vier Kunstwerke befanden sich weniger als 20 Jahre vom Todeszeitpunkt des Vaters an im Besitz der Familie. Der Sohn schloss mit einem Museum einen Leih- und Kooperationsvertrag ab. Der BFH hat zu folgenden Aspekten Stellung genommen:

Öffentliches Erhaltungsinteresse:

Nach Ansicht des BFH reicht es für das öffentliche Erhaltungsinteresse aus, wenn das Museum erklärt, dass die Erhaltung der Kunstsammlung wegen ihrer Bedeutung für die Kunst im öffentliches Interesse liege und sie daher ihr Interesse bekunde, Bilder als Leihgabe zu erhalten und zur wissenschaftlichen Forschung zu bearbeiten. Der Steuerpflichtige muss also kein besonderes Gutachten vorlegen.

Dauernde Unrentabilität:

Der mit der Veräußerung eines Kunstgegenstandes erzielte Gewinn hat keinen Einfluss auf die Frage, ob ein Kostenüberschuss vorliegt. Eine Veräußerung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb lässt „nur“ die Kulturgutbefreiung für diesen Gegenstand entfallen.