Bewertung, Volumensnutzung & Co. Das Kundenbuch als Asset eines Private Bankers

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Vorsicht vor der eigenen Überschätzung

Berater neigen dazu, ihren Kundenstamm als untrennbar mit ihrer Person verwoben zu sehen. So präsentieren sie sich auch bei potenziellen neuen Arbeitgebern. Für beide Gesprächspartner ist es wichtig, den Kundenstamm heraus zu filtern, der eine Migration mitmachen würde.

Der Berater ist in einem Spannungsfeld gefangen. Einerseits möchte er sich so wertvoll und gut als möglich präsentieren und seinen Wert so hoch es geht darstellen. Andererseits läuft er Gefahr, sollte das skizzierte Bild nicht eintreffen, relativ schnell wieder auf neue Jobsuche gehen zu müssen.

Der potenzielle neue Arbeitgeber muss aus wenigen Gesprächen ein rundes Bild entwickeln, um das Risiko für die Personalentscheidung für den Kandidaten und das eigene Unternehmen abzuschätzen.

Klumpenrisiken im Kundenbuch

Der Zusammensetzung des Kundenbuches kommt eine große Bedeutung zu. Ein großes Volumen, welches zu Ramschkonditionen beraten wird, birgt ebenso große Risiken, wie ein auf wenige große Mandate ausgerichtetes Kundenbuch.

Hier gilt wie bei der Geldanlage, dass Klumpenrisiken zu vermeiden sind. Eine gesunde Streuung und Durchmischung nach Größe, Alter der Kunden und Kundengruppen ist ein gutes Fundament für eine gesunde Entwicklung.

Wegfall zweier Ertragssäulen

Der bereits erwähnte Begriff der Volumensnutzung unterlag in den vergangenen Jahren großen Veränderungen durch die Entwicklungen an den Kapitalmärkten. Jedes Kundenbuch ist anders und jeder Beratertyp ist individuell. Trotzdem lassen sich folgende allgemeine Aussagen vertreten.
  1. Vor einigen Jahren war es in Private-Banking-Einheiten noch so, dass sehr häufig ein Drittel der Erträge eines Beraters durch die Zinsmarge der Banken auf der Einlagenseite erzielt wurde. Diese liegt heute nahe Null oder ist sogar negativ.

  2. Das zweite Drittel resultierte aus der Zinsmarge im Kreditgeschäft. Dazu zählten auch Bearbeitungsentgelte. Die Kreditvergabe der Banken hat sich aufgrund mehrerer Faktoren für den Berater negativ entwickelt.

    Viele Häuser müssen infolge der häufig schwachen Eigenkapitalausstattung und den gestiegenen Auflagen für die Kreditvergabe durch die gesetzlichen Auflagen aus den Paketen unter dem Namen „Basel“ ihre Kreditvergabe ändern und reduzieren. Die Zinsmargen sind nach wie vor durch den Wettbewerb der Häuser untereinander und die extrem niedrigen Zinsen zusammengeschrumpft.

  3. Das dritte Drittel der Erträge eines Beraters kam aus dem Wertpapiergeschäft. Es war egal, ob dies eine mandatierte Vermögensverwaltung oder ein individuell beratenes Wertpapierdepot war.
Durch die massiv gesunkenen Zinsen und die daraus resultierende deutlich gesunkene Anzahl von Anlagemöglichkeiten, ist es anspruchsvoller geworden, Erträgen durch Portfolioumschichtungen und anderen Aktivitäten zu erzielen. Die hohen Schwankungen an den Kapitalmärkten und das durch Skandale stark geschwundene Vertrauen in die Branche haben diese Entwicklung verstärkt.

Hinzu kommt, dass viele Häuser das klassische Wertpapierberatungsgeschäft aus betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Gründen nicht mehr anbieten.

Die Unternehmen stehen vor der Wahl, ob sie diese Margen-Erosion in Kauf nehmen und sich darauf einrichten oder ob sie alt bekannte Beratungsfelder neu erschließen und konsequent bedienen werden. Das Ziel ist es, unternehmerische Beteiligungen, Finanz- und Erbschaftspläne, Versicherungen, Immobilienvermittlungen und andere ertragsstarke Produkte zu verkaufen.

Der Spagat zwischen einer dem Kunden mehrwertbringenden qualitativ und quantitativ hochwertigen sowie individuellen Beratung und dem Verkaufsdruck für einzelne Produktziele wird immer größer. Die Unternehmen unterscheiden sich hier differenziert. Diese Entwicklung gilt es für die Berater und die Kunden aufmerksam zu beobachten.