Dem Streben anch Reichweite steht der Anspruch von Exklusivität entgegen. Laut der Beratungsgesellschaft Zeb werden digitale Ansätze zur Ansprache von Private-Banking-Kundinnen bislang noch relativ selten getestet, weil Private-Banking-Anbieter häufig von einer als geringer wahrgenommenen Exklusivität ausgehen. Wie wahren Sie die?
Vitt-Krauß: Wir wollen persönlich und konsequent auf unsere Zielkunden einzahlen, keine Streuverluste haben. Dafür arbeiten wir mit einem Persona-Konzept mit fünf verschiedenen Kundentypen. Da gibt es unter anderem den Youngster, gesetzten Unternehmer, aber auch den älteren Kunden, der weniger digitalaffin ist. Wir schneiden und schneiden die Ansprache direkt auf diese Kunden zu. Gerade über Social Media ist damit auch eine exklusive Ansprache möglich. Und dann muss es weitergehen: Sobald die Kunden bei uns anklopfen, dauert es keine 24 Stunden und sie haben ihren persönlichen Ansprechpartner.
Lange: Kunden kommen auch mit großen Ausschreibungen, hohen zweistelligen Millionenbeträgen, über Webadressen zu uns. So haben wir bereits Kunden gewonnen, die nach Cash-Events große Summen zur Verfügung hatten. Sie fragen an und erwarten dann eine schnelle, individuelle Rückmeldung. So gelingt die Verbindung zwischen digital und persönlich.
Über ein Kontaktformular kommt solch eine Ausschreibung rein. Wie wird die Anfrage konkret bearbeitet, welcher Prozess wird angestoßen?
Vitt-Krauß: Wenn Sie zum Beispiel unsere aktuelle Nachhaltigkeitskampagne sehen, landen Sie auf einer Landingpage. Dort gibt es neben einem Film und einer Menge an Informationen zur nachhaltigen Vermögensverwaltung konkrete Ansprechpartner. Die sind geschult, zu erfassen, über welchen Kanal der Interessent zu uns gekommen ist. Denn wir wollen überwachen, welche Wege am erfolgreichsten sind, um da am meisten zu investieren. Dafür ist die Datenqualität entscheidend und die bestimmen auch die Mitarbeiter. Wenn eine Anfrage über das allgemeine Kontaktformular auf unserer Website eintrifft, wird die bei Herrn Lange im Team, in der Einheit Sales Kommunikation bearbeitet und weitergeleitet: Was fragt der Kunde nach? Welche Abteilung ist zuständig? Die entsprechenden Kollegen haben den Auftrag, aber auch ein Eigeninteresse innerhalb von 24 Stunden zu antworten und den Interessenten in der Datenbank einzutragen.
Lange: Dann beginnt der Prozess des Vertrauensaufbaus. Beim Erstgespräch haben wir einen fünfstufigen Beratungsprozess hinterlegt, zu dem im Verlauf unsere Experten hinzugezogen werden. Was sind Dienstleistungen, die der Kunde gebrauchen kann, Beratungsansätze, die helfen können? Diese Anknüpfungspunkte zu finden, ist unsere Aufgabe. Theoretisch ist mittlerweile eine volldigitale Kontoeröffnung möglich, ohne dass wir den Kunden persönlich treffen müssen.
In einer Studie des Beratungshauses Finnoconsult zur Digitalkompetenz von Private-Banking-Anbietern wurde die Bethmann Bank als bestes Institut im Bereich Social Media & Community ausgezeichnet. Was machen Sie besser als andere Institute?
Vitt-Krauß: Wir haben den Bereich Social Media wie erwähnt erst in den letzten Jahren aufgebaut. Positiv bewertet wurde, dass wir uns getraut haben, verschiedene Kanäle mit anderen Ideen von Inhalten zu bespielen. So haben wir eine breitere und auch jugendlichere Zielgruppe erreicht, die zwar keine potenziellen Kunden sind, bei denen wir uns aber als interessanter Arbeitgeber positionieren. Auch mit Videoformaten konnten wir punkten.
„Die Bethmann Bank war schon auf Tiktok, das weiß selbst ein Großteil der Mitarbeiter nicht“
Dafür braucht es auch ein gewisses Budget …
Vitt-Krauß: Das ist richtig. Mit Blick auf die hiesige Private-Banking-Landschaft können nur die großen und mittelgroßen Anbieter mithalten. Die kleinen Institute können diese Palette in der Breite kaum bedienen. Denn Digital ist nicht umsonst und muss zum klassischen Marketingbudget hinzugerechnet werden.
Ist die Bethmann Bank bald auch auf Tiktok zu finden?
Vitt-Krauß: Die Bethmann Bank war schon auf Tiktok, das weiß selbst ein Großteil der Mitarbeiter nicht. Ich tue mich aus rechtlichen Gründen schwer als Bank alles mitmachen zu können. Wir müssen uns sehr viel mehr absichern als Unternehmen aus anderen Branchen. Tiktok hat durch den chinesischen Besitzer ein enormes Konfliktpotenzial und auch die Datenaufbewahrung ist ein Thema, deshalb haben wir bisher keinen eigenen Account. Um auf meinen Eingangssatz zurückzukommen: Wir haben in diesem Jahr auf Tiktok eine Kampagne geschaltet, um einen Karriere-Inhouse-Day für unsere Corporate Banker zu besetzen. Innerhalb von vier Wochen haben sich 25 junge Damen und Herren gefunden, die sehr interessiert waren am Corporate Banking unserer Bank. Erste Erfahrungen haben wir auf dieser Plattform also schon gesammelt – wenn auch noch nicht, um Kunden anzusprechen.
Über die Interviewten:
Alexandra Vitt-Krauß leitet seit 2019 bei der Bethmann Bank, die die deutsche Niederlassung der ABN Amro ist, die Kommunikation und das Marketing. In ihrem Team ist auch die E-Commerce-Einheit eingegliedert. Auch bei weiteren beruflichen Stationen wie bei der Deutschen Bank, Sal. Oppenheim sowie dem Bundesverband Deutscher Banken war Vitt-Krauß in leitenden Positionen für Kommunikation oder Marketing verantwortlich.
Eike Torben Lange ist seit 2021 als Commercial Chief of Staff der Bethmann Bank unter anderem verantwortlich für das Vertriebs- und Qualitätsmanagement. Zuvor war er Niederlassungsleiter der Privatbank in Hannover. Schon bei der Credit Suisse und Deutschen Bank hat er vermögende Privatkunden beraten.
