Berufung von Anlageexperten Was Stiftungen beim Besetzen ihrer Gremien beachten sollten

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Im Umkehrschluss kann die Berücksichtigung von Fremdinteressen, die zu einem wirtschaftlichen Nachteil für die Stiftung führten, unmittelbare Haftungsfolgen haben. Die Auswahl von Anlageprodukten könnte künftig kritischer ausfallen, wenn eines der Angebote vom Arbeitgeber des Gremiumsmitglieds stammt. Dass das betroffene Mitglied sich an einem solchen Gremiumsbeschluss nicht beteiligt, sollte ohnehin selbstverständlich sein. Für die komplizierte Interessenkonstellation bei der Entsendung von Vertretern eines Finanzunternehmens in Stiftungsgremien sollte eine eigene Compliance-Richtlinie existieren, die beispielsweise folgende Fragen regelt:

  • Inwieweit darf das Gremiumsmitglied/das entsendende Unternehmen mit der Stiftung in Geschäftsbeziehung treten?
  • Wird das Gremiumsmitglied von einer eventuellen Weisungsgebundenheit befreit, um ausschließlich die Stiftungsinteressen wahrnehmen zu können?
  • Wie wird sichergestellt, dass das Gremiumsmitglied nicht persönlich von Geschäften zwischen Stiftung und entsendender Stelle profitiert?
  • Wie ist gewährleistet, dass bei Interessenkollisionen die Interessen beider Seiten von unterschiedlichen Personen wahrgenommen werden, um das Vier-Augen-Prinzip zu wahren?
  • Klärungsbedarf gibt es aber nicht nur zwischen Stiftung und Organmitglied. Bevor eine Organisation einen Mitarbeiter in ein Stiftungsgremium entsendet, sollten im beiderseitigen Interesse die damit verbundenen (arbeits-)rechtlichen Fragen geklärt werden, etwa:
  • Fällt die Organtätigkeit in die Arbeits- oder Freizeit? Wie verhält es sich mit Sitzungsterminen außerhalb der Arbeitszeit? Handelt es sich arbeitsrechtlich um eine Nebenbeschäftigung?
  • Wer vereinnahmt eventuelle Aufwandsentschädigungen?
  • Haftet im Schadensfall das Organmitglied oder das entsendende Unternehmen?
  • Hat das entsendende Unternehmen ein Widerrufsrecht im Falle des Arbeitgeberwechsels? Fällt die Gremientätigkeit unter ein eventuelles Wettbewerbsverbot?
  • Wird das Gremiumsmitglied von einer eventuellen Weisungsgebundenheit befreit?

Die Mitarbeit eines in Finanzangelegenheiten sachverständigen Mitarbeiters einer Bank oder eines Finanzdienstleisters in einem Gremium kann für die Stiftung vorteilhaft sein, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehören die durchgängige Transparenz der verschiedenen Erwartungen, ein nachvollziehbares und praktiziertes Compliance-Konzept sowie dienstvertragliche Regelungen zwischen Mandatsträger und entsendender Stelle.



Über die Autoren:
Jörg Seifart ist Inhaber der Gesellschaft für das Stiftungswesen, einem Multi Foundation Office mit Sitz in Düsseldorf. Der Rechtsanwalt gilt als Experte für komplexe Fragestellungen, auch den nicht juristischen, rund um das Stiftungswesen.

Dr. Stefan Fritz ist Geschäftsführer der Bischof-Arbeo-, der St. Antonius- und der St. Korbinian-Stiftung der Erzdiözese München und Freising. Zuvor leitete er das Stiftungsmanagement der Hypovereinsbank.

Veranstaltungshinweis:

Workshops: Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten

Modul 1: 20. September 2018 in Berlin

Modul 2: 21. September 2018 in Berlin (Teilnahme an Modul 1 erforderlich)

Referenten: Dr. Uwe Dyk (beide Workshops), Dr. Stefan Fritz (Modul 2) und Jörg Seifart (beide Workshops)

Zur Anmeldung geht es hier.

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