Drängende Fragen Bert Flossbach: „Vergessen Sie nicht die hohen Lohnabschlüsse!“

Bert Flossbach

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Frage: Fassen Sie bitte die aktuelle Markt-Story zusammen, die Ihr Portfolio derzeit bestimmt.

Bert Flossbach: Das Zinsniveau reicht nicht aus, um selbst moderate Inflationsraten auszugleichen. Wir gehen davon aus, dass die Notenbanken die Zinsen noch jahrelang künstlich drücken werden. Investoren werden in diesem Umfeld nicht umhinkommen, einen Teil ihres Geldes in liquide Sachwerte, vor allem erstklassige Aktien zu investieren statt in Anleihen. Dieser Wechsel kommt aber nicht über Nacht, sondern ist ein längerfristiger Prozess.

Frage: Sie warnen regelmäßig vor der Schuldenlast und dem von der Zentralbank gedruckten Geld. Rezession ist aber kein gutes Umfeld für Inflation, was nicht zwingend für Sachwerte spricht. Wie soll das gedruckte Geld aus den Bankbilanzen den Weg in die Wirtschaft finden, um die Preise steigen zu lassen?

Flossbach: Global betrachtet haben wir keine Rezession, sondern ein Wachstum von 2 bis 3 Prozent real und gut 4 Prozent nominal. Selbst eine moderate Inflationsrate von 2 Prozent reicht bei einem Zins nahe Null aus, um die Vorzüge von liquiden Sachwerten gegenüber verzinslichen Anlagen zu erkennen.

Frage: Auf einem Vortrag sagte Ihr Kapitalmarktstratege Philipp Vorndran, die steigenden Mieten in Deutschland würden auch die Inflation steigen lassen. Ist das nicht nur die halbe Wahrheit? Steigende Mieten verdrängen anderen Konsum, was dort wiederum die Preise drückt. Für steigende Inflation muss doch mehr Geld auf konstantes oder sinkendes Angebot treffen.

Flossbach: Wir sollten in diesem Zusammenhang die vergleichsweise hohen Lohnabschlüsse der vergangenen Monate nicht vergessen, die die Einkommenssituation vieler Haushalte verbessert haben. Es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass die steigenden Mieten überwiegend dazu führen würden, die Konsumentennachfrage an anderer Stelle zu bremsen.

Frage: Mit 13,5 Prozent ist Ihre Edelmetallquote noch immer durchaus bedeutend. Der Goldpreis läuft allerdings derzeit nicht allzu gut. Warum ist das Ihrer Meinung nach so?

Flossbach: Wir vermuten, dass seit Monaten massiv spekulative Positionen reduziert werden; ablesen lässt sich das etwa an den Abflüssen aus den großen ETFs.

Frage: Da Gold nicht für irgendetwas Wichtiges gebraucht wird, könnte die Nachfrage theoretisch einbrechen, ohne dass es der Wirtschaft merklich schlechter geht. Haben Sie davor keine Sorge?

Flossbach: Nein, haben wir nicht. Gold ist die Währung der letzten Instanz und eine Versicherung für bestimmte Szenarien, in denen Aktien, die derzeit von uns mit Abstand präferierte Anlageklasse, zumindest zeitweise nicht funktionieren.

Frage: Sie sprechen häufig über die Rückkehr der Nifty Fifty, 50 legendäre, als krisensicher geltende Unternehmen. Warum sollten Anleger plötzlich nicht mehr günstig, sondern populär kaufen wollen?

Flossbach: Bei den Nifty Fifty handelte es sich um global operierende Konzerne mit starken Marken und solidem Geschäftsmodell. Die Sicherheit und Verlässlichkeit solcher Unternehmen wird von Investoren zu bestimmten Zeiten besonders goutiert. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld sind Aktien erstklassiger Unternehmen quasi ein Ersatz für vergleichbare Anleihen.

Frage: In Ihrem Rechenschaftsbericht fallen zahlreiche Optionsgeschäfte auf, zum Beispiel auf den Nikkei Index. Ist das dem mittlerweile großen Fondsvolumen geschuldet? Hätte es ein Indexfonds nicht auch getan?

Flossbach: Eine Option hat ein konvexes Profil. Das heißt, Sie können maximal Ihren kleinen Einsatz verlieren, aber ein Vielfaches gewinnen. Anders ausgedrückt: Optionen bieten ein begrenztes, weil kalkulierbares Risiko bei vergleichsweise großem Gewinnpotenzial, sollte Ihre Einschätzung stimmen. Die Katastrophe in Fukushima und die Folgen für die Finanzmärkte etwa war ein solches Ereignis.

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