Bert Flossbach „Minuszinsen werden womöglich zur Normalität“

Bert Flossbach, Gründer der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch, über die neue Normalität des Investierens

Bert Flossbach, Gründer der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch, über die neue Normalität des Investierens

Keine Zinsen auf Kontoguthaben zu bekommen, daran hatten sich die meisten Anleger fast schon gewöhnt. Dafür bezahlen zu müssen, Banken Geld zu leihen, ist jedoch völlig neu – ein Angriff auf die Psyche des Anlegers, womöglich aber schon bald Normalität.

Eine deutsche Depotbank hatte vor einigen Wochen angekündigt, negative Zinsen auf die Guthaben von Fondsgesellschaften zu erheben. Das Gleiche plant die Thüringer Skatbank für Tagesgeldkonten ihrer Kunden, die 500.000 Euro übersteigen. Man kann diese Entwicklung – ohne zu übertreiben – finanzhistorisch nennen. Die Frage „Wohin mit dem Geld?“ stellt sich drängender denn je.

Normalerweise wären hochliquide und die vermeintlich sicheren Bundesanleihen eine geeignete Alternative zu reinen Barmitteln. Allerdings liegt der Zins selbst bei langlaufenden Papieren nur knapp über der Wahrnehmungsschwelle. Ein Zurück zu früheren Renditen von 3 Prozent oder gar mehr ist derzeit wenig wahrscheinlich. Die Europäische Zentralbank steht mit ihrer ultralockeren Geldpolitik erst am Anfang.

Zinsen und Renditen in der Eurozone werden noch lange tief bleiben – anders lassen sich die hochverschuldeten Staatshaushalte langfristig nicht finanzieren. In Japan sieht es nicht besser aus, im Gegenteil. Und selbst wenn die US-Notenbank Federal Reserve im kommenden Jahr beginnen sollte, ihren Leitzins anzuheben, muss das nicht zwangsläufig zu einer nachhaltigen Trendwende führen. Auch in den USA dürfte das Renditepotenzial bei Anleihen zunächst begrenzt bleiben. Wer langfristig auskömmliche Erträge erwirtschaften möchte, muss weiter suchen.

Zurück zum Ursprung

Absolute-Return-Strategien können ein erster Schritt raus aus reinen Festzinsanlagen hin zu einer breiteren Diversifikation des liquiden Vermögens sein. Ihr Ziel ist es, eine absolute Rendite zu erzielen, also langfristig Geld zu verdienen, statt sich ausschließlich an einem Börsenindex zu orientieren, der als Leistungsmaßstab für die (relative) Kursentwicklung gilt.
 
Dieser Ansatz führt zum Ursprung allen Investierens zurück: Anlagegelegenheiten erkennen und nutzen, das heißt mit kalkulierbaren Risiken attraktive Renditen zu erzielen. Jedem Kaufmann leuchtet dieser Ansatz ein – und doch wird er oft fehlinterpretiert. Oftmals wird erwartet, dass jedes Jahr eine bestimmte Zielrendite erfüllt werden müsste und niemals ein Verlust anfallen darf.

Voraussetzung für den Erfolg absoluter Renditestrategien ist vielmehr ein langfristiger Anlagehorizont. Es gibt Phasen, in denen man mehr interessante Investments findet, und solche, wo es schwerer fällt.

Unterstellt man für reine Aktienengagements einen sinnvollen Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren – damit die Kursgewinne aus den starken Phasen die Verluste der schwächeren wettmachen können –, dann sollte er bei absoluten Renditestrategien mindestens fünf Jahre betragen.

Qualität im Fokus

Eine solche Strategie darf nicht statisch, das heißt rein vergangenheitsbezogen sein. Es braucht eine Art anlagestrategisches Weltbild als Basis für eine möglichst treffende Einschätzung der Renditepotenziale.

Ein ökonomisches Risikoverständnis hilft, den Sirenenklängen des Marktes zu widerstehen, wenn das Blaue vom Himmel gepriesen oder der Weltuntergang angekündigt wird. Je besser sich die künftigen Erträge einer Anlage kalkulieren lassen, desto geringer ist das Risiko, nachhaltig Geld zu verlieren. Bei Aktienanlagen bedeutet dies, sich konsequent auf Qualitätstitel zu fokussieren. Entscheidend ist ein tiefes Verständnis der  einzelnen Anlagen.


Über Flossbach von Storch
Flossbach von Storch zählt mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 15 Milliarden Euro und über 100 Mitarbeitern zu den führenden unabhängigen Investmentmanagern in Europa. Gegründet wurde das Unternehmen 1998 von Bert Flossbach und Kurt von Storch in Köln.

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