Ein beträchtliches Familienvermögen kann entweder über mehrere Generationen aus den Gewinnausschüttungen des Familienunternehmens entstehen oder auch mit einem Schlag aus dem Verkauf des Unternehmens. Gerade Letzteres ist im Zuge des Generationswechsels bei vielen Unternehmerfamilien zu beobachten, wenn die Kinder nicht das Interesse am Unternehmertum beziehungsweise nicht das notwendige Know-how besitzen oder einfach auch die Verantwortung nicht übernehmen möchten.
Spätestens beim Verkauf des Familienunternehmens sollte sich die Familie in einem ersten Schritt über ihre Ziele und die Verantwortung, die sie mit ihrem Vermögen trägt, intensiv Gedanken machen. Ein Strategieplan für eine generationsübergreifende Steuerung des Familienvermögens, der später von einem eigenen Family Office oder externen Beratern begleitet und umgesetzt werden soll, könnte in vier Stufen gestaltet werden:
Stufe 1: Familienstrategie
In einem ersten Schritt werden Familienziele, Gesellschafterkreis, Rollen der Familienmitglieder sowie der Nachfolgeprozess bestimmt. In diesem Zusammenhang sollten die Vermögens- und gesellschaftlichen Ziele definiert werden, aus denen sich die Investmentphilosophie und die Gesamtvermögensstrategie ableiten lassen. Steht beispielsweise die Vermögensmehrung oder der Vermögenserhalt im Vordergrund und möchte die Familie zusätzliche philanthropische Ziele verfolgen?
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Ein beträchtliches Familienvermögen kann entweder über mehrere Generationen aus den Gewinnausschüttungen des Familienunternehmens entstehen oder auch mit einem Schlag aus dem Verkauf des Unternehmens. Gerade Letzteres ist im Zuge des Generationswechsels bei vielen Unternehmerfamilien zu beobachten, wenn die Kinder nicht das Interesse am Unternehmertum beziehungsweise nicht das notwendige Know-how besitzen oder einfach auch die Verantwortung nicht übernehmen möchten.
Spätestens beim Verkauf des Familienunternehmens sollte sich die Familie in einem ersten Schritt über ihre Ziele und die Verantwortung, die sie mit ihrem Vermögen trägt, intensiv Gedanken machen. Ein Strategieplan für eine generationsübergreifende Steuerung des Familienvermögens, der später von einem eigenen Family Office oder externen Beratern begleitet und umgesetzt werden soll, könnte in vier Stufen gestaltet werden:
Stufe 1: Familienstrategie
In einem ersten Schritt werden Familienziele, Gesellschafterkreis, Rollen der Familienmitglieder sowie der Nachfolgeprozess bestimmt. In diesem Zusammenhang sollten die Vermögens- und gesellschaftlichen Ziele definiert werden, aus denen sich die Investmentphilosophie und die Gesamtvermögensstrategie ableiten lassen. Steht beispielsweise die Vermögensmehrung oder der Vermögenserhalt im Vordergrund und möchte die Familie zusätzliche philanthropische Ziele verfolgen?
Auch eine Governance-Struktur mit Entscheidungsbefugnissen der Familienmitglieder sowie Kontrollorganen, wie beispielsweise einem Familienrat oder Beirat, sollte geschaffen werden. Erst wenn der Rahmen der Familienstrategie gesetzt ist, der im Übrigen häufig durch eine Familiencharta schriftlich fixiert wird, sollte mit dem Aufbau einer Single-Family-Office-Struktur und einer Gesamtvermögensstrategie begonnen werden. Wenn beispielsweise der Family Officer oder Berater zu früh ausgesucht wird, besteht die Gefahr, dass er mit seinem Profil und seinen Kompetenzen die Bedürfnisse nicht adäquat abdeckt.
Stufe 2: Gesamtvermögensstrategie
In einem zweiten Schritt sollte sich aus einer Familienstrategie eine Gesamtvermögensstrategie ableiten. Hierbei nimmt die Strategische Asset Allokation (SAA), das heißt die Entwicklung einer diversifizierten und langfristigen Vermögensausrichtung, eine Rolle ein. Neben der Investmentphilosophie und den Interessen der Familie sind bei der Ableitung einer SAA die Input-Parameter Renditeziel, Risikotoleranz, Liquidität sowie Nachhaltigkeit entscheidend. Dabei sollte die SAA immer an den Bedürfnissen der Familie ausgerichtet sein. Möchte der Unternehmer oder die Familie beispielsweise unternehmerisch wirken und ihr Branchenwissen aktiv einbringen, kann der Anteil an unternehmerischen Direktbeteiligungen sowie Private-Equity-Investmentsvergleichsweise höher sein.
Auch der Einsatz von Fremdkapital sowie die Bedeutung von Ausschüttungen können in der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Abschließend sollten bei einer Gesamtvermögensstrategie auch die Investment-Governance, sprich die Investment-Entscheidungsprozesse sowie die Kontrollorgane, bestimmt werden. Das kann im Family Office ein Investmentkomitee und/oder ein mit externen Experten besetzter Beirat sein.
Stufe 3: Assetklassen-Strategie
In einem dritten Schritt gilt es, die Gesamtvermögensstrategie in eine Assetklassen-Strategie umzusetzen. Das bedeutet, eine Allokation innerhalb eines Bereichs zu bestimmen. Welche Performance erreicht man mit welchem Investmentrisiko und welcher Kapitalbindung– strategisch als auch taktisch eingebettet in das aktuelle Kapitalmarktumfeld. Bei Aktien kann es beispielsweise die Allokation in unterschiedliche Regionen oder Investmentstile wie Growth oder Value sein.
Bei Private Equity eine Unterscheidung in Investitionsphasen wie Early-Stage Venture Capital oder sogenannte Vintage-Jahre, also Auflegungsjahr der PE-Fonds. Zudem sollten Merkmale wie aktive oder passive Investments und Nachhaltigkeitskriterien im Strategiefindungsprozess Berücksichtigung finden. Ebenso sollte sich die Familie beziehungsweise das Family Office für die Implementierung abschließend Gedanken machen, welche Entscheidungssowie Investmentprozesse intern oder über externe Manager umgesetzt werden sollen. Daraus ableitend ergeben sich auch die erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen für das Family Office.
Stufe 4: Strategieumsetzung
Im Anschluss beginnt die Umsetzungsphase. Der erste Schritt ist im Regelfall das Aufsetzen einer Investment-Infrastruktur. Hierbei wird analysiert, in welche Vermögenshülle(n) das Kapital eingebracht werden sollte, um es im Hinblick auf operative, rechtliche und steuerliche Aspekte so effektiv wie möglich verwalten zu können. Häufig spielt die Nachfolgeplanung bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle. Im Fokus der Überlegungen kann auch der Vermögensschutz vor dem Zugriff Dritter stehen.
So können Vermögenswerte im Rahmen einer „Asset-Protection-Strategie“ in andere Jurisdiktionen transferiert oder durch juristische Strukturen eine Abschirmwirkung erzeugt werden. Ein professionelles Investment Controlling und Investment Reporting kann abschließend die Transparenzerfordernisse der Familie erfüllen und gleichzeitig die steigende Komplexität reduzieren. Daher sollte es ein abschließender Baustein einer langfristigen Family Office-Strategie sein.
Resümee
Jede Familie und folgend auch deren Family Offices sind unterschiedlich. Entsprechend ist eine passgenaue Strukturierung des Familienvermögens unabdingbar. Gleichwohl durchlaufen sie übergeordnet einen ähnlichen Prozess bei ihrer Gründung und bei der Entwicklung einer Gesamtvermögensstrategie – und dabei vereint sie alle ein Ziel: den langfristigen Erfolg und die Nachhaltigkeit des Familienvermögens zu sichern. Mit einem professionellen und strukturierten Prozess, bei dem die Familienziele mit einer Gesamtvermögenssowie einer Assetklassen-Strategie verzahnt werden, kann jeder Unternehmer beziehungsweise jede Unternehmerfamilie auch zu einem erfolgreichen Investor werden.
In der Praxis zeigt sich häufig, dass ein hoher Anteil der Strategischen Asset Allokation in unternehmerischen Beteiligungen angelegt werden soll, der in vielen Fällen auch noch Teile des eigenen Familienunternehmens enthalten kann. Aufgrund der Individualität dieser eigentümlichen Investments stellt die realistische Modellierung jedoch eine Herausforderung dar. Diese ist allerdings eine unabdingbare Voraussetzung, um das Zusammenspiel (Korrelation) mit anderen Anlageklassen zu analysieren, daraus ableitend geeignete Diversifikatoren in der SAA zu ergänzen und im Ergebnis das Gesamtportfoliorisiko zu minimieren. Hierzu bedarf es professioneller Lösungsansätze.
Fallstudie
Beratung einer deutschen Unternehmerfamilie zur strategischen Neuausrichtung des Gesamtvermögens
Strategische Neuausrichtung des Familienvermögens mit dem Ziel einer effizienten Diversifikation
Um das beschriebene theoretische Grundgerüst mit Leben zu füllen, zeigen wir im Folgenden anhand eines realen Beratungsmandats beispielhaft auf, mit welchen Fragestellungen sich Unternehmerfamilien beziehungsweise Single Family Offices im Hinblick auf ihre Vermögensstruktur beschäftigen, welchen Herausforderungen der Prozess der Portfolio-Optimierung unterworfen ist und welche Lösungsansätze es hierfür gibt.
Ausgangssituation
Das Single Family Office in der vorliegenden Fallstudie war auf der Suche nach einer professionellen Begleitung für die Neuausrichtung des Familienvermögens. Das übergeordnete Ziel hierbei war es, sich breiter zu diversifizieren, da das eigene Familienunternehmen zu diesem Zeitpunkt einen sehr hohen Anteil am Gesamtvermögen hatte. Hierbei sollten weitere Direktinvestitionen aufgebaut werden. Die Intention dahinter war es insbesondere, sich strategisch einzubringen und das unternehmerische Know-how der Familie weiterzutragen.
Das Vermögensziel lag im einstelligen Milliardenbereich, die Kernfragen der Familie sind aber gleichermaßen repräsentativ für höhere und geringere Vermögenssummen.
Eines der zentralen Themen im vorliegenden Fall war, wie die Familie ihr Vermögen ergänzend zur Beteiligung am Familienunternehmen strukturieren soll. Neben der Erreichung des Vermögensziels sollten dabei die damit einhergehenden Risiken im Vordergrund stehen und minimiert werden. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass es Interesse an tiefergehenden Workshops zu den Themen Risikomessung und nachhaltige Kapitalanlage gab. Zudem war es wichtig, dass die Investment-Infrastruktur, beispielsweise die Auflageeines Spezialfonds, passgenau aufgebaut wird. Und zuletzt sollten geeignete Bankpartner selektiert werden, welche das liquide Vermögen professionell verwalten und Zugang zu nicht standardisierten Investmentlösungen wie beispielsweise Private Debt oder Direktbeteiligungen bieten.
Portfolio Health Check
Die Vermögensstrukturanalyse ergab, dass der Anteil des Familienunternehmens zu diesem Zeitpunkt bei rund 65 Prozent des Gesamtvermögens lag. Gemeinsam mit den weiteren unternehmerischen Beteiligungen stieg der Wert auf gut 73 Prozent an. Darüber hinaus waren Immobilieninvestments von 2 Prozent vorhanden, sodass sich der Gesamtanteil an illiquiden Investments auf gut drei Viertel des Familienvermögens belief.
Als Vision wurde formuliert, dass der Anteil des Familienunternehmens auf 50 Prozent reduziert werden sollte. Die Orientierungsgröße für den Anteil der weiteren Direktbeteiligungen lag bei 30 Prozent. Es verblieben entsprechend 20 Prozent des Gesamtkapitals, welche in weitere Anlageklassen investiert werden konnten. Das Renditeziel für diesen optimierbaren Vermögensteil wurde mit 6 Prozent pro Jahr kalkuliert.
Im Rahmen der Ertragsstrukturanalyse wurde anschließend deutlich, dass die unternehmerischen Vermögensteile im Rahmen der geplanten Zielallokation einen Beitrag von circa 96 Prozent der Gesamtrendite erwirtschaften würden. Konsequenterweise entstand die Frage, welchen Mehrwert eine breitere Diversifikation überhaupt noch bringen könnte. In diesem Zusammenhang war daher der nächste Schritt, die Risiken der unternehmerischen Beteiligungen tiefer zu analysieren.
Exkurs: Beteiligungsmodellierung
Neben der Analyse des Diversifikationsgrads sowie der Vermögens- und Ertragsstruktur ist die Risikobewertung ein zentraler Baustein des Portfolio Health Checks. Im Bereich der Single Family Offices – wie auch im vorliegenden Fall– bildet das Familienunternehmen häufig einen Schwerpunkt innerhalb der Strategischen Asset Allokation (SAA). Neben den weiteren Vermögensbestandteilen ist es daher essenziell, die finanzmathematischen Risiken auch für das Familienunternehmen selbst messbar zu machen, um diese dann in die übergelagerte Risikobewertung einfließen zu lassen.
Eine Möglichkeit hierfür bietet die Beteiligungsmodellierung. Hierbei wird gemeinsam mit Experten aus den Bereichen Equity Research und Equity Portfolio Management eine Erfassung von vergleichbaren Unternehmen aus verwandten Branchen vorgenommen. Voraussetzung ist, dass diese langfristig an der Börse gelistet sind. Im Rahmen von weiterführenden Analysen werden anschließend die Geschäftsmodelle miteinander verglichen und der Deckungsgrad von Finanzkennzahlen wie Umsatz- und Gewinnwachstum oder Profitabilität überprüft.
Aus denjenigen Unternehmen mit der größten Schnittmenge an Gemeinsamkeiten wird anschließend ein Composite erstellt. Im Rahmen einer Rückrechnung können dann weiterführend Risikokennzahlen wie beispielsweise der Value at Risk (VaR) sowie Korrelationsprofile ermittelt werden, welche im nächsten Schritt in die Risikobewertung und Portfolio-Optimierung einfließen können.
Portfolio-Optimierung
Der Value at Risk (VaR) misst den maximalen Verlust bei einer gegebenen Wahrscheinlichkeit über einen bestimmten Zeitraum. Die Risikobewertung im vorliegenden Fall ergab, dass der VaR des Familienunternehmens inklusive der Direktbeteiligungen für sich betrachtet bei 37,8 Prozent lag, was unter Berücksichtigung der jeweiligen Anteile einem VaR-Beitrag von 30,2 Prozent entsprach. In einer wirtschaftlich herausfordernden Marktphase stünde demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit knapp ein Drittel des Gesamtvermögens „im Risiko“.
Ziel war es daher, für die verbleibenden 20 Prozent Anlageklassen beizumischen, welche in diesen Phasen ein Gegengewicht zum unternehmerischen Vermögensteil bilden können. Hierzu wurden unterschiedliche Portfolioallokationen finanzmathematisch optimiert und anschließend in die Gesamtvermögensstruktur integriert. Die Auswahl des Anlageuniversums erfolgte primär unter Berücksichtigung von vorteilhaften Diversifikationseigenschaften zum Bereich der unternehmerischen Beteiligungen, um das Gesamtportfoliorisiko zu senken.
Im Ergebnis zeigte sich, dass die Ergänzung weiterer Anlageklassen wenig Einfluss auf das Renditeergebnis des Gesamtvermögens hat – dies deckte sich mit den Resultaten des Portfolio Health Checks. In der Risikobetrachtung hingegen wurde deutlich, dass ein bereits geringer Anteil an Diversifikatoren dazu führt, dass das Gesamtportfoliorisiko sinkt. Über die optimierte Beimischung von Anlageklassen wie Private Debt, Immobilien oder Aktien konnte somit ein Gegengewicht zu den unternehmerischen Vermögensgegenständen implementiert und im Ergebnis eine Risikoreduzierung von gut 30 Prozent erreicht werden.
Resümee
Bei der Strukturierung von Familienvermögen zeigt die Praxis, dass häufig ein hoher Anteil der SAA in unternehmerischen Beteiligungen angelegt werden soll. Unseren Erfahrungen und Analysen nach ist es ergänzend dazu wichtig, weitere diversifizierende Anlageklassen mit in die Gesamtvermögensstruktur zu integrieren. Während der Erwartungswert der SAA dadurch im Regelfall nur marginal beeinflusst wird, können die Risiken hingegen deutlich reduziert werden. Der optimale Anteil an Diversifikatoren hängt dabei von drei entscheidenden Faktoren ab:
- Grad des gewünschten
- Unternehmertums
- Liquiditäts- und Ausschüttungsanforderungen undRisikotoleranz.
Während das Ausmaß an Unternehmertum ein eher emotional geprägtes Thema ist, welches jede Familie für sich selbst definieren muss, kann ein Investment Consultant bei den weiteren beiden Punkten Unterstützung bieten, indem er über Vermögensstrukturanalysen und -hochrechnungen Planbarkeit und Transparenz schafft und über die Modellierung von Beteiligungen Risiken messbar macht. Das daraus resultierende Ergebnis ist eine risikooptimierte SAA mit dem passgenauen Mix aus unternehmerischen Direktbeteiligungen und weiteren, diversifizierenden Anlageklassen.
Über die Autoren:
Michael Kreibich ist seit 2009 bei Berenberg. Seit 2019 ist er als Leiter des Investment Consultings unter anderem verantwortlich für die Beratung institutioneller Investoren zur SAA.
Dennis Nacken leitet bei der Privatbank Berenberg das Geschäftsfeld Family Offices & Family Owned Business.