Mit Fallbeispiel So lassen sich große Unternehmervermögen langfristig erhalten

Michael Kreibich (l.) und Florian Bode von Berenberg.

Michael Kreibich (l.) und Florian Bode von Berenberg: „In der Situation, von der hier berichtet wird, stellte sich ein Unternehmer die Frage, wie im Fall des Exits die Besteuerung des Verkaufserlöses erfolgen würde.“ Foto: Berenberg

Große Unternehmervermögen zu verwalten und zu strukturieren, ist für alle Beteiligten eine anspruchsvolle Aufgabe. Dies ist insbesondere der vielschichtigen, oft sehr unterschiedlichen Vermögensziele geschuldet, die im Ganzen erfasst, priorisiert und umgesetzt werden müssen.

Um diese Lebenswerke generationsübergreifend zu erhalten und vorausschauend für die nächsten Jahrzehnte auszurichten, bedarf es einer Gesamtvermögensstrategie, die neben wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und emotionalen Kriterien ebenfalls steuerliche und rechtliche Aspekte berücksichtigt.

Ein interdisziplinärer Beratungsansatz, bei dem alle Familienmitglieder eingebunden werden, bildet somit eine Grundvoraussetzung für die optimale Gestaltung eines anspruchsvollen Gesamtvermögens. Ein praxiserprobter Fahrplan zur Entwicklung der individuellen Gesamtvermögensstrategie könnte sich wie folgt gestalten:

Stufe 1: Familienstrategie

Zu Beginn sollten sich die Vermögensinhaber Gedanken über die Werte, Prinzipien und Interessen der Familie machen.

  • Was soll das Vermögen in der Zukunft bewirken – für den Inhaber selbst, für die Familie als Ganzes sowie für die Gesellschaft?
  • Welche Rollen nehmen in diesem Kontext die Familienmitglieder ein und wie kann zukünftig eine effiziente Entscheidungsfindung gewährleistet werden?
  • Wie häufig und in welchen Formaten soll sich die Familie zusammenfinden und ist in diesem Zusammenhang ein – gegebenenfalls extern besetzter – Beirat sinnvoll?

Die Antworten auf diese und andere Fragen bilden die Grundlage für die Family Governance, welche in einer Familiencharta dokumentiert werden sollte. Hieraus wird im nächsten Schritt die Gesamtvermögensstrategie abgeleitet.

Stufe 2: Gesamtvermögensstrategie

Das Fundament einer langfristig orientierten Gesamtvermögensstrategie legt die Strategische Asset Allokation (SAA). Ziel der SAA ist es, mittels Diversifikation über verschiedene Anlageklassen die inhaberspezifischen Vermögensanforderungen in Bezug auf Renditeerwartung, Risikotoleranz und Liquiditätsanforderungen bestmöglich in Einklang zu bringen.

Da unternehmerisch geprägte Vermögen oftmals zu einem hohen Anteil konzentriert in illiquiden Beteiligungen gebunden sind, ist eine realitätsnahe Modellierung der damit einhergehenden Chancen und Risiken elementar. Es gilt die Wechselwirkungen zwischen der unternehmerischen und der privaten Vermögensphäre zu verstehen und im Rahmen der Gesamtvermögensstrategie zu berücksichtigen. Die Dokumentation der Gesamtvermögensziele sollte im Rahmen einer Investment Policy erfolgen, welche die Basis für die Assetklassenstrategie bildet.

Stufe 3: Assetklassenstrategie

Im nächsten Schritt wird die SAA mittels einer Assetklassenstrategie verfeinert. Hierbei gilt es zunächst zu definieren, welcher Investmentstil – beispielsweise aktiv versus passiv – für welche Anlageklassen verfolgt werden soll. Weiterhin ist zu entscheiden, welcher Delegierungsgrad –Insourcing versus Outsourcing – von der Familie gewünscht wird. Im Rahmen der Investment Implementierung gilt es die passenden und erfolgversprechendsten Partner, wie beispielsweise Asset Manager, zu selektieren.

Insbesondere im Bereich der Private Markets ist hierbei der Zugriff auf ein professionelles Netzwerk essenziell. Bevor die finalisierte Assetklassenstrategie in die Umsetzungsphase übergeht, sollten umfassende Überlegungen zum Aufbau einer maßgeschneiderten Investment-Infrastruktur angestellt werden. Dies gilt sowohl für die private als auch für die unternehmerische Vermögenssphäre.

 

Stufe 4: Investment-Infrastruktur

Ziel der Investment-Infrastruktur ist es, die erarbeitete Anlagestrategie in steuerlicher und rechtlicher Hinsicht zu optimieren. Im Zentrum hierbei steht folgende Fragestellung: Welcher Vermögenswert wird in welche Vermögenshülle beziehungsweise Rechtsform des Vermögensträgers überführt? In diesem Kontext gilt es ebenfalls die Überlegungen hinsichtlich der privaten und unternehmerischen Nachfolgeplanung zu integrieren.

Die Motivationstreiber für eine maßgeschneiderte Investment-Infrastruktur sind so hochindividuell wie die daraus resultierenden Gestaltungsmaßnahmen. Während steuerliche Motive insbesondere die Optimierung laufender Ertragsteuerbelastungen sowie zukünftiger Schenkung- und Erbschaftsteuerbelastungen im Fokus haben, verfolgen die rechtlichen Motive primär das Ziel des effektiven Vermögensschutzes. Dies kann beispielsweise der langfristige Zusammenhalt des Familienvermögens sowie der Schutz vor staatlichem Zugriff (Asset Protection) oder ungewollter Vermögenstransparenz für die Öffentlichkeit sein.

In der Praxis stellt die Harmonisierung emotionaler, wirtschaftlicher, steuerlicher und rechtlicher Entscheidungsdimensionen ein Spannungsfeld dar. Die Optimierung aller Aspekte ist im Regelfall herausfordernd. Während bestimmte Gestaltungsformen unter anderem zu einer erheblichen Steuerersparnis führen können, sind häufig im Gegenzug Abstriche im Bereich der Vermögenstransparenz oder ein erhöhter laufender Verwaltungsaufwand die Konsequenz.