Berater versus Robo Advisor „Sind sie zu stark, bist Du zu schwach“

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Was hilft gegen Roboter?

Der unmittelbare technokratische Reflex liegt sicherlich darin, die objektiven Defizite im Vergleich zu den Robotern abzubauen. Dazu gehört die Modernisierung der Web-Oberflächen im Anlagegeschäft, die Renovierung des Reportings (für manche Häuser sind Offline-Summen- & Saldendarstellungen weiterhin der neueste Stand der Technik – Graphiken oder gar interaktive Komponenten sucht man hier vergeblich) sowie die Hinwendung zu Vermögensverwaltungen auf Basis von kostengünstigen Produkten wie beispielsweise ETF.

Solche Ansätze sind sicherlich nicht falsch, springen aber eindeutig zu kurz. Der Versuch, als klassischer Anbieter auf dem Spielfeld der Fintechs zu reüssieren, ist prinzipiell zum Scheitern verurteilt. Gelegentlich wirkt es etwa so, als ob sich ältere Semester nach Lektüre eines Zeitungsartikels an Jugendsprache versuchen. Man wird sich damit abfinden müssen, dass „Digital First“-Anbieter ohne den Ballast eines Kernbanksystems aus dem Neolithikum und einer IT-Abteilung, für die „schnelle Iteration“ zwei Releases im Jahr sind, gewisse strukturelle Vorteile haben.

Die digitalen Angreifer haben aber auch Nachteile – und genau dort lohnt es sich anzusetzen. Mit den Robo-Beratern ist es wie mit Sport-Trainingsplänen aus dem Internet: technisch exzellent aber für den normalen Kunden dennoch oft nutzlos.

Die Herausforderung für den Anleger liegt ja eben meist nicht darin, eine funktionierende Portfoliostruktur zu bauen. Vielmehr ist der Erfolgshebel  – und hier trifft auch die Sport-Analogie zu – das Anlage- beziehungsweise Trainingsprogramm auch durchzuhalten.

Genau diese Motivation kann und muss ein Berater liefern – denn letztlich scheitern Anlage und Sport nach einer anfänglichen Euphorie an der mangelnden Disziplin. Der Coach oder Berater weiß das und holt den Klienten zur rechten Zeit mit der richtigen Ansprache ab – gerade hier ist die persönliche Ansprache wirkungsvoller als eine von 1.000 E-Mails oder Push-Nachrichten.

Wer dazu noch eine saubere Bestandsaufnahme vorgenommen hat und ein klares Erwartungsmanagement in Verbindung mit proaktiver und verständlicher Kommunikation betreibt, muss keinen Roboter fürchten. Daraus ergibt sich für traditionelle Anbieter ein klares Handlungsfeld: die Durchleuchtung der bestehenden Beratungsprozesse mit einem besonderen Fokus auf eine exzellente Bedarfsaufnahme und Risikoprofilierung sowie die Sicherstellung einer auf langfristigen Erfolg ausgelegten Nachberatungsphase.


Über den Autoren:
Karsten Junge ist Partner beim Beratungsunternehmen Consileon und dort auf die Themen Wealth Management und Affluent Banking spezialisiert. Kontakt: [email protected]

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