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INDUSTRIA-Geschäftsführer Arnaud Ahlborn im Interview „Bei Wohnimmobilien sehen wir Preisnachlässe von teilweise 20 bis 25 Prozent“

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Arnaud Ahlborn, INDUSTRIA-Geschäftsführer Foto: INDUSTRIA IMMOBILIEN

Herr Ahlborn, die Zinsen steigen, Anleihen werfen wieder mehr Rendite ab und machen Immobilienanlagen Konkurrenz. Haben professionelle Investoren noch Interesse an Wohnimmobilien?
Arnaud Ahlborn: Wir verzeichnen weiter ein hohes Interesse an Immobilien. Gerade Anleger, die extrem langfristig denken, wie zum Beispiel Pensionskassen oder Versorgungswerke, wissen die Immobilie als stabile Anlage über längere Zeiträume hinweg zu schätzen. Es stimmt, die Zinsen steigen und bereiten bei Anlagekalkulationen Kopfzerbrechen. Aber wir sehen auch, dass die Kaufpreise sinken, und zwar deutlich. 20 bis 25 Prozent Preisnachlass sind durchaus möglich.

Wie sieht es derzeit auf dem Investmentmarkt für Wohnimmobilien aus – auch im Vergleich zu anderen Immobiliensegmenten?
Ahlborn: Tatsächlich reagieren alle Segmente, ob Büro, Logistik oder Einzelhandel, ähnlich wie Wohnen: Mit den steigenden Zinsen fallen die Preise. Im Detail gibt es aber durchaus Unterschiede. Bei Wohnen ist die Mieternachfrage ungebrochen. Die sinkenden Kaufpreisfaktoren werden so ein Stück weit durch steigende Mieten aufgefangen. Viele Privathaushalte, die vor Kurzem noch über einen Immobilienkauf nachgedacht haben, können sich diesen jetzt nicht mehr leisten. Sie bleiben uns auf dem Mietmarkt als sehr wohlhabende Mieter erhalten. Mit der steigenden Nachfrage ziehen auch die Mieten an.

Gibt es weiterhin Kaufinteressenten?
Ahlborn: Der Anlagedruck aus Investorensicht ist immer noch da. Wir betreuen rund 50 institutionelle Investoren und haben Kapitalzusagen, die wir bedienen wollen und müssen, aber nur mit Projekten, die sich nachhaltig rechnen. Wir und auch andere Investoren sind zurückhaltender und schauen erst einmal, wie sich der Markt entwickelt. In den letzten elf Monaten ist daher deutlich weniger investiert worden. Es gehört sehr viel Überzeugung dazu, in einen fallenden Wohnpreismarkt zu investieren. Da wird lieber noch etwas abgewartet. Das Geld, das investiert werden muss, ist aber weiterhin da, und hat sich sogar etwas angestaut.

Wie lange warten Sie noch mit neuen Käufen?
Ahlborn: Das ist schwer abzuschätzen, die Talsohle könnte im Sommer erreicht sein. Wir können aber lange warten und auch mal ein ganzes Jahr nichts kaufen. Diese Zeit haben Projektentwickler in der Regel nicht, sie haben laufende Kosten und hohes Interesse, ihre Projekte zu veräußern. Der Druck ist bei den Verkäufern größer als bei den Käufern.

Wie wichtig ist Fremdkapital für INDUSTRIA?
Ahlborn: In der alten Welt vor mehr als einem Jahr haben wir rund 50 Prozent der Verkehrswerte fremdfinanziert. Im offenen Publikumsfonds sind wir auf 30 Prozent beschränkt. Es gibt unterschiedliche Wege, auf die gestiegenen Finanzierungskosten zu reagieren. Wenn der Zins höher ist als die Ausschüttung, ist eine reine Eigenkapitalfinanzierung vorteilhaft. Die haben wir auch im vergangenen Jahr genutzt. Daneben haben wir verstärkt in gefördertes Wohnen investiert. Dort erhalten wir deutlich günstigere Darlehen als am freien Zinsmarkt und Fremdkapital ist weiter sinnvoll, um insgesamt eine etwas höhere Ausschüttungsrendite zu erzielen.

Wird gefördertes Wohnen der neue Investmenthype?
Ahlborn: Ob es ein Hype wird, weiß ich nicht, aber es gibt großes Interesse. Der geförderte Wohnungsbau hat sich in der Wahrnehmung der Investoren völlig verändert. Früher war er extrem negativ besetzt, auch aufgrund der Konditionen. In alten Fördermodellen waren Mieten fix, die neuen Modelle sehen moderate Mietanpassungen vor. So entfernen sich die Objekte nicht so weit von der Marktmiete wie früher, und Investoren ist es möglich, in die Objekt zu investieren und sie in Schuss zu halten. Ich würde mich freuen, wenn mehr Investitionsgelder in gefördertes Wohnen fließen. Wir sollten schauen, dass wir die Fördermodelle umgesetzt bekommen, um einem künftigen Notstand auf dem Wohnungsmarkt entgegenzuwirken.

Welche Rolle spielt ESG für die Investmententscheidung in Wohnimmobilien?
Ahlborn: ESG ist auch im Wohnimmobilienbereich ein Riesenthema, an dem keiner mehr vorbeikommt. Viele Investoren haben die Vorgabe, einen gewissen Teil ihres Kapitals in Artikel 8-, 8plus- oder 9-Fonds gemäß EU-Offenlegungsvereinbarung zu investieren. Die Investoren haben aber auch erkannt, dass sie dadurch höherwertige Immobilien bekommen als in Artikel-6-Fonds. Bei Wohnungsmietern spielt der ESG-Aspekt allerdings keine so wichtige Rolle. Nur eine gute Energieeffizienz ist gefragt, da sie hilft, die Nebenkosten zu senken.

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