Carsten Kahl im Gespräch „Bei Neukunden fehlt das persönliche Zusammenkommen“

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Braucht man dann in Zukunft nicht auch weniger Büroflächen und weniger Wealth Manager?

Kahl: Der Kern des Wealth Management & Private Banking ist die persönliche Beratung. Wir wollen nur mehr Zeit für diese Beratung haben, indem wir bestimmte Bereiche und Prozesse weiter digitalisieren. Wie gesagt, das ist auch der Wunsch der Kunden. Diese möchten in ihrer wertvollen Zeit über Themen sprechen, die komplex sind. Die einfachen Informationen wollen Kunden dagegen digital abrufen, und zwar zu dem Zeitpunkt, an dem es ihnen passt – und sei es abends zu später Stunde bei einem Glas Wein. Digitalisierung ist für uns kein Selbstzweck, sondern dreht sich um die Frage, wie wir die Effizienz und das Erlebnis für den Kunden verbessern können.

Wie sieht der Wachstumsplan im Wealth Management aus?

Kahl: Wir sind bereits eine etablierte Bank mit gefestigter Wealth-Management-Einheit und einer mehr als 150-jährigen Tradition im deutschen Markt. Konkret betreuen über 230 Berater Kunden mit einem Vermögen von mehr als 50 Milliarden Euro. Damit sind wir profitabel und haben eine sehr gute Ausgangsbasis. Wir können zudem aus dem Kundenstamm der Privatkunden und der Unternehmer Bank, weitere Kunden gewinnen. Genau da liegt ein starker Fokus: Wir arbeiten dort bereits mit sehr vielen familiengeführten mittelständischen Unternehmen, Selbstständigen und Ärzten zusammen. Unser Ziel ist es, die Zusammenarbeit auch auf der privaten Seite zu intensivieren. Wir wollen organisch wachsen, indem wir bestehende Kundenbeziehungen der Hypovereinsbank ausbauen. Um diese Möglichkeiten noch stärker als bisher zu nutzen, erweitern wir sukzessive auch das Beraterteam.

Wie gut funktioniert die Überführung von Unternehmerkunden ins Wealth Management?

Kahl: Wir verfolgen eine klare Strategie, dass alle in der Bank noch enger zusammenarbeiten. Das bedeutet, Vorstände und alle Führungskräfte verpflichten sich, dass Firmenkundengeschäft und Wealth Management & Private Banking an einem Strang ziehen. Die bereichs- und länderübergreifende Zusammenarbeit ist eine unserer größten Stärken. Wir stellen auch inhaltlich klar, warum eine Zusammenarbeit lohnt: Für das Wealth Management ist es sinnvoll, Betriebs- und Privatvermögen gemeinsam zu betrachten. Wir wollen sicherstellen, dass der Kunde unabhängig von seiner Unternehmung finanziell solide aufgestellt ist. Dabei spielen auch Generationsthemen eine Rolle. Das ist ein Feld, welches sehr viele Unternehmer beschäftigt. Für die Firmenkundenberater ist das Betreuung auf der privaten Seite eine Zusatzleistung, bei der sie sich fundierte Unterstützung holen. Es ist ein großer Anreiz für die Kollegen zur Zusammenarbeit, dass sie ihre Beziehung zum Unternehmer verbessern, indem sie zusätzliche Angebote anbieten können. Die Beratung vom Wealth Manager festigt die Gesamtbeziehung zum Kunden. Das ist bei uns gelebte Praxis. Unsere Kundenzufriedenheit im Firmenkundengeschäft ist hoch und während der Pandemie nochmals gestiegen. Am größten ist sie aber dort, wo wir mit den Unternehmerfamilien auch auf der privaten Seite zusammenarbeiten. Zudem gehen wir das Thema mit Struktur an. Wir bringen die Kollegen der beiden Abteilungen regelmäßig zusammen, um die Zusammenarbeit zu fördern.

Wie sieht der letzte Punkt konkret aus?

Kahl: Auf Regionalebene etwa bringen wir die Kollegen der Unternehmer Bank und aus Wealth Management & Private Banking in monatlichen Meetings an einen Tisch. Dort besprechen sie, wie sich ein Kunde noch besser beraten lässt und welche Serviceleistungen der Bank man gemeinsam vorstellt. Regelmäßiges Zusammenführen und Besprechen der Möglichkeiten für den Kunden. Das ist die enge Verzahnung der beiden Abteilungen. Wir sind ein Team Hypovereinsbank, das gemeinsam arbeitet. Das gleiche gilt für die Kooperation mit unserem Corporate & Investment Banking, das es uns ermöglicht, unseren Kunden ein noch breiteres Produktspektrum anzubieten.

Wo gibt’s Probleme?

Kahl: Die Anforderungen im Tagesgeschäft sind in allen Banken und Unternehmen hoch. Handlungsbedarf entsteht immer dann, wenn die Menschen so sehr mit ihren Kernaufgaben beschäftigt sind, dass wenig Raum für Kreativität bleibt. Daher ist es so wichtig, den Horizont der Kollegen und von sich selbst regelmäßig zu öffnen: Eine gute Beratung geht über den Fokus auf die eigentlichen Themen hinaus. Indem man Menschen mit verschiedenen Hintergründen regelmäßig zusammenbringt, öffnet man ihre Perspektiven mit Blick auf die Kunden, das Umfeld und alle Möglichkeiten der Bank. Durch den Blick nach links und rechts ergeben sich für den Kunden ganz neue Lösungsansätze.

In welchen Segmenten muss sich der Wealth Manager umschauen?

Kahl: Ich bin überzeugt, dass das Wealth Management selbst zunehmend unternehmerischer wird. Mit Blick auf die Markt- und Zinssituation wird ein unternehmerisches Profil im Wealth Management immer wichtiger. Wir sehen ein wachsendes Interesse an den Anlagesegmenten Immobilien und Private Equity, ebenso wie an einer Vielzahl von Kombinationen, die es im Bereich der Alternativen Investments gibt. Auch hier geht es um Zusammenarbeit mit der Unternehmer- und der Corporate & Investment Bank. Diese stärkt unser Angebot im Wealth Management. Ein Beispiel: Wir haben ein Spezialteam Equity Solutions. Hierüber ermöglichen wir unseren vermögenden Kunden, direkt in mittelständische Unternehmen, die nicht an der Börse gelistet sind, zu investieren.